Sybelle Goedicke-Fritz: Wie können Covid-19 Viren durch Geruch erkannt werden?

Shownotes

Dr`in Sybelle Goedicke-Fritz ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität des Saarlandes und dort im Schwerpunkt Allgemeine Pädiatrie und Neonatologie tätig. Sie forscht in einer Forschungsgruppe an einer nichtinvasiven Diagnostikmethode anhand einer elektronischen Nase, um Covid-19 Infektionen schnell und sicher festzustellen.

Für welche Einsatzbereiche kann die elektronische Nase besonders interessant sein und was hat Hippokrates damit zu tun? Was kann so eine Nase noch alles und was kostet sie überhaupt?

Über unsere Plattform #InnovativeFrauen könnt ihr euch mit Sybelle vernetzen, außerdem ist sie offen für Interviews und Anfragen als Rednerin sowie als Mentorin: Profil von Dr’in Sybelle Goedicke-Fritz

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00: 00:00Intro/ Outro: Forscherinnen Freitag, der Interview Podcast mit innovativen Frauen aus der Wissenschaft.

00: 00:14Sandra Fleckenstein: Ja, es ist so weit. Endlich wieder Forscherinnen Freitag Zeit. Mein Name ist Sandra Fleckenstein und ich bin schon ganz gespannt auf mein Gespräch heute mit einer inspirierenden Frau aus dem Fachgebiet Kinderheilkunde. Sie behauptet, dass man Covid 19 Viren riechen kann und ist dabei, mit einer elektronischen Nase die Corona Schnelltest Industrie zu revolutionieren. Da habe ich natürlich direkt einige Fragen im Kopf. Also erst mal ein ganz herzliches Willkommen an Doktorin Sibel Gödicke Fritz. Hi, schön, dass du da bist.

00: 00:53Sibel Gödicke Fritz: Hallo! Vielen Dank für die Einladung. Ich freue mich sehr, dabei zu sein.

00: 00:58Sandra Fleckenstein: Bevor wir gleich auf deine Innovation, an der du ja mitarbeitest, zu sprechen kommen, erst mal ganz allgemein: Wie hast du denn persönlich die Pandemie erlebt?

00: 01:08Sibel Gödicke Fritz: Also ich muss sagen, am Anfang war es natürlich schon, dass wir viele Einschränkungen hatten, es schwierig war gerade. Ich habe ein kleines Kind, dem man doch ein bisschen mehr Freiheit wie Krabbelgruppen besuchen oder so gewünscht hätte. Andererseits muss ich sagen, für meine Karriere und meine Forschung war es eigentlich gut, weil wir eben neue Forschungsgebiete bekommen haben. Also sowohl einmal diese Geruchs Analysen, dass wir Covid jetzt riechen möchten, aber auch in anderen Bereichen, also die immunologischen Forschungen, die jetzt laufen. Das sind einfach jetzt Bedingungen, die es so vorher nie gegeben hätte und die man auch nie hätte darstellen können. Das hätte man durch keinen Ethik Antrag oder so was bekommen. Und insofern war es total spannend. Also beruflich sehr, sehr spannend, aber vom Persönlichen doch sehr viele Einschränkungen.

00: 02:11Sandra Fleckenstein: Das kann ich sehr gut nachvollziehen. Du hast es eben schon kurz angeteasert. Du hast dich ja durch deine Forschung auch relativ intensiv mit dem Virus auseinandergesetzt. War das tendenziell bereichernd, weil du ja auch aktiv was zur Lösung beitragen konntest oder kannst oder gerade auch versuchst und dabei bist? Oder war das vielleicht auch manchmal eher belastend?

00: 02:36Sibel Gödicke Fritz: Nein, es war sehr bereichernd, muss ich sagen. Ich bin in der Pandemie aus der Elternzeit zurückgekommen und dann war es natürlich schon eine sehr große Aufgabe, direkt wieder reinzukommen und da sein zu müssen. Aber ich habe so viel Spannendes gelernt. Auch Virologie war vorher nicht ein Hauptsteckenpferd von mir und da musste ich mich wirklich sehr reinarbeiten. Aber es war einfach total spannend, einfach neue Gebiete kennen zu lernen und auch ein großes neues Netzwerk aufzubauen und mit so vielen anderen Fachbereichen sich austauschen zu können. Das war einfach wirklich spannend gewesen.

00: 03:21Sandra Fleckenstein: Verstehe, also für dich persönlich eine sehr spannende Zeit. Zum einen durch das Thema aus der Elternzeit wieder zurück in den Beruf und gleichzeitig hat sich in der Zwischenzeit hier irgendwie gefühlt alles drei mal gedreht und auf den Kopf gestellt und verändert. Jetzt aber lass uns gerne direkt zu deiner Innovation jetzt springen. Wir haben es schon mal angesprochen. Es geht um die elektronische Nase. Wie genau kann man sich so eine elektronische Nase vorstellen? Also wie sieht denn so ein Gerät überhaupt aus? Magst du uns das mal ein bisschen beschreiben?

00: 03:57Sibel Gödicke Fritz: Gerne. An sich ist es wie ein großes Walkie Talkie. Es hat vorne fünf Knöpfe, wo man draufdrücken kann und dann hat es oben an der Kopfseite noch einen ungefähr zehn Zentimeter langen Metall Stab und das ist der eigentliche Sensor, der da verbaut ist. Und da sind 32 kleine Metallplatten, die als Sensoren dienen. Und es ist so, dass je nachdem welcher Geruchsstoff kommt, diese 32 Sensoren unterschiedlich aktiviert werden. Quasi genau analog zur Nase, wo wir die Sinneszellen haben. Wenn wir Geruchsstoffe aufnehmen, werden die eben auch unterschiedlich aktiviert und dann wird die Information im Gehirn umgeschrieben. Und so bekommen wir halt über die elektronische Nase von diesen 32 Sensoren ein Zahlen Muster und das schreiben wir dann um auch quasi als Geruchs Muster und bekommen dann Punkt Wolken. Und immer je nachdem welchen Geruch wir haben, kriegen wir unterschiedliche Punkt Wolken später dargestellt am Computer und können dann immer sagen, zum Beispiel ein nicht infizierter hat eine Punk Wolke unten links im Diagramm, ein Infizierter hat die Punkt Wolke oben rechts und dann werden die auch wirklich für spätere Messungen immer in die entsprechende Punkt Wolke eingeordnet, was dann wie ein Fingerabdruck einfach ist. Also ich kann dann sagen ja, ein nicht Infizierter hat diesen Fingerabdruck als Geruchs Muster und ein Infizierter eben den anderen.

00: 05:34Sandra Fleckenstein: Okay, krass. Also wenn ich dich richtig verstehe, habt ihr als Vorbild natürlich euch die reale, organische, aber die physische Nase quasi untersucht und habt die versucht elektronisch nachzubauen. Haben wir bei uns, das weiß ich gar nicht, haben wir auch so 32 verschiedene Geruchs...? Wie sagt man da? Plättchen?

00: 06:02Sibel Gödicke Fritz: Wir haben die Geruchszellen einfach, die unterschiedlich reagieren. Das sind nicht 32, aber da werden Sinneszellen auch auf physiologische Art und Weise unterschiedlich aktiviert und das wird dann als Geruch wahrgenommen und an das Gehirn weitergegeben. Also es ist auch eine Aktivierung, die weitergegeben wird und das haben wir quasi eben vereinfacht. Natürlich kann man das nicht eins zu eins setzen, aber es ist ähnlich. Also die elektronische Nase erkennt einen Geruch als Muster der Aktivierung der Sensoren und genauso erkennen wir normalerweise über unsere Nase den Geruch eben auch durch die Sinneszellen, die eben ein Muster dann abgeben ans Gehirn und sagen, so sieht der Stoff quasi aus.

00: 06:55Sandra Fleckenstein: Das heißt, provokante Frage, würde die elektronische Nase auch aufnehmen und riechen, wenn ich jetzt Knoblauch gegessen hätte?

00: 07:04Sibel Gödicke Fritz: Darauf könnten wir sie trainieren. Genau. Also, das ist eine künstliche Intelligenz. Wir müssen sie darauf trainieren. Wir müssen ihr sagen, so riecht jemand. Also, ich brauche zum Beispiel dann den Knoblauch. Muss sagen, hier ist Knoblauch. Ich lasse sie mehrere Male daran riechen und definiere es als Knoblauch. Und wenn ich dann rumlaufe und zum Beispiel an einer Birne riechen, wirds mir sagen, es ist kein Knoblauch. Und wenn dann Knoblauch da liegt, wird mir die elektronische Nase sagen, jetzt ist es Knoblauch, jetzt habe ich das in die Klasse eingeordnet.

00: 07:36Sandra Fleckenstein: Okay, und genau so macht ihr das auch mit den Covid 19 Viren, die jetzt ja erst mal keinen bestimmten Geruch haben. Aber wo irgendwas natürlich im im Atem dann drin ist.

00: 07:48Sibel Gödicke Fritz: Genau. Es ist so wenn der Mensch infiziert wird, dann ist das ja eine Immunreaktion stattfindet und dabei sich der Geruch quasi des Menschen schon verändert, der wird durch den Atem abgegeben. Wir sind auch dabei zu untersuchen an Schweiß, wie es da aussieht. Also es gibt Publikationen dazu, es gibt Spürhunde schon, die trainiert sind, darauf Covid Patienten zu riechen. Die können es auch schon am Schweiß machen. Und da sind wir dabei, eben zu gucken, was eignet sich. Also wir haben diese Forschung bei Frühchen oder so auch, dass wir sagen okay, wir nehmen auch Stuhl oder Urin, weil auch dadurch was abgegeben wird. Bei Viren ist, es macht eine Entzündung Reaktion, das Immunsystem reagiert, es entstehen irgendwelche Stoffe. Aber wenn wir zum Beispiel auch bei den Frühchen eine Besiedelung mit Keimen haben, ist auch der Keim selbst, der einen Metabolismus hat und Stoffe abgibt. Und das können wir dann auch eben definieren.

00: 08:49Sandra Fleckenstein: Okay. Das klingt echt abgefahren an was ihr da gerade forscht. Warum ist es denn deiner Meinung nach so wichtig, Alternativen zu den bisherigen üblichen Schnelltests zu entwickeln? Was sind denn wirklich die Vorteile von so einer elektronischen Nase?

00: 09:05Sibel Gödicke Fritz: Genau. Bei uns ist es vor allem, wir sind ja in der Kinderklinik und wir haben die Erfahrung gerade bei den Kindern mit den Tests, dass es teilweise schwierig ist. Also ich wollte ein Bewerbungs Video für diese Stiftung drehen, um mein Projekt vorzustellen und da bin ich nur mit dem Stäbchen in die Nähe von meinem Sohn gekommen und er ist schreiend weggerannt, obwohl er das gar nicht so kannte. Aber es hat ihm einfach Angst gemacht, dass ich mit so einem Stäbchen da stand. Und das haben wir sehr, sehr viel. Und wenn man sieht, dass dann teilweise mussten die sich täglich testen und es war einfach unangenehm für die Kinder. Dann kamen diese Speichel Tests, die aber einfach von der Sensitivität und Spezifität nicht hoch genug waren. Dann gibt es ja generell Menschen, die eine körperliche Beeinträchtigung haben und eben nicht kooperieren können zum Beispiel und das gar nicht verstehen, was da passiert. Und haben wir gesagt, okay, wir sind auf dem Gebiet der nicht invasiven Diagnostik unterwegs, vielleicht können wir das auch mit der elektronischen Nase machen. Dann kam eben diese Publikation dazu, dass sie gesagt haben okay, es gibt die Spürhunde, die das bei Corona wirklich riechen. Und das war unser Hinweis, dass wir gesagt haben, wenn die Hunde das können, können wir es mit einer elektronischen Nase auf jeden Fall auch. Und es ist sicherer und angenehmer, wenn man nur mit einer Nase ankommt als immer mit einem Hund. Und es geht einfach wahnsinnig schnell. Also wenn wir eine Messung machen, dauert die eine Minute und sehen dann schon, in welcher Klasse es eingeordnet wird. Man muss nicht mehr so lange warten und wir erhoffen uns natürlich, wie gesagt, es ist eine künstliche Intelligenz. Je mehr wir messen, desto genauer wird es. Und wir hoffen, dass wir von der Sensitivität und der Spezifität einfach besser werden als die Schnelltests.

00: 10:54Sandra Fleckenstein: Okay, verstehe. Das heißt jetzt zusammenfassend die Vorteile: Es ist nicht invasiv, gerade auch für Kinder und Menschen, die irgendwelche körperlichen Beeinträchtigungen haben, ein großer Vorteil. Sie ist Zeit günstig quasi, also kostet weniger Zeit. Und wie sieht es mit den Kosten aus?

00: 11:16Sibel Gödicke Fritz: So ein Gerät kostet jetzt, wenn man eins einzeln bestellt, 40.000 €. Aber das kann ich quasi an einem Krankenhaus einfach vorne an den Eingang machen und dann so oft verwenden, wie ich will. Und das einzige, was ich als Verbrauchsmaterialien hab, ist einmal die Beutel, wo die Luft rein gepustet wird, wenn wir bei Ausatmen Luft erfolgreich sind und eine Flasche mit synthetischer Luft. Und sonst habe ich keine Kosten mehr. Also ich muss an dem Gerät an sich nichts machen und der Vorteil ist auch, jeder kann es anwenden. Ich muss quasi einfach nur noch auf Start drücken und danach wird mir angezeigt positiv oder negativ.

00: 11:55Sandra Fleckenstein: Das heißt aber natürlich bei dieser einmaligen großen Anschaffung, dass ihr plant, jetzt nicht das für die Endverbraucher zu machen, sondern für Krankenhäuser, andere Institutionen.

00: 12:06Sibel Gödicke Fritz: Genau, also öffentliche Plätze, Schulen oder so, wo einfach eine große Übertragung auch da ist und wo man einfach schnell ein Ergebnis braucht. Oder Flughäfen zum Beispiel.

00: 12:20Sandra Fleckenstein: Verstehe. Okay, wenn wir genau jetzt bei dem Thema sind, wie könnte so ein Zukunftsszenario aussehen? Wir haben das jetzt in der Theorie besprochen, und zwar wenn man diese Methode wirklich gesellschaftlich integriert hat. Stellen wir uns einfach mal vor, zum Beispiel Coldplay spielt in der Festhalle in Frankfurt. So und knapp 100.000 Leute wollen an einem Abend in einem geschlossenen Raum zusammen eine gute Zeit verbringen. Wie stellt ihr euch das organisatorisch vor?

00: 12:54Sibel Gödicke Fritz: Im Moment noch also wäre die Idee, dass man quasi einfach rein bläst in einen Beutel und den quasi unter das Gerät hält und das Gerät mit einem Ampelsystem einfach grün für "Du darfst durchgehen" oder rot "Achtung infiziert".

00: 13:14Sandra Fleckenstein: Also neuerdings beim Ticket zeigen, quasi Ticket abscannen, wird auch einmal der Geruch abgescannt, der Atem gescannt. Wo steht ihr denn gerade mit eurer Forschung und mit der dazugehörigen Studie? Also wann könnten wir alle mit dieser neuen Screening Methode denn tatsächlich in Berührung kommen?

00: 13:38Sibel Gödicke Fritz: Also wir sind so weit, dass wir im Moment die Studie bei uns an der Uniklinik laufen haben. Wir testen fleißig freiwillige Patienten und Patientinnen durch, die uns Atem Proben abgeben. Und wir sehen wirklich schon, dass wir unterscheiden können, Ist jemand negativ oder Corona positiv? Wir machen auch nicht nur wirklich Corona. Wir nehmen soweit alle Atemwegserkrankungen, die viral ausgelöst sind. Wir sind jetzt auch dabei, dass wir gesagt haben, okay, wir ergänzen auch noch die Bakterien oder Superinfektionen. Ist ja meistens, wenn man einen Virus Infekt hat, kann sich ja ein bakterielle Infekt auch noch dazu auf die Lunge legen. Das testen wir jetzt auch noch alles durch und wir haben eine Unterscheidung. Aber uns fehlen einfach noch die Patientenzahlen. Wir gehen jetzt in Schulen rein und in niedergelassene Kinder Arztpraxen, um dort auch noch mal vor Ort Messungen zu machen. Und es gibt in den USA jetzt im Sommer eine Notzulassung für ein Gerät, was ähnlich funktioniert. Die haben auch schon fünf Geruchs Stoffe festgelegt, wo sie sagen, immer wenn diese fünf Geruchs Stoffe da sind, dann ist es eine Corona Infektion. Und wir waren oder sind auch im Gespräch, teilweise schon mit Zuständigen vom Europäischen Parlament, die gesagt haben, sie haben Interesse daran. Und was brauchen wir noch, um es in eine Not Zulassung zu bekommen? Aber bei uns ist einfach wir brauchen noch einfach Patienten um zu messen, damit wir wirklich valide Daten haben und damit sie noch genauer lernen kann. Und in der Phase sind wir.

00: 15:29Sandra Fleckenstein: Wenn ich jetzt richtig davon ausgehe, ist natürlich auch das Ziel, dass da wirklich verlässliche genaue Daten rauskommen, weil das ist ja auch so eine Herausforderung bei diesen ganzen Schnelltests, wo man sich in diesem Moment testet. Der Test sagt ist alles gut und am nächsten Tag dann plötzlich nicht mehr. Und am dem Tag war man aber noch unterwegs und hat schon wieder jemanden angesteckt. Das passiert ja bei diesen Schnelltests ganz oft. Da gibt es ja immer so eins zwei, ich sage mal Kulanz Tage, wo einfach trotzdem was passieren kann. Und das wäre bei euch dann aber nicht, wenn ich das richtig verstanden habe, sondern in dem Moment, wo die Nase nicht anschlägt, ist man auch nicht ansteckend.

00: 16:08Sibel Gödicke Fritz: Genau.

00: 16:08Sandra Fleckenstein: Wie ist denn deine Vision für den Ausgang der Pandemie? Also was haben wir im besten Fall bisher erreicht, gelernt? Gibt es überhaupt einen Ausgang der Pandemie? Wie ist deine Meinung dazu?

00: 16:20Sibel Gödicke Fritz: Also ich denke, dass wir einfach lernen müssen, mit dem Virus zu leben, uns entsprechend zu verhalten, weiterhin Rücksicht aufeinander nehmen und genau zukünftig auch lernen einfach noch besser und schneller zu reagieren, falls noch mal etwas Neues kommt. Aber sonst ist es einfach, dass wir damit leben müssen, dass es ist genau. Und dass wir hoffentlich wieder mehr Freiheiten bekommen.

00: 16:52Sandra Fleckenstein: Das hoffen wir, glaube ich alle. Sibel, Du bist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität des Saarlandes und dort im Schwerpunkt Allgemeine Pädiatrie und Neonatologie, also auf Deutsch gesagt, Kinderheilkunde tätig. Jetzt haben wir ganz viel über die Pandemie gesprochen, über Corona gesprochen. Wo ist denn jetzt da der Link oder die Verbindung tatsächlich zur Kinderheilkunde?

00: 17:19Sibel Gödicke Fritz: Genau. Also der Link dazu ist, dass wir uns gesagt haben, gerade bei den Frühchen, die kommen viel zu früh zur Welt, sind überhaupt nicht vorbereitet auf das was kommt, weil sie einfach noch nicht fertig sind quasi und eigentlich noch geschützt im Bauch sein müssten. Und sie kommen zur Welt und müssen aber intensiv medizinisch behandelt werden. Was einfach bedeutet, viele Kabel, überall kleben Pflaster, es müssen Blutabnahmen gemacht werden, um sie ständig zu kontrollieren, weil sie eben anfällig sind für gewisse Keime und das schnell enden kann. Und da haben wir einfach gesagt okay, wir müssen irgendwas machen, um diesen Stress wegzunehmen, damit sie behütet im Inkubator leben können und es einfach mehr diesem geschützten Raum im Bauch einfach wiedergespiegelt wird. Und weil sie sich dann viel, viel besser entwickeln. Also das ist wirklich gezeigt, dass dieser Stress einfach negativ ist für die Frühchen. Und da sind wir dann einfach draufgekommen. Dass wir gesagt haben okay, im antiken Griechenland hat man schon Geruchs Diagnostik gemacht. Wir versuchen das eben auch. Zumindest, dass wir dann keine Blutentnahme mehr machen müssen und einfach die Frühchen schützen vor zu vielen Eingriffen. Und da sind wir eben auf diese nicht invasive Diagnostik gekommen.

00: 18:47Sandra Fleckenstein: Okay, verstehe. Also wirklich aus deiner Leidenschaft für diese ganz kleinen Menschen heraus, hast du diesen Bedarf erkannt und daraufhin angefangen, quasi daran zu arbeiten. Jetzt hast du mir gerade ein Stichwort reingeworfen. Das antike Griechenland. Habe ich noch nie gehört, das die Griechen auch auf dem Gebiet unterwegs waren. Was haben die da schon entwickelt? Was gab es zu so einer frühen Zeit schon in dem Bereich?

00: 19:14Sibel Gödicke Fritz: Das war Hippokrates. Der hat einfach bei Tuberkulose Patienten, also die Diagnostik der Tuberkulose, so durchgeführt, dass er die Patienten gebeten hat, auf ein Stück heiße Kohle zu spucken. Und wenn dann ein fauliger Geruch entstanden ist, dann wusste er, dass sie Tuberkulose hatten.

00: 19:32Sandra Fleckenstein: Guck, habe ich direkt wieder sehr viel gelernt heute.

00: 19:37Sibel Gödicke Fritz: Genau. Das war so die Ursprungsidee quasi. Und dann, was bestimmt jeder ja kennt, ist, wenn man Halsschmerzen hat. Das riecht man ja normalerweise auch. Oder eine eitrige Infektion irgendwo an der Haut oder so, das merkt man einfach. Also, dass man, glaube ich, wenn jemand so kränklich ist, oft einen Geruch dann wahrnimmt. Das kennt man so aus dem Alltag einfach.

00: 20:04Sandra Fleckenstein: Danke für den kleinen Ausflug ins antike Griechenland. Noch mal zurück jetzt zur Kinderheilkunde. Wie kamst du dazu, dich als Forscherin der Kinderheilkunde zu widmen? Weil, wenn ich richtig informiert bin, hast du ja gar keine medizinische Laufbahn eingeschlagen, sondern du bist eigentlich Diplom Biologin.

00: 20:23Sibel Gödicke Fritz: Genau. Ich bin Diplom Biologin und hatte den Schwerpunkt Immunologie in der Diplomarbeit auch und bin dann erst nach Marburg an die Universität gewechselt, um dort zu promovieren. Da war ich in der Inneren Medizin, in der Nephrologie. Also auch bei Erwachsenen noch weit weg. Und die Kinderklinik und das Forschungslabor von Professor Temlin war damals das Nachbar Labor und da ist man einfach viel in Kontakt gekommen. Und dann hat er jemanden gesucht für die immunologische Forschung. Und dann habe ich eben nach der Beendigung der Promotionsarbeit dort in die Arbeitsgruppe gewechselt und war von Anfang an begeistert.

00: 21:10Sandra Fleckenstein: Ich finde das immer wieder wahnsinnig spannend zu erfahren, wieso die unterschiedlichen Werdegänge sich ergeben auch oft. Wie man gar nicht das große Ziel von Anfang an im Kopf haben muss, sondern wie man einfach sich ähnlich wie du, wenn ich es richtig verstanden habe, sich so leiten lässt und so intuitiv organisch sich der richtige Weg für einen selbst dann ergibt. Finde ich immer sehr inspirierend. Und apropos Inspiration. Zum Schluss der Sendung habe ich noch eine Frage an dich, nämlich: Was sind so deine Vorbilder? Also gibt es vielleicht sogar auch Frauen, wo du sagst, da habe ich meine Inspirationen hergezogen oder den Lebensweg finde ich wahnsinnig spannend und das würde mich total von dir interessieren.

00: 22:09Intro/ Outro: Da geht mir ein Licht auf.

00: 22:12Sibel Gödicke Fritz: Also ich muss sagen, meine große Inspiration ist erstmal mein momentaner Chef, der Professor Temlin. Was er auf Forschungsebene geleistet hat und eben gerade in dieser nicht invasiven Diagnostik auch für ein Netzwerk aufgebaut hat und diesen Traum hat, einfach da den Frühchen zu helfen. Das inspiriert mich wirklich sehr und er unterstützt mich in allem, was ich mache. Das ist ganz, ganz toll. Weibliche Vorbilder ist in der Uni meistens immer noch schwierig. Es gibt einfach mehr Professoren als Professorinnen. Deswegen sind auch gerade im immunologischen Bereich bei mir, in dem ich bis jetzt war, also ich hatte immer nur männliche Vorgesetzte. Es ist schwierig, dort wirklich jemand zu nennen, muss ich leider sagen.

00: 23:09Sandra Fleckenstein: Das ist leider so, das haben wir auch schon festgestellt. Und genau das ist ja auch der Grund oder einer der Gründe, warum wir diesen Podcast machen. Um nämlich mehr weibliche Vorbilder auch aus der Wissenschaft zu zeigen, weil sie gibt es. Gut. Sibel, ich habe eine letzte Frage für dich im Gepäck. Und zwar: Was ist denn dein Lieblingsgetränk?

00: 23:38Sibel Gödicke Fritz: Kaffee.

00: 23:39Sandra Fleckenstein: Kaffee?

00: 23:40Sibel Gödicke Fritz: Ich muss gestehen, Kaffee ist mein Lieblingsgetränk.

00: 23:44Sandra Fleckenstein: Ein Kaffee Lover. Okay. Ähm. Bestimmte Zubereitungsart, also Milchkaffee, Latte Macchiato?

00: 23:52Sibel Gödicke Fritz: Ein Latte Macchiato.

00: 23:54Sandra Fleckenstein: Ein Latte Macchiato. Okay, dann stellen wir uns jetzt mal folgendes Szenario vor: Du sitzt in deinem Lieblingscafe, vielleicht ja in Saarbrücken und es ist ein schöner Tag. Eine nette Bedienung kommt, bringt dir einen wahnsinnig leckeren Latte Macchiato mit so ein bisschen Milchschaum obendrauf, weißt. Und so ein bisschen Kakao Pulver. Und vor dir am gleichen Tisch sitzt dein jüngeres Ich, also die junge Sibel, die am Anfang ihres Studiums steht und noch alles vor sich hat. Was möchtest du dir mit auf den Weg geben?

00: 24:31Sibel Gödicke Fritz: Ja, das ist eine sehr schwierige Frage. Ich würde ihr mit auf den Weg geben, weiter neugierig zu bleiben und sich wirklich von niemandem stoppen zu lassen. Und selbst wenn Leute sagen: Das was du vorhast, ist schwierig, das hat die und die negative Voraussage, sich nicht entmutigen zu lassen und weiter an seine Visionen zu glauben und das wirklich einfach zu machen und auszuprobieren. Auch wenn man scheitert, dann hat man es trotzdem probiert. Aber dieses einfach ausprobieren und wenn es keine zu schlimmen Folgen hat. Ich würde es wirklich einfach machen und von nichts und niemandem bremsen lassen. Und wenn? Es gibt immer Kritiker und die soll man dann zur Seite lassen und trotzdem an sich und an die Vision glauben.

00: 25:34Sandra Fleckenstein: Das hast du sehr schön gesagt. Kritiker beiseitelassen, frei nach dem Motto "Don't stop me now". Ich mache weiter und vielleicht auch passend zu dem, was du vorher gesagt hast, ist es immer hilfreich, sich so eine Art Mentor oder Mentorin zu suchen. In dem Bereich, der einen interessiert, in dem man forschen möchte und da Unterstützung einfach auch zu erfahren. Sibel, ich fand es total interessant zu erfahren, dass gerade auch bei so großen, gesellschaftlich relevanten Themen wie eben so einer Pandemie, dass so viel Forschung im Hintergrund läuft, von der man größtenteils erst mal gar nix mitbekommt. Also danke erst mal für deine wertvolle Arbeit an dieser Stelle. Und wenn ich irgendwann mal auf einem Coldplay Konzert vor der Festhalle in Frankfurt stehe und in so eine elektronische Nase rein atmen darf, spätestens dann denke ich wieder an dich. Danke natürlich auch an euch, liebe ZuhörerInnen, dass ihr uns heute zwar nicht eure Nase, dafür aber eure Ohren geliehen habt. Ich freue mich auf die nächste Folge. Ich hoffe, ihr seid wieder dabei. Und jetzt erst mal Tschüss.

00: 26:53Intro/ Outro: Wir hoffen, dass euch die Folge gefallen hat. Auf unserer Plattform Innovative-Frauen.de findet ihr weitere spannende Inhalte. Schaut doch gern mal vorbei. Habt ihr Fragen oder Wünsche? Dann schreibt uns an Podcast@Innovative-Frauen.de. Ihr findet uns auch bei Instagram, Twitter, YouTube und LinkedIn. Und eine Info zum Schluss für die Transparenz. Die Plattform #InnovativeFrauen wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Rahmen der Förderrichtlinie Frauen in Wissenschaft, Forschung und Innovation Leistungen und Potenziale sichtbar machen, Sichtbarkeit strukturell verankern unter dem Förder Kennzeichen 01FP21070 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt liegt beim Kompetenzzentrum Technik Diversity Chancengleichheit e.V..

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