Ulrike Böhm: Wie genau ist ein Mikroskop?

Shownotes

Für die Naturwissenschaften ist es ein unverzichtbares Instrument: Wer schon mal durch ein Mikroskop geschaut hat, weiß, dass sich da eine ganz neue Welt offenbart. Ulrike Böhm hat sich im Rahmen ihrer Doktorarbeit intensiv damit beschäftigt, wie diese Bilder noch detaillierter sichtbar gemacht werden können – damit andere Forschende in der Biologie, der Chemie und der Medizin ihre Fragestellungen beantworten können.

Die Physikerin ist, nach einem Post-Doc-Aufenthalt in den USA, zurück in Deutschland und in die Konzernforschung gewechselt. In dieser Folge von #ForscherinnenFreitag spricht sie über interdisziplinäres Arbeiten, Karrierewege zwischen Universität und Industrie, zwischen Inland und Ausland. Ihr erfahrt außerdem, was sie motiviert, sich für die Sichtbarkeit von Frauen in der Physik stark zu machen.

Über unsere Plattform #InnovativeFrauen könnt ihr euch mit Ulrike vernetzen, außerdem ist sie offen für Interviews und Anfragen als Rednerin sowie als Mentorin: Profil von Dr’in Ulrike Böhm

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00: 00:00Intro: Forscherinnenfreitag: Der Interview Podcast mit innovativen Frauen aus der Wissenschaft.

00: 00:16Sandra Fleckenstein: Herzlich Willkommen beim Podcast Forscherinnenfreitag. Ich bin Sandra Fleckenstein, eure Gastgeberin und natürlich habe ich heute eine innovative und engagierte Wissenschaftlerin zu Gast. Sie ist Physikerin und kennt sogar zweimal beide Seiten. Zum einen die der Forschung und der Industrie und zum anderen die Deutsche und die Amerikanische. Welche Vorteile Seitenwechsel so mit sich bringen und was sie motiviert, sich neben der fachlichen Arbeit auch für andere Frauen einzubringen, das frage ich heute mal für euch nach: bei Doktorin Ulrike Boehm. Herzlich Willkommen! Hallo Ulrike.

00: 01:00Ulrike Böhm: Hallo Sandra. Hi.

00: 01:01Sandra Fleckenstein: Bevor wir gleich in deinen Lebenslauf einsteigen, interessiert mich natürlich erst mal brennend: Was ist dein Forschungsgebiet und was hast du dort innovatives bisher so entwickelt?

00: 01:15Ulrike Böhm: Wie du schon bereits eingangs gesagt hast, ich habe Physik studiert und das aber mit einem einem Schwerpunkt auf Instrumententwicklung und das nicht nur im Hauptsächlichen oder im Wesentlichen auch für die biomedizinische Forschung. Das heißt, was ich während meiner Masterarbeit über die Doktorarbeit, dann auch über den Postdoc und jetzt eben auch in der Industrieforschung mache, ist es im Prinzip Instrumente zu entwickeln, da wo sie halt gebraucht werden, um Fragestellungen beantworten zu können. Und genau das ist ein sehr weites Gebiet. Aber das ist halt auch gerade das Spannende und es umfasst eben nicht nur die Physik, sondern eben auch die Biologie und die Chemie eben auch. Das ist auch sehr interdisziplinär.

00: 01:58Sandra Fleckenstein: Okay, du hast schon gesagt, eben, es ist ein sehr weites Feld. Kannst du uns mal so ein konkretes Beispiel geben, dass wir das wir wissen, was du so zum Beispiel mit entwickelt hast?

00: 02:09Ulrike Böhm: Da kann ich vielleicht ein bisschen über meine Doktorarbeit reden. Und zwar habe ich meine Doktorarbeit in Göttingen am Max Planck Institut für Biophysikalische Chemie gemacht. Und die Aufgabenstellung war im Prinzip, ein Mikroskop zu entwickeln, das eine sehr gute Auflösung hat. Da gab es im Vorfeld schon einige Technologien, die die Auflösung schon geringer machen konnten, aber das im Wesentlichen im 2D Bereich. Und meine Doktorarbeit, da ging es dann im Prinzip darum, also für die Leute, die sich jetzt mit Optik auskennen, die Zuhörer, eine Isotope, also eine kugelförmige, brechungsunbegrenzte oder beugungsunbegrenzte PointsBet Function zu kreieren. Also eine PointsBet Function ist quasi, man könnte es ein bisschen vergleichen mit, wenn man ein Bild malt und dann aber nur einen Stift zur Verfügung hat, der eine relativ dicke Spitze hat, dann kann man feine Details nicht malen. Und eine PointsBet Function in einem Mikroskop ist ist im Prinzip diese Spitze eines, diese Spitze eines Bleistifts meinetwegen. Und je kleiner diese Spitze des Bleistifts ist, um so feinere Details kann man abbilden. Und meine Aufgabe im Prinzip war es, diese Spitze ganz, ganz klein zu machen. Und dafür habe ich zwei Techniken miteinander kombiniert. Das ist zum einen die Resolve Mikroskopie und zum anderen die vier P Mikroskopie. Das sind jetzt alles Wörter, die kann man gerne nachschlagen, aber zumindest ging es darum, zum Ersten Mal ein Mikroskop zu entwickeln, dass es zu dem Zeitpunkt noch nicht gab. Und das war im Prinzip ziemlich was Bahnbrechendes für mich. Dann im Prinzip am Ende auch Bilder zu bekommen und Dinge abbilden zu können, die man in der Art und Weise vorher noch nie hat abbilden können. Und das ist halt gerade dieses Spannende, das an dem Forschungsgebiet im Allgemeinen, dass man Dinge macht und zu Ergebnissen kommt, die es vorher so noch nicht gab. Und da lohnt sich der Aufwand und die Zeit und der Schweiß und die und die teilweise auch langen Nächte schon. Wenn man nachher irgendwas hat, wo man im Prinzip die einzige Person ist, die da Einblick drauf hat, Einblick zu hat. Und genau also das war erstmal eine dieser dieser Erfindungen bzw. Tools. Aber dann wie schon gesagt, je nachdem was die Biologie bzw auch andere Gebiete, ich meine man forscht und forscht und dann endet man irgendwie oder kommt man irgendwie zu einem Punkt, wo man nicht ganz weiter weiß, weil man im Prinzip Probleme hat, den Zugang zu finden. Und da kommen im Prinzip dann neue Entwicklungen und neue Instrumente zum Einsatz, gerade diesen Zugang zu einer versteckten Welt bekommen zu können. Und das ist im Prinzip immer der Punkt, an dem im Prinzip neue Mikroskope oder neue Tools entwickelt werden. Das wird das Ganze wird halt getriggert durch das Problem, dass man an eine Barriere stößt. Und um diese Barriere überwinden zu können, muss man sich halt überlegen: Okay, welche Instrumente oder welche Methoden müssen jetzt entwickelt werden, dass man trotzdem noch zu dem Erkenntnisgewinn kommt ? Und das heißt, ich selber in meiner Aufgabenstellung bin halt nicht diejenige, die sich mit der Biologie beschäftigt. Aber es ist quasi so eine Art Unterstützung, dass im Prinzip die Menschen, die im Life Science Bereich arbeiten, entsprechend ihre Fragestellungen beantworten können. Durch Instrumentenentwicklung, durch Toolentwicklung.

00: 05:57Sandra Fleckenstein: Super spannend. Also vielen Dank vor allen Dingen für die anschauliche Erklärung, weil du hast jetzt angefangen mit so Fach Vokabeln, wo wir uns natürlich oder wenn wir nicht vom Fach sind, erst mal nichts drunter vorstellen können. Aber jetzt habe ich auf jeden Fall ein viel besseres Bild, was du machst, weil ich habe natürlich im Vorfeld so mich eingelesen und da waren sehr viele Begriffe dabei, wo ich dachte, oh, da muss ich die Ulrike mal nachfragen, so was bedeutet das Alles? Und ich glaube aber, ich habe es jetzt verstanden. Gerade eben durch jetzt auch deinen letzten Hinweis, dass ihr quasi eine Biologie oder auch eine Chemie unterstützt mit euren Forschungen und Innovationen, dass dann verschiedene weiß ich nicht, weißt du, was da so dann untersucht wird mit deinen Tools, die du so entwickelst?

00: 06:47Ulrike Böhm: Na beispielsweise, ich kann vielleicht ganz kurz auch über meine Postdoc Arbeit in den USA berichten. Also da ging es im Speziellen darum sich anzuschauen, wie oder zu welchem Zeitpunkt bestimmte Proteine in Zellen hergestellt werden. Das ist ja im Prinzip so, man könnte sich das so vorstellen: Ein Kind wächst ja, also nur als ein Prozess, und wenn ein Kind wächst, müssen mehr Zellen hergestellt werden, müssen Zellen wachsen. Und so weiter und so fort. Und die Frage ist, das machen die ja nicht so. Da gibt es ja im Prinzip einen Anlass, der eine Zelle triggert oder irgendwas Bestimmtes zu machen. Und das Ganze passiert eben im Genom, das heißt im Zellkern, da wo, also im Zellkern ist die DNA gelagert. Bloß die Frage ist, wie schon gesagt, die DNA ist relativ groß. Sie enthält die Informationen, wie bestimmte Proteine hergestellt werden. Aber das alleine gibt einem ja keine Information darüber, wann diese Proteine eigentlich in der Zelle existent sein sollen. Das heißt im Prinzip, die DNA ist quasi so was wie eine Hardware, aber die eigentlich Software, die im Prinzip sagt, wann was aktiv ist, das im Prinzip sind Forscher gerade dabei noch zu verstehen. Und diese Prozesse kann man im Idealfall auch mit Mikroskopen visualisieren. Das heißt, wenn von außen so was wie so ein Wachstumshormon auf eine Zelle kommt, das ist dann so eine Art Trigger: Okay, die Zelle soll jetzt wachsen. Dann geht dieser Signal Stoff, dieses Signal Kaskade geht in den Zellkern und dann kommt es zu einer Umformung der DNA. Und wenn man gezielt bestimmte Komponenten der DNA mit kleinen Markern markiert, dann kann man das, mit einem Mikroskop kann man das visualisieren, welche Bestandteile wo in der DNA sich zueinander arrangieren müssen, damit es letztlich zum Ablesen der DNA kommt und dadurch zur Bildung eines Proteins, was dann im Prinzip eine bestimmte Funktion in der Zelle durchführt. Und gerade zu verstehen, beispielsweise auch bei genetischen Krankheiten oder allgemein bei Störungen, auch bei Krebs beispielsweise, ist es essenziell zu wissen, wie die eigentlichen, ja, wie die eigentlichen Verfahren in der Zelle vonstattengehen. Und das eben nicht nur makroskopisch. Das heißt, dass man, dass man jemanden ansieht: Okay, ich gebe ihm jetzt das Medikament. Fühlt er sich gut oder nicht? Das ist ja quasi so, wie soll ich sagen, eine makroskopische Beobachtung. Man sieht den Effekt auf die Person, aber auch eben mikroskopisch zu sehen, was eigentlich elementar in der Zelle passiert. Was gerade zu dem Defekt oder zum Funktionieren einer Zelle beiträgt, finde ich unglaublich spannend, weil es ja einfach die die wirklich fundamentalen Prozesse sind, die man sich ansehen kann. Und das ist halt das unglaublich Spannende. Quasi mit Mikroskopen, Biologie, Chemie. Da spielt alles mit rein und das ist einfach faszinierend, wenn alle Naturwissenschaften zusammenkommen.

00: 10:07Sandra Fleckenstein: Jetzt, wenn du das so erzählst, finde ich das auch total faszinierend und einfach auch. Ich habe zum ersten Mal den Gedanken, dass du quasi mit deiner Forschung und mit deinen innovativen Ideen, die du da einbringst, für andere Forschungen total wichtig bist und für wirklich ganz wichtige Felder in der Medizin. Du hast die Krebsforschung jetzt angesprochen und diesen Zusammenhang mal auch mitzudenken, dass bestimmte Forschungsfelder brauchen andere Forschungsfelder, damit sie forschen können und den Gedanken finde ich gerade wahnsinnig spannend. Okay, ich würde jetzt gerne mal ein bisschen auf deinen Lebenslauf zu sprechen kommen. Du hast ja Physik an der TU München studiert und anschließend am Max Planck Institut in Göttingen und an der Uni Heidelberg promoviert. Und bist dann, du hast es auch schon angesprochen, nach Amerika und wenn ich richtig informiert bin, auch noch gar nicht so lange wieder back in Germany. Mittlerweile arbeitest du auf der Industrie Seite bei Zeiss. Aus welchem Grund ist es deiner Meinung nach wichtig als Wissenschaftlerin beide Seiten, also Forschung und Industrie kennenzulernen?

00: 11:16Ulrike Böhm: Also ich sag mal so, beide Seiten, also je nachdem. Ich glaube, die Industrie ist ja auch nicht gleich Industrie. Also momentan bin ich in der sogenannten Konzernforschung, wo man im Prinzip auch an neuen Instrumenten, Tools und Sensoren arbeitet. Aber was ich halt spannend finde, ist, dass auch der Ansatz, wie man zum Erkenntnisgewinn kommt und auch was einen motiviert, halt leicht ein anderer ist. Also ich würde mal sagen, in der Forschung hat man keinen Druck im Prinzip ein bestimmtes Marktsegment zu erfüllen oder einen bestimmten Return zu haben. Bzw man hat keine Umsatz Gewinne im Hinterkopf, weil es geht halt rein um den Erkenntnisgewinn und im Prinzip das Beiprodukt auf dem Weg zum Erkenntnisgewinn sind im Prinzip auch neue Tools, neue Protokolle und und neue Innovationen, im Prinzip. Also wie schon gesagt, man kann nicht zum Erkenntnisgewinn letztlich in der Biologie, also man kann es schon, aber ein Erkenntnisgewinn in der Biologie bzw in Life Sciences wird gefördert. Eben auch dadurch, dass man eben neue Produkte oder neue neue Tools mitentwickelt. Und das im Prinzip ist wie schon gesagt so ein kleines Side Produkt. In der Industrie ist es eher so, da hat man etwas gezielter schon im Hinterkopf. Okay, wir wollen in diesem Marktsegment uns mehr etablieren. Und wie kann man sich im Prinzip durch oder von seiner Konkurrenz abheben? Bzw wie kann man dieses Marktsegment quasi für sich in Anspruch nehmen? Und das ist im Prinzip so eine Art Drive für die eigentliche Innovation. Sprich, also ich meine, beides ist eigentlich gar nicht so schlecht. Also beides hat sein Für und Wider. Für und Wider in dem Sinne, dass in der Forschung, man kommt zu neuen Produkten, aber diese neuen Produkte, das ist halt teilweise ein bisschen das Traurige in der Forschung, vielleicht auch das Traurige bei meiner Doktorarbeit, wo über fünf Jahre hineingeflossen sind, dass man im Prinzip nachher mit einem tollen Tool dasteht, was dann aber leider nicht kommerzialisiert wird. Was leider nicht von von anderen Leuten genutzt werden kann. Während im Prinzip in der Industrie eine große Motivation dahinter steht, dass wenn man Dinge entwickelt, dass man die ja auch wirklich mit dem Gedanken entwickelt, dass sie dann einer großen, breiten Masse auch zugänglich sind. Und natürlich. Ja genau. Es ist gar nicht so schlecht, mal beide Einblicke, beide Einblicke zu bekommen. Im Prinzip, dass man in der Forschung so eine intrinsische Motivation hat. Und wie schon gesagt, die Innovation ist ein Side Produkt und in der Industrie im Prinzip schon sehr gezielt. Es hat was, was jetzt aber auch nicht unbedingt super positiv ist, dafür aber in der breiten Menge eben zugänglich wird. Das heißt, beides hat so sein Für und Wider, aber ich finde beides eigentlich auch unglaublich spannend.

00: 14:28Sandra Fleckenstein: Damit erübrigt sich meine Frage, was mir mehr Freude bereitet. Ich glaube, ich habe da so ein bisschen von Beidem was rausgehört. Und würdest du jetzt sagen, wenn man von der Forschungs Seite auf die Industrie Seite wechselt, ist das eine Einbahnstraße oder gibt es da eine Möglichkeit einfach auch wieder irgendwann zurückzukehren?

00: 14:47Ulrike Böhm: Also ich wie schon gesagt, ich glaube es hängt davon ab, wie man dann die Industrie beschreibt. Weil jetzt gerade in der Konzernforschung bei Zeiss ist es so, dass wir auch ziemlich viele ehemalige Mitarbeiter haben, die danach auch noch mal zur Fachhochschule gewechselt sind bzw eine Uni Karriere auch angestrebt haben und dann schon extrem Nutznießen ziehen konnten von diesem innovativen Hype den wir hier auch bei Zeiss haben. Aber natürlich ist es so, wenn man jetzt beispielsweise zu sehr, sage ich mal, nur keine Ahnung, ins Marketing geht. Es geht ja auch verschiedene Richtungen. Also wenn man sich zu sehr von der eigentlichen Forschung in der Industrie als Wissenschaftlerin entfernt, dann ist der Rückweg natürlich etwas schwieriger. Aber dadurch, dass im Prinzip moderne Unternehmen auch in Deutschland sich konstant eigentlich weiterentwickeln und konstant daran arbeiten, neue, innovative Produkte herzustellen und das ist im Prinzip ja auch ähnlich ist wie bei vielen Fachhochschulen bzw auch Universitäten sehe ich das eigentlich so, dass so ein Übergang oder so ein Rückgang von der Industrie zur Forschung schon noch gegeben ist. Natürlich ist es ein bisschen schwieriger, wenn es um das Thema Grundlagenforschung geht, weil Grundlagenforschung ist ja wirklich ein bisschen weiter weg entfernt von der eigentlichen Produktentwicklung, was ich eingangs gesagt hatte. Aber gerade so die angewandte Forschung, und da sind ja auch sehr viele Unis tätig, da sollte ein Rückgang eigentlich schon noch möglich sein. Und das ist halt gerade auch noch, wie soll ich sagen, was sehr Attraktives momentan bei meiner momentanen Stelle, dass man man eigentlich noch relativ viele Karrierewege vor sich hat, sei es im Unternehmen oder später noch mal in der Forschung an der Uni. Und genau das. Genau. Man hat also noch Optionen offen.

00: 16:58Sandra Fleckenstein: Also ich halte mal fest: Prinzipiell ist erstmal alles möglich, wenn man es dann möchte und je nachdem, was man auch für eigene Präferenzen und Ziele hat in seiner Karriere. Wir haben es jetzt schon ein paar Mal so durch die Blume angedeutet. Du warst ja jetzt längere Zeit in Amerika. Und was mich jetzt total interessieren würde: Wieso ist denn speziell so internationales Arbeiten wichtig für Physikerinnen?

00: 17:29Ulrike Böhm: Ich glaube, im Forschungsbereich ist das, glaube ich generell eigentlich schon sehr wichtig. Zum einen, weil also im Vergleich zur Forschung vor 150 Jahren, man kann nicht mehr so seine Forschung im stillen Kämmerlein machen, sondern Forschung ist im Allgemeinen sehr international. Aus dem ganz einfachen Grund, weil es sehr viele verschiedene Netzwerke und Kollaborationen gibt, die über verschiedene Länder hinausgehen. Und im Allgemeinen ist es so, teilweise ist man so stark in der Nische, auch wenn man seine Forschung macht, dass es teilweise nur drei, vier andere Gruppen in der Welt gibt, die auch in diesem Bereich forschen, die aber nicht gerade in Deutschland sind. Und da ist es natürlich dann nur notwendig, dass man sich entsprechend mit diesen Gruppen auch austauschen kann. Und aus dem Grund ist auch gerade das Beherrschen von Englisch schriftlich sowie auch im Gespräch im gesprochenen Wort extrem wichtig. Und deswegen würde ich auch jeder angehenden Naturwissenschaftlerin bzw auch Physikerinnen anraten, mal eine Zeit lang, sei es während dem Studium oder später nachher zur Doktorarbeit oder zum Postdoc auch mal ins Ausland zu gehen, um einfach auch sicherer, selbstsicherer im Umgang mit anderen Kulturen, aber auch im Umgang mit der Sprache zu sein. Dass man so im Prinzip auch später in diesem sehr internationalen wissenschaftlichen Umfeld sich leichter zurechtfindet.

00: 19:03Sandra Fleckenstein: Cool, danke dir da für deine Erfahrungswerte und deine Botschaft an der Stelle. Du bist ja wahnsinnig engagiert, dich für mehr Diversität in der Physik einzusetzen und auch andere Frauen und ihre Leistung sichtbarer zu machen. Und du hast auch einen Blog, der heißt Women in Research, in dem du internationale Wissenschaftlerinnen porträtiert. Den Link dazu findet ihr natürlich in den Shownotes. Was ist dein Antrieb dafür, Ulrike?

00: 19:38Ulrike Böhm: Einmal, die Motivation war so ein bisschen, dass teilweise immer Leute an einen herantreten und auch gefragt haben: Ja, wir bemängeln das hier so, dass es nicht so viele Frauen in der Forschung gibt und es gibt kaum Role Models. Und immer, wenn man mal ein Wort googelt oder so in der Physik oder auch in der Biologie, dann wird einem zum Großteil immer das männliche Geschlecht angezeigt, was teilweise ein bisschen demotivierend wirken kann, insbesondere für Junge. Viele junge Frauen, die gerade dabei sind, sich selber zu finden und zu überlegen, was sie gerne später machen wollen. Ich weiß nicht, ich habe so diesen inneren Drive. Jedes Mal, wenn ich mich über eine Sache beschwere, dann ist es halt so bei mir. Okay, man kann sich beschweren und sich über eine Sache ärgern oder man kann halt einfach auch aktiv werden und versuchen was dran zu ändern. Und mit dem Projekt war es halt ähnlich. Das heißt, das Problem wurde an mich herangetragen. Ich habe gesehen, dass es da jetzt nicht unbedingt sichtbare Plattformen gibt, das heißt, ich habe einfach selber diesen Blog mit erstellt und zum Glück das Ganze auch ganz gut in Kollaboration mit den sogenannten Lindau Nobel Laureate Meetings funktioniert. Das ist ein Treffen, das einmal im Jahr stattfindet in Lindau am Bodensee. Und zu diesem Treffen kommen halt um die 400 bis 600 junge Wissenschaftlerinnen von der ganzen Welt, auch mit unterschiedlichem wissenschaftlichen Hintergrund. Und die treffen sich dann dort mit 40 bis 60 Nobelpreisträgern. Und das Gute war, dass ich im Prinzip durch die Verbindung mit dieser Organisation an sehr ambitionierte und inspirierende junge Wissenschaftlerinnen oder an den Kontakt zu diesen jungen Wissenschaftlerinnen herangekommen bin und dadurch im Prinzip die Möglichkeit hatte, einfach sehr schnell, wie schon gesagt, sehr inspirierende Wissenschaftlerinnen für meinen Blog auch zu bekommen. Und die teilen jetzt in diesem Blog zum einen, was sie motiviert hat, selber die Disziplin zu studieren, die sie studiert haben, wo ihre Struggles waren und sie sprechen über ihre Erfolge, sie beschreiben, wie so ein normaler Tag bei Ihnen aussieht. Und das ist im Prinzip auch nicht nur beschränkt auf auf Frauen aus Deutschland, sondern in diesem Interview Portal sind im Prinzip auch Frauen aus den USA, aus Südamerika, aus Afrika, Australien. Also die ganze Bandbreite und das habe ich jetzt über die Jahre jetzt schon über fünf Jahre so vorangetrieben, sodass ich da über 100 Interviews angesammelt haben. Und das macht manhalt, ich weiß nicht. Das Nette ist, dass ich das so ein bisschen nebenher gemacht habe. Das heißt ja, die Motivation, zur Frage zurück,kommt, das halt aktiv zu werden, wenn einem was nicht passt, aber das eben auch konstant über eine längere Zeit. Und ich glaube, das kann halt auch einen Impact haben. Man muss sich jetzt nicht auf die Stirn schreiben, dass man die Welt von heute auf morgen verändern möchte, sondern ich glaube, das Wichtige ist halt einfach kleine Beiträge über einen langen Zeitraum werden irgendwann auch wahrgenommen und entwickeln irgendwann auch so ein starkes Momentum, dass Sie einen recht großen Impact haben können.

00: 23:29Sandra Fleckenstein: Wow! Also ich bin total sprachlos und liebe Zuhörerinnen an der Stelle, ich glaube, es lohnt sich mal auf diesem Blog vorbeizuschauen, weil Ulrike Du auf dem Blog natürlich mit einem anderen Medium da quasi was sehr, sehr ähnliches machst oder vorhast wie wir hier mit diesem Podcast. Und vielen Dank auch an der Stelle noch mal für deinen Veranstaltungshinweise mit diesem Treffen in Lindau, was ja auch gerade für Frauen oder was ich an Frauen richtet und sich da international zu vernetzen, auszutauschen, sich inspirieren zu lassen. Das sind natürlich immer wahnsinnig wertvolle Hinweise. Vielen Dank, Ulrike, wir kommen jetzt zur allerletzten Frage und da habe ich erst einmal so eine kleine Vorfrage. Was ist denn dein Lieblingsgetränk?

00: 24:24Ulrike Böhm: Ich glaube, einfach nur ein richtig guter, guter Kaffee.

00: 24:27Sandra Fleckenstein: Ein guter Kaffee? Okay.

00: 24:29Ulrike Böhm: Ich glaube, da kommt man nicht so drumherum als Wissenschaftlerin, wenn man Tag und Nacht auch im Einsatz ist, dass man das zu schätzen lernt.

00: 24:37Sandra Fleckenstein: Okay, sehr gut. Das passt sehr gut in mein Bild, was ich jetzt mit dir kreieren möchte. Stell dir mal vor, du sitzt in deinem Lieblingscafe, wo du weißt, da gibt es den besten Kaffee auf der ganzen Welt. Egal ist das jetzt in Deutschland oder in Amerika, das ist total egal. Stell dir das gerne mal vor und die Kellnerin bringt dir jetzt deinen Lieblingscafe und dir gegenüber sitzt dein jüngeres Ich. Was möchtest du deinem jüngeren Ich mit auf den Weg geben.

00: 25:06Ulrike Böhm: Am Ball zu bleiben! Ich glaube, während der ganzen Phase vom Abitur bis zur Masterarbeit, Doktorarbeit und so weiter und so fort. Auf dem Weg kommen ziemlich viele Hürden daher. Und manchmal wirkt es so, manchmal fühlt man sich vielleicht auch eventuell recht allein. Aber ich glaube, wichtig ist es im Prinzip auch mal nach rechts und links zu schauen, zu sehen, dass es anderen Leuten ähnlich geht, dass Forschung nicht einfach ist, dass das Studium nicht einfach ist, aber dass man einfach im Prinzip, wenn eine Sache Spaß macht, einfach nur konsistent weiterarbeiten sollte und sich die Erfolge schon so einstellen. Genau. Also am Ball bleiben, das ist eine Sache. Aber ich meine, was auch wichtig ist, ist vielleicht auch ein zweiter Hinweis, dass man sich selbst nicht vergessen sollte in dieser ganzen sehr herausforderungsvollen Reise. Dass man im Prinzip auch dran denken muss. Es gibt recht viel Druck im Forschungsbereich auch, aber man muss auch so an seine eigene Gesundheit denken. Man braucht ausreichend Schlaf und man sollte sich auch mal ab und zu Urlaub gönnen. Das ist keine Straftat, auch wenn das teilweise vielleicht im Forschungs Umfeld so so dargestellt wird. Und genau. Aber dann halt am Ball bleiben, einfach weitermachen, sich nicht beirren lassen.

00: 26:52Sandra Fleckenstein: Am Ball bleiben, ausreichend schlafen, sich gut ernähren und zwischendurch in Urlaub fahren. Das ist doch eine super Message. Ulrike, wir sind am Ende leider schon angekommen. Die Zeit ist wieder verflogen. Ein großes Dankeschön an der Stelle an Ulrike Böhm für dieses Interview, aber vor allen Dingen auch für dein großartiges Engagement, viele Frauen aus der Wissenschaft sichtbarer zu machen. Zufälligerweise ist das ja auch genau unsere Mission. Also let's get visible.

00: 27:29Outro: Wir hoffen, dass euch die Folge gefallen hat. Auf unserer Plattform Innovative-Frauen.de findet ihr weitere spannende Inhalte. Schaut doch gern mal vorbei. Habt ihr Fragen oder Wünsche? Dann schreibt uns an podcast@innovative-Frauen.de . Ihr findet uns auch bei Instagram, Twitter, YouTube und LinkedIn. Und eine Info zum Schluss für die Transparenz. Die Plattform #InnovativeFrauen wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Rahmen der Förderrichtlinie Frauen in Wissenschaft, Forschung und Innovation, Leistungen und Potenziale sichtbar machen, Sichtbarkeit strukturell verankern unter dem Förder Kennzeichen 01fp21070 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt liegt beim Kompetenzzentrum Technik Diversity Chancengleichheit e.V.

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