Andrea Amri-Henkel: Wie wird Nachhaltigkeit mit Diskursanalysen bewertet?

Shownotes

Dr’in Andrea Amri-Henkel analysiert Bundestagsdebatten und bewertet sie zur Nachhaltigkeits- und Genderperspektive. Dabei fällt auch besonders auf, welche Begriffe in diesem Zusammenhang oft nicht genannt werden. In dieser Folge #ForscherinnenFreitag beschäftigen wir uns mit den Fragen: Wie wird Energiewende eigentlich im Bundestag verhandelt? Was hat Energieforschung mit Gender zu tun? Wie wird Energiewende mit Bedeutung aufgeladen?

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00: 00:00Intro/ Outro: Forscherinnen Freitag, der Interview Podcast mit innovativen Frauen aus der Wissenschaft.

00: 00:15Sandra Fleckenstein: Hi, schön, dass du dich heute dazu entschieden hast, dir diese Folge von Forscherinnen Freitag anzuhören. Mein Name ist Sandra Fleckenstein und ich werde gleich ein Interview mit einer sehr inspirierenden Frau führen. Sie forscht im Fachgebiet der Nachhaltigkeitswissenschaften und hat dort wahnsinnig viele spannende Schwerpunkte: Transformationen, Politikdiskurse, Energiewende und noch so einiges mehr. Vor allem aber trägt ihr Forschungsansatz auch zur Integration und zur Stärkung von Genderperspektiven in der Transformationsforschung bei. Was das konkret bedeutet, das frage ich natürlich heute für euch nach. Herzlich willkommen, Doktorin Andrea Amri Henkel. Hi, schön, dass du da bist.

00: 01:04Andrea Amri Henkel: Ja, vielen Dank für die Einladung.

00: 01:09Sandra Fleckenstein: Von Herzen gerne. Also, liebe Andrea, du arbeitest im Institut für Zukunftsenergie und Stoffstromsysteme in Saarbrücken. Ich würde vorschlagen, lass uns gerne direkt in deine Innovation springen und von da aus versuchen wir uns dann so Stück für Stück ein konkretes Bild zu machen, mit was du dich in deinen Forschungen so beschäftigst. Also deine Innovation ist eine innovative Methodik zur Analyse von Transformationsdiskursen. Was ist das?

00: 01:43Andrea Amri Henkel: Ja, das ist natürlich ein sehr komplexes Thema und genau, also ein bisschen schwierig, das verständlich zu erklären. Aber es geht zum einen darum, also Diskurse natürlich zu analysieren. Und die Diskurstheorie ist so eine Theorie, die normalerweise eher in den Literatur und Kulturwissenschaften stattfindet, also normalerweise mit Nachhaltigkeitswissenschaften eher wenig verbandelt ist. Und in den Nachhaltigkeitswissenschaften andererseits geht es eben darum, zum Beispiel Dinge aus Nachhaltigkeitsperspektive zu bewerten. Und ich habe quasi in dieser Methodik versucht, beides zusammenzubringen, also Diskurse zu analysieren und dann eben aus Nachhaltigkeitsperspektive eine Bewertung vorzunehmen. Und das ist halt nicht so einfach, weil man dafür natürlich erst mal dann Kriterien entwickeln muss, die quasi für die Diskursanalyse anwendbar sind und gleichzeitig quasi eine Bewertung aus Nachhaltigkeitsperspektive möglich machen.

00: 02:52Sandra Fleckenstein: Okay, also du hast ja quasi so ein innovatives Forschungsdesign, kann man auch sagen, entwickelt oder ein Analysetool. Nimm uns da gerne noch mal genauer mit rein, weil das natürlich ein sehr abstraktes Thema ist und dass wir das so ein bisschen konkreter bekommen.

00: 03:10Andrea Amri Henkel: Ja, genau. Also konkret habe ich jetzt in meiner Forschungsarbeit Bundestagsdebatten zur Energiewende analysiert. An dem Beispiel kann man das vielleicht ganz gut veranschaulichen. Da habe ich zum einen quantitative Methoden verwendet, die quasi auf einer Computer basierten Analyse basieren, wo man zum Beispiel mit computergestützten Methoden schaut: Wie wird genau Energiewende im Bundestag verhandelt? Das bedeutet, welche Worte stehen zum Beispiel im Kontext von Energiewende im Bundestag? Wie wird Energiewende mit mit Bedeutung aufgeladen? Und ausgehend von dieser kleinen Texteinheit, wenn zum Beispiel über Energiewende eher im Zusammenhang mit Kosten gesprochen wird oder mit Wettbewerbsfähigkeit, kommt man dann quasi zu einer größeren Erzählung von Energiewende, zu Narrativen von Energiewende. Und das Gesamtkonstrukt kann man dann wiederum aus Nachhaltigkeitsperspektive bewerten. Und da habe ich eben auch Gender Kriterien oder eine Genderperspektive mit eingebaut und quasi so eine multikriterielle Analyse für diesen Diskurs sozusagen entwickelt.

00: 04:31Sandra Fleckenstein: Also auf die Genderperspektive müssen wir auf jeden Fall gleich auch noch mal intensiver zu sprechen kommen. Nur, dass ich es richtig verstehe, kann ich mir das so vorstellen wie so eine Art Computerprogramm oder irgendwie, du hast ja gesagt, das ist computerbasiert, wo ihr dann eine Bundestagsdebatte aufzeichnet und dann läuft das Programm im Nachgang darüber und guckt, welche Worte wurden am meisten benutzt und dann gehst du hin und analysierst?

00: 05:04Andrea Amri Henkel: Genau so ungefähr. Nur dass tatsächlich also Bundestagsdebatten inzwischen alle über OpenData auch verfügbar sind. Also die werden ja immer protokolliert und verschriftlicht und sind insofern dann quasi in voller Textform auch verfügbar. Und dann gibt es ein Computerprogramm, das hat aber nicht ich entwickelt, sondern das wird quasi in der Analyse von Plenarprotokollen tatsächlich verwendet. Pollmann Ehr heißt das, mit denen man dann zum Beispiel nach Suchbegriffen schauen kann und gucken kann, wie häufig kommt dieser Begriff vor und welche anderen Begriffe tauchen auch im Kontext von diesem Begriff auf? Man kann dann auch den gesamten Kontext anschauen. Man kann zum Beispiel messen, wie stark eine Bedeutungsbeziehung ist, zum Beispiel welcher Begriff kommt über zufällig häufig mit Energiewende zusammen vor. Und dann kommt man zum Beispiel zu dem Schluss, dass Kosten überzufällig häufig vorkommt, dass Wettbewerb überzufällig häufig vorkommt, dass es viele so ökonomisch orientierte Begriffe sind, die im Kontext von Energiewende verhandelt werden.

00: 06:19Sandra Fleckenstein: Ich verstehe. Das heißt, du hast vorhin auch gesagt, du hast dann so bestimmte Analysekriterien entwickelt. Kannst du da uns vielleicht noch mal so eins, zwei Beispiele nennen? Also wenn du jetzt diese Auswertung bekommen hast, diese computerbasierte Auswertung, wie gehst du dann weiter vor?

00: 06:38Andrea Amri Henkel: Wenn man die so eine Art von Diskurs Analyse gemacht hat, dann hat man ja quasi erst mal eine Beschreibung des Textes mehr oder weniger vor sich liegen. Also dann weiß ich zwar, wie oft taucht ein bestimmter Begriff auf, wie stark ist eine Bedeutungsbeziehung. Das Besondere aus einer nachhaltigkeitswissenschaftlichen Perspektive ist ja dann eben diesen Text aus Nachhaltigkeitsperspektive auch zu bewerten. Und dafür braucht man natürlich Nachhaltigkeitskriterien. Und die habe ich dann auf Grundlage des vorsorgenden Wirtschaftens, das ist quasi so ein Konzept, das aus der feministischen Ökonomie kommt, quasi das ein Nachhaltigkeitskonzept liefert, entwickelt. Also im Prinzip geht es da drin auch um die Grundlagen der Nachhaltigkeit, die sozusagen ja die intragenerationelle Gerechtigkeit mit der inter generationellen Gerechtigkeit zusammenbringt. Also im Prinzip geht es darum um die Frage, beim Thema Nachhaltigkeit geht es ja immer um die Frage: Wie können wir lebenswerte, wie können wir gute Lebensbedingungen vor die heute lebenden Generationen zum einen schaffen und sie auch für die zukünftigen Generationen erhalten? Und das ist sozusagen auch ist sogar die ganz grundsätzliche Grundlage auch dieses Konzeptes. Und darauf aufbauend gibt es da bestimmte Prinzipien, die halt für die Ökonomie zum Beispiel als nachhaltig bewertet werden.

00: 08:20Sandra Fleckenstein: Also diese, ich versuche das noch mal zusammenzufassen, es gibt dieses computerbasierte Tool, was dann zum Beispiel über so eine Bundestagsdebatte drüberläuft und dann bekommst du bestimmte Auswertungen davon und du bist dann dafür verantwortlich, mit einer bestimmten Analysemethode diese Worte, die da benutzt werden, zu bewerten und Rückschlüsse zu ziehen. Eben auch für die Zukunft.

00: 08:46Andrea Amri Henkel: Genau. Also im Prinzip geht es darum zu bewerten aus Nachhaltigkeitsperspektive, was im Kontext von Energiewende verhandelt wird und was eben auch nicht verhandelt wird. Vor allem also mit einer Genderperspektive schaut man ja zum Beispiel vor allem auch immer auf die Blindstellen eines Diskurses, also darauf worüber wird zum Beispiel auch nicht gesprochen. Und wenn ich jetzt im ersten Schritt analysiert habe, dass überwiegend, sage ich mal, klassisch ökonomische Themen im Vordergrund stehen, so wie die Kosten der Energiewende, die dann häufig auch negativ assoziiert werden, zum Beispiel mit Belastung oder mit Deindustrialisierung. Das sind Begriffe, die da auch häufig gefallen sind, auch. Dann stellt sich natürlich als nächstes die Frage, worüber wird eigentlich in diesem Kontext dann nicht gesprochen? Und das sind dann tatsächlich solche Dinge wie Nachhaltigkeit und Klimaschutz, aber auch Dinge, die sich quasi für private Haushalte vielfach stellen oder die BürgerInnen betreffen, also die ganzen sozialen Fragen oder Energie Suffizienz, was zum Beispiel Energiesparen angeht. Das sind halt alles Dinge, die eher weniger in dem Kontext verhandelt werden. Und das führt natürlich dazu, dass die auch in politischen Entscheidungen weniger vorkommen. Das heißt, wenn im Bundestag im Kontext von Energiewende nicht über soziale Gerechtigkeit zum Beispiel gesprochen wird, dann wird natürlich zu diesem Thema auch keine politische Entscheidung getroffen und es entsteht auch zum anderen sekundär eine geringere Öffentlichkeit für das Thema. Und das hat halt ganz konkrete Auswirkungen und vor allem eben auf die Art und Weise, wie nachhaltig eine Energiewende zum Beispiel auch gestaltet wird dann.

00: 10:46Sandra Fleckenstein: Danke dir für die Erklärung. Du hast das eben jetzt schon mal erwähnt, den großen Begriff Genderperspektive. Also ich meine, den Begriff Gender kennen wir alle, das ist klar, aber vielleicht gar nicht unbedingt in Kombination mit dem Begriff Perspektive. Kannst du uns noch mal kurz erklären, was ist denn eine Genderperspektive?

00: 11:08Andrea Amri Henkel: Wenn man jetzt über Gender spricht, dann sage ich mal, ist das intuitive Verständnis der meisten ja eher, dass es um Fragen geh:t Wie viele Frauen sind in bestimmten Positionen oder welchen Anteil haben Frauen an bestimmten Entscheidungen oder wie sind Besitzverhältnisse verteilt? Das sind ja auch sehr wichtige Fragen, die zum Beispiel auch im Hinblick auf die Nachhaltigkeitsziele mit den SDGs auch in Verbindung stehen. Aber in der Genderforschung ist Gender halt eigentlich auch viel mehr als das. Also vor allem in der Gender und Nachhaltigkeitsforschung dient Gender auch als Erkenntnissperspektive. Und das ist halt weit, dass ist leider nicht so intuitiv und hat einigen Erklärungsbedarf. Den meisten erscheint es halt auf den ersten Blick auch nicht logisch, weswegen man dann auch immer wieder auf Irritationen stößt. Aber dabei geht es, sage ich mal, weitestgehend darum, Ungleichheitslagen aufzudecken. Also Gender ist in dem Sinne eine Forschungsperspektive, die den Blick darauf lenkt, welche Strukturen in der Gesellschaft abgewertet werden und wo es vielleicht auch zu Herrschaftsverhältnissen kommt, zu bestimmten Machtverhältnissen. Und das eben zu analysieren. Das ist leider nicht so ganz logisch auf den ersten Blick, was das mit Gender zu tun hat, aber das kommt sozusagen aus der Tradition, der feministischen Forschung, die ja eben quasi an der patriarchalen Strukturiertheit der Gesellschaft ansetzt, in der eben Frauen bzw. die den Frauen zugewiesene Rolle halt abgewertet ist. Zum Beispiel die Sorgearbeit, die eher unbezahlt stattfindet und im Privaten stattfindet, im Gegensatz zur produktiven Erwerbsarbeit, die halt öffentlich anerkannt ist. Und genau, und die Genderforschung zeigt eben all diese Abwertungen auf. Und durch diese Perspektive kann aber auch der Blick auf andere Abwertungen gelenkt werden. Also im Prinzip ist diese Forschungsperspektive auch dazu geeignet, andere Ungleichheitslagen aufzudecken.

00: 13:38Sandra Fleckenstein: Super, super spannend. Du hast es eben ja schon mal in einem Nebensatz erwähnt. Das Thema Gender generell oder eben auch die Genderperspektive auf bestimmte gesellschaftliche oder politische Prozesse wird oft auch belächelt, sage ich jetzt einfach mal so. Ist das auch deine Wahrnehmung? Und wenn ja, was entgegnen du KritikerInnen, die das Thema nicht ernst nehmen?

00: 14:06Andrea Amri Henkel: Ja, leider ist es tatsächlich so, dass es viel belächelt wird und man eigentlich immer auch erst mal einen Erklärungsbedarf hat, weil häufig der Zusammenhang einfach nicht auf der Hand liegt. Also zum Beispiel was haben jetzt Naturwissenschaften, was hat Energieforschung zum Beispiel mit Gender zu tun? Das liegt einfach nicht auf der Hand. Und das sind zum einen quasi diese mangelnden, also, dass man diese Zusammenhänge erklären muss. Das ist natürlich ein Grund. Und der andere Grund ist natürlich auch, dass generell vielfach kritisch eben über Gender debattiert wird. Das ist natürlich der andere Grund. Und ich sage mal, wenn jetzt jemand grundsätzlich kritisch über Gender denkt oder über Feminismus denkt, dann ist es natürlich schwierig, mit dieser Person ins Gespräch zu kommen. Und dann, ja dann bringt auch alle Erklärung nichts. Aber häufig mache ich die Erfahrung, dass tatsächlich es einfach an Verständnis für diese grundsätzlichen Zusammenhänge fehlt. Und mir ging das ja früher selbst so, bevor ich mich intensiv damit auseinandergesetzt habe, dass ich halt viel auch einfach nicht erkannt habe, weil diese Strukturierungen einfach häufig unsichtbar sind und wir sie von kleinauf so erlernen, auch Geschlechterstereotype, dass sie halt für uns selbstverständlich sind, dass wir sie überhaupt nicht mehr wahrnehmen. Und ja, ich versuche dann eben diese grundsätzlichen Zusammenhänge zu erklären und anschaulich zu machen und dann eben dadurch ein Verständnis zu generieren. Aber es ist zum Teil auch sehr schwierig.

00: 15:56Sandra Fleckenstein: Also wir halten fest, es ist ein wahnsinnig wichtiges Thema, wo noch sehr viel Aufklärungsarbeit betrieben werden darf. Und das ist ja unter anderem auch einer der Gründe, warum wir diesen Podcast machen. Von daher danke, dass wir heute über diese ganzen Themen zusammen sprechen. Ich vermute mal, dass sich die Genderperspektive vielleicht sogar auf zwei Ebenen beschäftigt. Also zum einen natürlich als Forschungsfeld, da haben wir ja gerade lange drüber gesprochen. Zum anderen aber auch vielleicht strukturell gesehen. Schließlich bist du ja nicht nur Forscherin in diesem Thema, sondern du bist auch selbst eine Frau in der Wissenschaft. Wie geht es dir als Frau in der Wissenschaft und mit welchen Herausforderungen bist du da immer wieder konfrontiert?

00: 16:42Andrea Amri Henkel: Ja, gute Frage tatsächlich. Also natürlich ist es ein sehr großes Thema. Ich denke mal für alle WissenschaftlerInnen. Also man merkt es ja spätestens ab der Ebene der Promotion, dann dass halt immer weniger Frauen dann tatsächlich auch präsent sind. Dann später kommt man in diese Familienphase, in die Kinderphase jetzt dann noch mit Corona, da wurde es ja zum Teil auch sehr deutlich, dass dann die Publikationszahlen von Männern gestiegen sind. Im ersten Lockdown glaube ich sogar, während sie von Frauen halt sehr deutlich zurückgegangen sind, weil das natürlich immer noch häufiger eben Frauen sind, die die private Sorgearbeit dann zu Hause leisten. Genau das macht es natürlich schwierig. Ich persönlich versuche eben, das durch eine gerechte Aufteilung von Sorgearbeit so ein bisschen aufzufangen. Das gelingt auch eigentlich ganz gut. Aber natürlich ist man noch mit den strukturellen Hemmnissen, die nun mal in der Wissenschaft vorherrschen, konfrontiert, die zum Beispiel sich darin äußern, dass ich glaube, ich muss das schätzen, in Deutschland so ungefähr 25 % der ProfessorInnen weiblich sind und auch in den Forschungsinstituten eher die Führungsetagen, natürlich auch eher männlich geprägt sind. Das führt natürlich auch zu gewissen strukturellen Herausforderungen in Auswahlprozessen, genau, die man einfach angehen muss.

00: 18:36Sandra Fleckenstein: Das stimmt absolut. Nochmal Stichwort Transformationsprozess. Wir sind gerade mittendrin im Thema. Was sind denn deine Wünsche dahingehend? Was soll, kann, darf oder muss sich eben auch in der Wissenschaft verändern? Neben dem Punkt, den du gerade schon gesagt hast, dass gerne mehr Frauen auch in Führungspositionen in der Wissenschaft, dass es wichtig ist, dass Frauen mehr in den Führungspositionen anzutreffen sind.

00: 19:04Andrea Amri Henkel: Ja, das hat natürlich insofern dann auch wieder mit Gender zu tun. Wenn man sich anschaut, wie gesellschaftliche Rollenverteilungen sind, dann ist es in der Wissenschaft natürlich auch wichtig, dass zum Beispiel Sorgearbeit stärker anerkannt wird, dass man halt eine wissenschaftliche Karriere nicht nur quasi mit einem männlichen klassischen Karriereweg von Forschung im Ausland machen und 24/7 so mehr oder weniger zur Verfügung zu stehen, dass nicht nur das halt einem die Karriere ermöglicht, weil man nur so Publikationen generieren kann, nur so die nötigen Auslandsaufenthalte zustande bringt. Sondern dass eben auch die Sorgearbeit, die es zum Beispiel einem dann verunmöglicht, eben Forschungsaufenthalte zu machen, die vielleicht durch Elternzeit oder auch durch Teilzeitarbeit dazu führt, dass man nicht ganz so viele Publikationen gemacht hat, dass das einfach auch mehr Anerkennung findet. Und dann natürlich braucht man natürlich auch viel mehr Planbarkeit. Vor allem in dieser jungen Karrierephase sage ich jetzt mal, was momentan einfach durchs Wissenschaftszeitvertragsgesetz sehr stark erschwert wird, weil man da ja erst mal sehr lange in Befristungen drin ist und tatsächlich nur ein sehr kleiner Anteil von WissenschaftlerInnen überhaupt eine Chance auf eine Entfristung hat. Und das bietet natürlich überhaupt keine verlässliche Planbarkeit, die man braucht, wenn man zum Beispiel eine Familie gründen will. Und das führt natürlich auch dazu, dass sich sehr viele AkademikerInnen entscheiden, keine Kinder zu bekommen. Und ja, das hat eben ja auch wieder mit der Abwertung von Sorgearbeit und von Privatem gegenüber diesem Öffentlichen und Erwerbsbereich und Forschung halt zu tun. Und diese Abwertungen, an denen muss man halt arbeiten. Und das hat einen emanzipatorischen Gewinn, sage ich mal, für alle, also nicht nur für die Frauen in der Wissenschaft, sondern auch für die Männer.

00: 21:15Sandra Fleckenstein: Vielen, vielen Dank für deine ja wahnsinnig spannenden und auch persönlichen Einblicke in das Thema. Halten wir fest, es gibt noch viel zu tun in diesem Bereich und das ist wahrscheinlich auch einer der Gründe, wo du mit deiner Forschung dich ja bewegst, um genau an diesen Stellschrauben zu drehen. Und da wirklich Zukunftsperspektive auch mit der Politik Dinge zu verändern und Transformationen anzustoßen. Von daher danke ich dir nicht nur für deine Einblicke, sondern generell für deine wirklich wichtige Arbeit, die du da leistest. Und mit einem Blick auf die Uhr muss ich feststellen: Wir sind schon wieder am Ende der Sendung angekommen. Die Zeit rast immer jetzt zu Ende. Habe ich noch eine letzte Frage an dich, liebe Andrea, was ist denn dein Lieblings Getränk?

00: 22:16Andrea Amri Henkel: Tatsächlich Orangenlimonade.

00: 22:19Sandra Fleckenstein: Orangenlimonade? Wunderbar. Dann stell dir gerne mal vor, du sitzt in deinem Lieblingscafe. Die Bedienung bringt dir eine wahnsinnig leckere Orangenlimonade. Es ist ein total lauschiger Tag und vor dir an einem Tisch sitzt dein jüngeres Ich. Die junge Andrea, die sich vielleicht gerade am Beginn ihres Studiums befindet. Was möchtest du der mit auf den Weg geben?

00: 22:48Andrea Amri Henkel: Hm ja ich würde ihr auf den Weg geben, sich nicht beirren zu lassen, zu den eigenen Idealen und Überzeugungen zu stehen. Ja, nicht so viel Wert darauf zu legen, was andere sagen, sondern einfach ja, ihr Ding durchzuziehen.

00: 23:12Sandra Fleckenstein: Das Ding durchziehen. Das sind wunderbare Schlussworte. Wir hoffen, dass wir euch heute wieder einen kleinen Einblick in ein weiteres spannendes Forschungsfeld geben konnten. Und natürlich einer inspirierenden Frau zu mehr Sichtbarkeit verhelfen konnten. Ich danke dir, Andrea, für deine Zeit und deine Einblicke heute. Und euch wünsche ich heute noch einen ganz fantastischen Tag, Abend oder eine gute Nacht, je nachdem, wann ihr euch diese Folge gerade angehört habt. Alles Liebe und bis zum nächsten Mal bei Forscherinnen Freitag.

00: 23:49Intro/ Outro: Wir hoffen, dass euch die Folge gefallen hat. Auf unserer Plattform Innovative-Frauen.de findet ihr weitere spannende Inhalte. Schaut doch gern mal vorbei. Habt ihr Fragen oder Wünsche? Dann schreibt uns an Podcast@Innovative-Frauen.de. Ihr findet uns auch bei Instagram, Twitter, YouTube und LinkedIn. Und eine Info zum Schluss für die Transparenz. Die Plattform #InnovativeFrauen wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Rahmen der Förderrichtlinie Frauen in Wissenschaft, Forschung und Innovation Leistungen und Potenziale sichtbar machen, Sichtbarkeit strukturell verankern unter dem Förderkennzeichen 01FP21070 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt liegt beim Kompetenzzentrum Technik Diversity Chancengleichheit e.V..

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