Jutta Rump: Neue Wege in der Arbeitswelt?

Shownotes

Die Corona-Krise und auch die geopolitische Lage kombiniert mit den zentralen Megatrends (demografisch, ökonomisch, ökologisch, technisch, gesellschaftlich) haben eine neue Normalität in der Arbeitswelt entstehen lassen. Prof’in Dr’in Jutta Rump berichtet in dieser Folge #ForscherinnenFreitag über Trends bezüglich Transformation, Organisation, Strategie, Personalmanagement und neue Wege in der Arbeitswelt. Außerdem spricht sie von ihrem Konzept: "New Normal in der Arbeitswelt - die 7*3er Regel"

Über unsere Plattform #InnovativeFrauen könnt ihr euch mit Jutta vernetzen, außerdem ist sie offen für Interviews und Anfragen als Rednerin: Profil von Prof’in Dr’in Jutta Rump

Zum Transkript der Folge

Podcast: IBE-Workout - Trendsession mit Jutta Rump

Fragen oder Anmerkungen? Schreibt uns gerne: podcast@innovative-frauen.de Plattform #InnovativeFrauen Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e. V. Förderrichtlinie „Frauen in Wissenschaft, Forschung und Innovation: Leistungen und Potenziale sichtbar machen, Sichtbarkeit strukturell verankern“

Folgt uns und kommt mit uns ins Gespräch!

Transkript anzeigen

forscherinnenfreitag Rump .wav

00: 00:00Intro/ Outro: Forscherinnen Freitag, der Interview Podcast mit innovativen Frauen aus der Wissenschaft.

00: 00:14Sandra Fleckenstein: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Episode von Forscherinnen Freitag, deinem Interview Podcast von und mit inspirierenden Frauen. Und auch heute habe ich, Sandra Fleckenstein, natürlich wieder eine wahnsinnig spannende Frau zu Gast. Sie zählt laut dem Personal Magazin zu den 40 führenden Köpfen des Personalwesens und kennt sich aus wie keine andere mit den Megatrends der Arbeitswelt, der New Work und dem sogenannten New Normal. Gibt es heutzutage überhaupt noch ein Normal? Ja, das und noch vieles mehr werde ich Sie heute fragen. Herzlich willkommen, Professorin Doktorin Jutta Rump. Schön, dass du da bist, Jutta.

00: 01:05Jutta Rump: Hallo Sandra, vielen Dank für die Einladung.

00: 01:07Sandra Fleckenstein: Klar, von Herzen gerne. Ja, Jutta, du bist Professorin und Leiterin des Forschungsinstituts "Institut für Beschäftigung und Employability Ibi" der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen. Und du hast ein Konzept entwickelt, das da heißt "New Normal in der Arbeitswelt, die sieben Dreier Regel". So, jetzt vermute ich einfach mal, dass das Konzept sehr gehaltvoll und umfangreich ist. Sieben mal drei sind wir schon bei 21. Bevor wir da jetzt näher und tiefer reingehen, würde ich vorschlagen, gib uns doch gerne erst mal so einen groben Überblick und zwar in den nächsten 20 Sekunden. In unserem Elevator Pitch.

00: 02:01Jutta Rump: Die Sieben-mal-dreier-Regel beinhaltet Trends in der Arbeitswelt bezüglich Transformation, Organisation, Strategie und Personalmanagement.

00: 02:18Sandra Fleckenstein: Super, das war deine Zusammenfassung. Und jetzt lass uns da wie angekündigt gerne mal ein bisschen tiefer reingucken. Wahrscheinlich könnten wir da jetzt stundenlang drüber quatschen. Welche sieben Dimensionen mit welchen drei Aspekten gibt es denn in dem Konzept?

00: 02:37Jutta Rump: Also es beginnt mit der sogenannten Transformations Trilogie. Das bedeutet, wir gehen in große Veränderungsströme in Bezug auf digital, ökonomisch und ökologisch. Und das Ganze ist eingerahmt durch die demografische Entwicklung und die disruptiven Entwicklungen, die wir haben. Du merkst schon, das ist mehr als eine Trilogie. Das ist mittlerweile eine Transformationsvielfalt. Das Zweite ist, dass wir mit sogenannten limitierten Faktoren umgehen müssen in der Arbeitswelt. Wir gehen davon aus, dass wir eingeschränkte finanzielle Möglichkeiten haben, aufgrund der derzeitigen Situation und auch der Situation von Corona, Geopolitik, Energiekrise, Inflation etc., dass Zeit ein knappes Gut ist. Und natürlich reden wir über den Arbeitskräften, Nachwuchsmangel und den Fachkräftemangel. Die dritte Dimension beinhaltet die Thematik, dass wir so a drei Währungen haben mittlerweile. Es ist Geld, angemessenes Entgelt, Zeit ist eine neue Währung geworden und das Thema Purpose, also Sinnhaftigkeit, gerade für die jüngere Generation. Wenn es um die vierte Dimension geht, wandeln wir jetzt in die in die Organisation. Also wie sieht Organisation in Zukunft aus? Sowohl auf der Arbeitsformebene als auch in der Organisationsform. Leben wir eher in der Projektorganisation oder in der Linienorganisation? Aber wenn wir auf der Arbeitsebene bleiben, ist die Frage des mobilen Arbeitens, des flexiblen Arbeitens und des agilen Arbeitens ein zentrales Thema. Das ist kombiniert mit den drei Arten der Zusammenarbeit: virtuell, hybrid oder auch stationär. Und damit kommen wir dann zu den letzten beiden. Da gucken wir sozusagen eher den Menschen an, und da geht es einerseits darum, welche Kompetenzen und Qualifikationen braucht es in Führung und was sind eigentlich Führungskonzepte und Führungsstile der Zukunft? Und last but not least ist es wie müssen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aufgestellt sein von den Kompetenzen, Qualifikationen, aber auch von ihrem Wohlbefinden, ihrer Balance und ihrer Gesundheit und nicht zuletzt auch von ihrer grundlegenden Motivation und Identifikation? Und wenn du das jetzt alles zusammengezählt hast, dann bist du auf sieben Dimensionen a drei Aspekte gekommen. Und wenn wir ganz ehrlich sein sollen, wir haben eine achte Dimension hinzugefügt in den letzten Monaten. Das ist die Fragestellung des Arbeitsmarktes, resultierend aus dem Nachwuchs, Fachkräfte und Arbeitskräftemangel. Noch mal zu schauen, was sind die drei Hebel, wenn es um das Thema Arbeitskräftepotenzial des Arbeitsmarktes geht? Da stellen wir in den Fokus, also Personen, Menschen, Erwerbspersonen, aber auch Zeit. Jede Erwerbsperson ist ein Zeit Volumen. Auch das ist ein wesentlicher Hebel. Und am Ende des Tages gehört auch zu dieser Fachkräftesicherung auch das Thema Produktivitätsentwicklung und eine neue Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen Gruppe ins Haus zu holen, nämlich "Kollege Roboter", "Kollege Algorithmus" und "Kollegin Künstliche Intelligenz". Und das ist das Spektrum, in dem wir uns bewegen.

00: 05:28Sandra Fleckenstein: Okay, wahnsinnig spannend, wahnsinnig umfangreich und wie das eben oft in der Forschung ist, die Forschung bleibt nicht stehen. Ihr habt jetzt mittlerweile schon eine achte Dimension dazugenommen. Danke auch für das Update an der Stelle. Du hast das jetzt quasi die Überschriften benannt. Wenn man sich da jetzt noch mal wirklich intensiver mit auseinandersetzen möchte. Gibt es eine Möglichkeit, das irgendwo nachzulesen, noch mal tiefer reinzugehen? Hast du veröffentlicht? Wie kommt man da dran?

00: 06:01Jutta Rump: Also diese sieben mal drei oder acht mal drei Regel ist ein Ausfluss eines seit dem ersten Tag der Pandemie stattfindenden empirischen Projektes. Das heißt, wir vermessen jeden Monat Unternehmen und Institutionen, wie sie mit dieser Situation und dieser Zeit umgehen. Und wir stellen jeden Monat ein ganz bestimmtes Thema in den Fokus, führen Interviews, machen Befragungen, gehen in Beobachtungen rein, analysieren Daten kontinuierlich. Und so ist überhaupt erst mal diese dieses Konstrukt entstanden. Und was wir auch dann gemacht haben, wir sind dann abgewichen von unserem traditionellen Vorgehen, nämlich das dann erstmal mit Experten zu diskutieren, noch mal zu evaluieren, um es dann zu veröffentlichen, sondern schreiben sogenannte Discussion Papers und geben die direkt in die Öffentlichkeit rein. Also über Social Media, über alle möglichen Plattformen, Kanäle und lassen dann die Crowd mitdiskutieren und denen und bekommen von denen eine Rückmeldung. Und das führt dann dazu, dass wir das immer und immer und immer wieder überarbeiten. Dementsprechend fangen wir immer an mit einem Discussion paper, was wir teilen, sharen, wir machen Sharing Community und Sharing Economy und wie auch immer Society. Das machen wir vom ersten Moment an und diese Diskussion Paper fließen dann in eine Veröffentlichung rein. Und diese Sieben mal Dreier Regel, jetzt acht mal Dreier Regel, findest du dann auch in einer Veröffentlichung, einem Buch, was wir vor drei oder vier Monaten veröffentlicht haben. Und da ist dann der Stand von vor sechs Monaten. Jetzt müsste ich im Prinzip schon wieder was Neues veröffentlichen und dass diese Aktualität versuchen wir dann aufrecht zu erhalten durch Podcasts. Also wir haben eine Podcast Reihe und diese Podcast Reihe findet jeden Monat statt und auch zu immer einem bestimmten Schwerpunktthema. Und da fließt auch immer wieder die neuesten Erkenntnisse ein. Wir haben einen Podcast irgendwann mal gemacht zur sieben mal dreier Regel und seit der Zeit kommen immer wieder neue Themen hinzu und das ist dann immer das Schwerpunktthema. Wir sind also komplett abgewichen von der traditionellen Verbreitung und Transfer Strategie in der Wissenschaft mit dem mit dem Beginn der Pandemie, weil wir einfach gesehen haben, dass die Welt sich im System Arbeit so schnell dreht, also in einer solchen Geschwindigkeit. Und das heißt, wenn wir in unseren traditionellen Systemen unterwegs sind, dann haben wir schon fünf Schleifen quasi übersehen, weil wir dann nämlich, wenn wir dann kommen, sind wir schon mal fünf mal weiter oder drei Mal weiter. Und dann mussten wir tatsächlich diese Transfer und diese Vermarktungsstrategie anpassen und haben damit auch das Prozedere angepasst.

00: 08:34Sandra Fleckenstein: Das heißt, wenn ich dich jetzt richtig verstehe, versucht ihr auch die Inhalte quasi selbst zu leben und nicht wie so oft eben in der Lehre, in der Forschung. Man sitzt irgendwie so in so einem abgegrenzten, ich nenne sie jetzt mal Elfenbeinturm und forscht vor sich hin, sondern du hast es ja eben schön beschrieben. Ihr seid wirklich an der Crowd dran, an den Unternehmen dran, an den Menschen dran, was da gerade passiert, was sich alles verändert. Und dementsprechend habt ihr auch eure Forschungsstrukturen umgestellt.

00: 09:05Jutta Rump: Ja, aber das ist schon etwas, was wir seit Gründung machen. Also ich habe es gegründet 2002 innerhalb der Hochschule und mein grundlegendes Thema war immer Zukunft der Arbeitswelt. Das war immer diese grundlegende Philosophie, die wir hatten. Und es ist ja erst mal eine Zielsetzung und dann daraus eine Philosophie abzubilden, nämlich zu sagen: Wenn wir über Zukunft der Arbeitswelt reden, dann müssen wir das auch ausprobieren. Also wir müssen dann auch sehr glaubwürdig sein, indem wir die Dinge, von denen wir glauben, dass sie kommen werden und für die wir auch Konzepte erstellen, dass wir das erst mal bei uns ausprobieren, bevor wir es nach draußen geben. Und das tun wir auch. Das heißt, alle im Institut machen seit Beginn an so was wie mobiles Arbeiten. Das heißt, von Beginn an habe ich meinem Team freigestellt, selbst zu entscheiden, wann und wo sie arbeiten. Das war damals eher eine Zukunftsmusik und ich dachte mir, das probieren wir mal aus. Und unter uns, ich habe viel Lehrgeld bezahlt. Also muss ich ganz offen sagen. Irgendwann haben wir angefangen, mit agilen Arbeitsmethoden zu arbeiten, so Anfang der 2010er. Und das dann irgendwann in der Logik der Organisation, nämlich agile Organisation zu übertragen und es auch für uns mal fassbar zu machen. Ein agiles Arbeiten bedeutet neben Selbstbestimmtheit und Selbstorganisation, dass sich Menschen auf Augenhöhe hierarchiefrei begegnen. Also habe ich gedacht: Okay, wir reden jetzt hier über agile Organisation bedeutet, ich muss Hierarchie abschaffen, ich muss eigentlich Führung abschaffen, ich muss das Organigramm abschaffen. Das muss anders aussehen und habe Führung abgeschafft, um dann zu sagen: Lass es uns zwei Jahre ausprobieren und schauen, was dabei rauskommt. Und so sind natürlich auch immer wieder Aspekte, von denen wir auch wirklich sagen oder wir leben auch Lebensphasenorientierung. Ich meine, wir sind die Erfinder der lebensphasenorientierten Personalpolitik, das sage ich auch mit ein bisschen Stolz. Und das auch versuchen zu leben bedeutet eben im Umkehrschluss, dass du natürlich auch dann die Stolpersteine der Praxis plötzlich hautnah mitbekommst.

00: 11:02Sandra Fleckenstein: Was sind denn so Stolpersteine? Du hast das eben jetzt schon mal angedeutet. Du hast auch ein bisschen Lehrgeld zahlen dürfen. Kannst du uns da mal so ein Beispiel geben?

00: 11:09Jutta Rump: Zum Beispiel mobiles Arbeiten, wenn man wirklich so krass in das Thema reingeht. Das heißt, einige unserer Mitarbeiter sind zu 100 % mobil unterwegs, dann gibt es ein paar, die sind irgendwie zu 50 % mobil unterwegs und andere zu 75 %. Es gibt glaube ich keinen, der unter 50 % in der mobilen Arbeit bei uns unterwegs ist und versucht bitte mal jemanden einzuarbeiten, wenn diese Person neu bei uns beginnt, wenn die überall sind, nur nicht an einem Ort zur gleichen Zeit. Hast du mal versucht, so was wie ein Teamspirit zu entwickeln, wenn die sich eigentlich immer nur über ein System austauschen und miteinander kommunizieren und im Prinzip so versuchen, auch so eine Art Team zu werden. Das ist heute schon vergleichsweise einfach. Aber stell dir das bitte mal vor vor 20 Jahren, wo wir das übers Telefon gemacht haben, weil es das hier noch gar nicht so richtig gab. Dann haben wir über Telefonkonferenzen, haben wir Team Teamspirit gestaltet. Ich meine, jeder, der das jetzt hört, der weiß, dass das sehr schwierig ist und sehr herausfordernd ist. Oder als wir Führung abgeschafft haben, dann ist die Frage: Kannst du eigentlich ganz bestimmte Aufgaben, die in einer ganz bestimmten Rolle verortet sind, kannst du die einfach auseinanderreißen? Geht es eigentlich? Und ist auch jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin bereit, nicht nur die Entscheidung zu treffen, sondern auch die Verantwortung dafür zu tragen? Das ist ja in der letzten Konsequenz, was es bedeutet. Oder bei bei Lebensphasen Orientierung haben wir im Moment ein große Herausforderung. Weißt du, ich habe eine straffe Personaldecke, so ziemlich wie jeder in dieser Republik. Gleichzeitig gibt es schon Tendenzen zur vier Tage Woche, aber bitte nicht mit Vollzeit, sondern wir bleiben bei acht Stunden. Aber dann vier Tage bedeutet in der Quintessenz 32 Stunden. Das bedeutet 20 % weniger Arbeitszeit, aber eine Personaldecke, die richtig straff ist. Also verstehst du? Also ich würde schon gerne meinen Mitarbeitern dieses Modell anbieten, weil ich glaube, dass es auch viel zur Balance beiträgt. Auf der anderen Seite verschärft es aber unsere Situation in der Personalplanung. Und diese Dinge, die werden dann einfach so greifbar, dass du denkst: Okay, jetzt an dieser Stelle müssen wir weiter in der Forschung reingehen, müssen wir weiter mit unseren Projektpartnern arbeiten und versuchen, kreativ zu sein, um da eine Lösung zu finden. Und bitte, machen wir uns nichts vor. Es gibt bei manchen Themen keine Lösung. Da gibt es keine, keinen Kompromiss. Das ist ein typischer Trade Off. Dann ist die Frage: Wie gestaltest du diesen Trade Off? Und musst du beide Lösungen abwägen und muss dann ein Konzept schreiben bzw entwickeln, das Unternehmen, Arbeitgeber sind ja auch Institutionen, die dahinter stehen, dass die da im Prinzip eine saubere Strategie daraus machen können. Und das kriegst du nur mit, da bin ich zutiefst überzeugt, wenn du es selbst ausprobiert.

00: 13:56Sandra Fleckenstein: Wahnsinnig spannend, für mich auch neue Ansatz, dass wirklich die Forschung und Wissenschaft die Dinge erst mal selbst ausprobiert und lebt und nicht nur in der Theorie irgendwie entwickelt. Jetzt ist natürlich gerade bei dem Thema natürlich der Link in die Wirtschaft, in die Unternehmen wahnsinnig wichtig. Ich gehe davon aus, dass ihr da auch natürlich im Austausch mit verschiedenen Unternehmen seid. Wie sind da so die Rückmeldungen auch gerade auf diese sieben Dreier oder mittlerweile acht Dreier Regel? Gibt es da auch Grenzen heraus? Was sind die größten Herausforderungen, die immer wieder zurückgespielt werden? Die in der Theorie sich gut anhören, aber in der Praxis einfach wahnsinnig schwer umsetzbar sind?

00: 14:40Jutta Rump: Also alle unsere Projekte, all unsere Themen werden immer zusammen mit Arbeitgebern und Arbeitnehmer und Arbeitnehmenden gemacht. Wir machen niemals etwas in irgendeiner Weise im Elfenbeinturm. Das gehört nicht zu unserer grundlegenden Philosophie und ich glaube, es ist einfach auch schwierig, wenn man das machen würde, wenn man als Forschungs und Transfer Feld die Arbeitswelt hat, das funktioniert, glaube ich auch nicht. Du musst das also immer machen. Und natürlich bekommst du bei der acht mal dreier Regel immer auch wieder zurückgespiegelt. Wenn wir es mal ganz offen sagen es sind 24 Aspekte oder Regler, an denen man drehen könnte. Und da sagen natürlich viele zu Recht, das ist eigentlich mal ganz viel Freiraum. Geben Sie uns doch bitte mal eine Prioritätenliste. Und dann muss ich Ihnen sagen: Ich kann Ihnen die Prioritätenliste nicht geben. Ich kann Ihnen das Big Picture aufzeigen, ich kann Ihnen auch die Interdependenzen, die Wechselwirkungen dazwischen aufzeigen. Ich kann Ihnen auch sagen, wie man da vielleicht an der einen oder andern Stelle weitergehen kann und auf was man achten muss. Das kann ich alles sagen. Aber ich kann Ihnen keine Prioritätenliste setzen, weil die Prioritätenliste, das ist Ihr Blick mit Ihrem Geschäftsmodell, mit Ihren Strukturen, mit Ihren Prozessen, mit Ihrer Belegschaft und mit Ihrer Historie. Und genau dann muss man es quasi so betrachten. Und dann, wenn ich das quasi habe und schaue, wie ist meine zukünftige Entwicklung, was erwarte ich, wie sieht der Markt aus, welche Investitionen tätige ich, wie sieht Struktur, Prozesse und all das quasi in Zukunft aus? Und dann quasi draufzulegen und zu sagen: So, und jetzt überlege ich mir, was ist jetzt erste Prio, zweite Prio, dritte Prio? Das müssen Sie halt selbst machen. Ich meine, das ist eben auch der Unterschied zwischen Wissenschaft an dieser Stelle und tatsächlich dann den Transfer in die Praxis. Ich kann die Brücke bauen, aber am Ende des Tages müssen sie, musst du selbst über die Brücke gehen.

00: 16:30Sandra Fleckenstein: Wir haben jetzt schon viel New Work, agiles Arbeiten, The New Normal so angerissen. Also Fakt ist: In der Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahren ganz vieles verändert. Und viele Menschen tun sich aber auch so schwer mit Veränderungen. Woran liegt denn das aus deiner Sicht? Bzw. Wie können wir denn trotzdem alle abholen?

00: 16:53Jutta Rump: Es gibt zwei Antworten darauf. Das eine ist, wenn du in einer Welt unterwegs bist, wie wir das heute erleben mit einer unglaublichen Veränderungs Geschwindigkeit, dann bedeutet das in der Konsequenz, dass du eine deutliche Reduktion hast deiner Reaktionszeiten. Du bist in einer Welt des immer werdenden Wandels und der immerwährenden Veränderung. Und ganz unter uns, das macht auch vielen Menschen Sorge und auch einigen Angst. Und dann versuchst du für dich in dieser Welt eine Orientierung zu finden. Und die musst du aber erst mal finden. Und du musst auch Partner und Partnerinnen haben, die mit mir, mit dir zusammen auch diese Orientierung haben. Also du musst auch ein Arbeitgeber oder eine Führungskraft oder Kollegen und Kolleginnen haben, die mit dir zusammen auch das quasi machen, damit du da auch einen sicheren Hafen hast bei all diesem Sturm, der da draußen ist. Und das ist doch klar, dass dann Menschen auch etwas zurückhaltend sind und mal sagen: Vielleicht warte ich erst mal ab oder ist das der richtige Weg? Die zweite Antwort, die ich darauf habe, ist, dass wir in unserem Kulturkreis auch unterwegs sind mit unserer auch sehr weiten Geschichte. Jetzt gehe ich mal ganz weit mit euch in die Geschichte hinein. Bis zum Mittelalter und vielleicht sogar noch weiter. Ist dieser Kulturkreis oder diese Breitengrade auch immer gekennzeichnet gewesen von schlimmen Krisen, von Krankheiten, von Seuchen, von Kriegen etc. was dazu führt, dass wir in unserem historischen und kulturellen Gedächtnis drin haben: Risiko ist schlecht und wenn es mal gut läuft, bloß nicht dran rühren. Das heißt, wir haben eine Kultur der sogenannten Unsicherheitsvermeidung. Bei uns ist Risiko auch das Glas ist halb leer und nicht halb voll. Da kann man uns immer erzählen, wie schön es wäre, dass das Glas halb voll ist. Aber in unserem Mindset ist das Glas immer halb leer. Und wie gesagt, es hat was mit unserer Historie und unserer Kultur zu tun. So, und jetzt kommst du in eine so derartige Welt, und dann bist du erst einmal herausgeschleudert. Und um da wieder Fuß zu fassen, braucht es auch tatsächlich eben diese Orientierungspunkte. Und Arbeitgeber sind mehr als auch in anderen Kulturen dieser Welt hier genau gefordert, den Menschen auch da ein Stück weit, ich denke, die können ihnen nicht Sicherheit bieten. Aber so eine Art, wie soll ich sagen, ob das nun Teilhabe ist oder Partizipation ist, dass ich das Gefühl habe, ich kann mich hier einbringen, ich kann Betroffene zu Beteiligten machen. Du kennst den Spruch. Der ist so alt, aber immer noch so richtig.

00: 19:12Sandra Fleckenstein: Vielleicht Verständnis und Wertschätzung.

00: 19:14Jutta Rump: Ja, und auch zu wissen, so nach dem Motto: Ich weiß genau, was hier gerade abgeht und mir geht es ähnlich. Aber nichtsdestotrotz lass uns bitte ein anderes Kultur Element, das uns stark macht, hier nutzen. Nämlich einerseits sind wir unsicherheitsvermeidend, aber wenn es dann passiert, dann neigen wir in Gruppe zusammenzurücken. Augen auf und durch und lass uns dieses Plus, lass uns das einfach gemeinsam heben. Und da glaube ich, das müssen wir Menschen auch zeigen. Wir müssen ihnen diese Orientierung geben, aber auch das Vertrauen in die Stärke von uns als Gesellschaft und auch als Team.

00: 19:51Sandra Fleckenstein: Hm, das hast du schön gesagt. Du hast es eben schon angesprochen, auch historisch gesehen, aber auch gerade ganz aktuell Pandemie, Krieg, Klimakrise, Energiekrise. Es ist ja wieder richtig viel los, gerade auf der Welt. Und gefühlt ist einfach alles im Wandel. Gibt es denn für die Arbeitswelt überhaupt noch so was wie normal? Und wenn ja, was ist denn so eine Konstante, was irgendwie geblieben ist in diesem ganzen Veränderungsprozess?

00: 20:19Jutta Rump: Normal in der Arbeitswelt ist nicht mehr Stabilität. Also nicht so, wie wir es kennen und definieren. Normal in der Arbeitswelt ist Veränderung. Und zwar Veränderung, die auch nicht hintereinander kommt, sondern die teilweise parallel kommt. Es sind nicht nur die Langläufer, die sich langsam ankündigen und dann wie eine richtige Welle quasi sich entwickeln, sondern normal ist auch disruptiv. Also von jetzt auf gleich kommt es. Wir müssen uns also schon damit anfreunden, das Neue Normalität bedeutet einen immer werdenden Veränderungsprozess, kombiniert aus Langläufern und Kurzläufern, aus Dingen, die sich langfristig ankündigen, aber auch diejenigen, die sehr kurzfristig disruptiv kommen. Und das bedeutet schon wenn ich in dieser neuen Normalität mich zurechtfinden möchte, dann brauche ich neben einer Grundeinstellung der Lernbereitschaft und der Lernfähigkeit, der Veränderungsbereitschaft, der Veränderungsfähigkeit, so etwas wie Widerstandsfähigkeit, Resilienz. Ich brauche Achtsamkeit. In Bewegung bleiben, ohne die Balance zu verlieren, ist zum Beispiel eine Kernkompetenz. Und am Ende des Tages, glaube ich, brauche ich in einer solchen Welt auch Gelassenheit. Das bedeutet nicht Ignoranz, aber Gelassenheit. Und das sind für mich so Spektren von Kompetenz Feldern, die wirklich sehr zentral sind, um in der neuen Normalität auch bestehen zu können.

00: 21:46Sandra Fleckenstein: Ich möchte auf einen Punkt noch mal eingehen. Du hast es vorhin am Rande erwähnt, aber du hast den Titel nicht dazu gesagt. Gibt den Zuhörer doch gerne noch eine Podcast Empfehlung mit auf den Weg, weil du hostest ja auch selbst einen eigenen Podcast und dazu sag uns doch mal kurz. Wie heißt der Podcast und wo findet man den?

00: 22:21Jutta Rump: Also der Podcast heißt "IBE Workout Trend Session" mit Jutta Rump, wobei die Trend Session mit Jutta, die lassen wir mittlerweile unter den Tisch fallen. Eigentlich ist es der IBE oder IBE Workout. Und im Internet auffindbar auf unserer Homepage, bei Spotify, bei Apple, bei YouTube, wo auch immer.

00: 22:43Sandra Fleckenstein: Und da kann man dich ganz viel dann noch reden hören. Genau zu diesen Themen.

00: 22:47Jutta Rump: Jeden Monat oder alle sechs Wochen. Kommt immer darauf an, wenn mal Ferien dazwischen sind. Und da greifen wir immer ein Thema raus, was neu für uns im Institut ist oder aber hochaktuell ist.

00: 22:58Sandra Fleckenstein: Also, liebe ZuhörerInnen da draußen, wenn euch das Thema interessiert und unter den Nägeln brennt und ihr mehr Input dazu haben möchtet, dann hört doch gerne mal in Jutta Rumps Podcast rein. Jutta, ich habe am Schluss noch eine Frage für dich jetzt im Gepäck, nämlich: Was ist denn dein Lieblingsgetränk?

00: 23:18Jutta Rump: Mein Liebling ist Getränk, das ist ganz einfach zu sagen. Ich trinke am liebsten Coca Cola Zero.

00: 23:23Sandra Fleckenstein: Coca Cola Zero. Okay, folgendes Szenario: Du sitzt in deinem Lieblingscafe. Es ist ein herrlich schöner Tag. Du hast eine Cola Zero bestellt. Die nette Kellnerin bringt dir die gerade und mit Eiswürfeln. Zitrone.

00: 23:41Jutta Rump: Ne,pur.

00: 23:42Sandra Fleckenstein: Okay, und jetzt steht da diese Cola Zero vor dir auf dem Tisch und dir gegenüber sitzt dein jüngeres Ich. Was möchtest du deinem jüngeren Ich gerne mit auf den Weg geben?

00: 23:53Jutta Rump: Meinem jüngeren Ich möchte ich mit auf den Weg geben, immer nur das zu tun, was den eigenen Stärken und Talenten entspricht. Zumindest den Versuch starten. Ich möchte meinem jüngeren Ich auf den Weg geben, mental, geistig immer unabhängig zu bleiben und auf dieser Basis, nämlich der geistigen Unabhängigkeit, kombiniert mit der Stärken und Talentorientierung, dann noch eine finanzielle Unabhängigkeit zu schaffen.

00: 24:16Sandra Fleckenstein: Das sind starke Schlussworte. Danke dir, Jutta, dass du mir heute Rede und Antwort gestanden hast und uns mit deinem Fachwissen bereichert hast. Ja, irgendwie fällt mir heute zum Abschluss der Sendung ein Zitat ein und du hast das indirekt vorhin auch schon quasi vorweg gegriffen. Die einzige Konstante im Leben ist die Veränderung. Also wir kommen da gar nicht dran vorbei. Aber wir haben immer die Wahl, ob wir, wenn der Wind der Veränderung weht, ob wir da Mauern oder Windmühlen bauen wollen. In diesem Sinne bis zum nächsten Forscherinnen Freitag. Tschüss.

00: 24:59Intro/ Outro: Wir hoffen, dass euch die Folge gefallen hat. Auf unserer Plattform Innovative-Frauen.de findet ihr weitere spannende Inhalte. Schaut doch gern mal vorbei. Habt ihr Fragen oder Wünsche? Dann schreibt uns an Podcast@Innovative-Frauen.de. Ihr findet uns auch bei Instagram, Twitter, YouTube und LinkedIn. Und eine Info zum Schluss für die Transparenz. Die Plattform #InnovativeFrauen wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Rahmen der Förderrichtlinie Frauen in Wissenschaft, Forschung und Innovation Leistungen und Potenziale sichtbar machen, Sichtbarkeit strukturell verankern unter dem Förder Kennzeichen 01FP21070 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt liegt beim Kompetenzzentrum Technik Diversity Chancengleichheit e.V..

Neuer Kommentar

Dein Name oder Pseudonym (wird öffentlich angezeigt)
Mindestens 10 Zeichen
Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.