Climate Engineering: Wohin mit dem CO2? Mit Maria-Elena Vorrath

Shownotes

Unsere heutige Interviewgästin war schon als Kind vom Sonnensystem und der Erde fasziniert und hatte den großen Traum, zum Mond zu fliegen. In der Schule hatte Maria-Elena Vorrath aber große Schwierigkeiten in den Naturwissenschaften und schlug zunächst eine andere Richtung ein. Im Podcast erzählt sie von ihrem ungewöhnlichen Karriereweg, der von einem Diplom in Tontechnik über Musikwissenschaften bis hin zur Geologie und schließlich sogar zu einer Forschungsreise in die Antarktis führte. Heute engagiert sie sich im Bereich Umwelt und Nachhaltigkeit. Mit ihrem Projekt ROCKCHAR stellt sie Pflanzenkohle aus biologischen Abfällen und Industrienebenprodukten her, die dabei helfen kann, CO2 aus der Atmosphäre zu binden und den Boden zu verbessern. Um möglichst viele Menschen für wissenschaftliche Themen zu begeistern, steht sie oft bei Science Slams auf der Bühne.

In dieser Folge erfahrt ihr:

  • welche Rolle ihre Innovation bei der Bekämpfung der Klimakrise spielt
  • Wie Forschung vom Labor aufs Feld kommt und wie Kreislaufwirtschaft funktioniert
  • Was ihre Motivation war, an Science Slams teilzunehmen und welche Erfahrungen sie gemacht hat

➡️ Über unsere Plattform #InnovativeFrauen könnt ihr Maria-Elena kontaktieren, wenn ihr ihren Rat als Mentorin braucht: Profil von Dr’in Maria-Elena Vorrath

Vortrag “Hacking the Climate” beim 37C3

Science Slam beim 37C3

Das Projekt ROCKCHAR

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Podcast #ForscherinnenFreitag mit Dr’in Maria Elena Vorrath

Intro/ Outro: Forscherinnen Freitag, der Interview Podcast mit innovativen Frauen aus der Wissenschaft. #00:00:13-8#

Sandra Fleckenstein: High Five für alles, was du diese Woche erreicht hast! Jetzt ist deine Zeit, um ein wenig abzuschalten, etwas Neues zu lernen und dich mit Inspiration und Motivation ins Wochenende fallen zu lassen. Willkommen zum Forscherinnen Freitag, deinem Interview Podcast mit innovativen Frauen aus der Wissenschaft. Mein Name ist Sandra Fleckenstein, und ich bin heute wieder im Gespräch mit einer unglaublich innovativen Frau, diesmal aus dem Bereich Umwelt und Nachhaltigkeit. Sie versucht nämlich, Pflanzenkohle aus biologischen Abfällen und Industrie Nebenprodukten herzustellen. Ein herzliches Willkommen an Doktorin Maria Elena Vorrath. Hallo, schön, dass du da willst! #00:01:00-6#

Maria Elena Vorrath: Hallo, schön, hier zu sein. #00:01:03-0#

Sandra Fleckenstein: Elena, einfach so zum frisch fröhlichen Einstieg. Magst du dich mal mit drei Hashtags beschreiben. #00:01:09-6#

Maria Elena Vorrath: Okay, einer wäre auf jeden Fall: Hummeln im Hintern. Der zweite wäre leidenschaftlich und der dritte wäre ROCKCHAR. #00:01:21-2#

Sandra Fleckenstein: Ah, da springe ich auf jeden Fall nachher noch mal drauf. Lass uns gerne nochmal bei deinen Hummeln im Hintern und leidenschaftlich bleiben, so wie du ja deine Persönlichkeit beschreibst. Du hast ja zuerst ein Diplom in Audio Ingeneering, also in Tontechnik, gemacht, dann ein Bachelor in systemischen Musikwissenschaften, dann den Sprung in die Geologie, in der du ja auch heute noch tätig bist, und eigentlich wolltest du als Kind immer zum Mond fliegen. Da spürt man schon ein bisschen deine Hummeln im Hintern, wenn ich das so sage. Also, das ist jetzt schon ein sehr besonderer Werdegang. Wie kam es dazu? #00:02:03-5#

Maria Elena Vorrath: Es ist einfach so passiert und daher, dass ich einfach nie aufgehört habe, irgendetwas zu machen, und ich war als Kind sehr begeistert von dem Universum, vom Sonnensystem und von der Erde selbst und hatte den festen Plan, auf den Mond zu fliegen, weil ich mir das spannender vorgestellt habe als ich weiß, dass es heute ist, und in der Schule hatte ich aber große Schwierigkeiten in den Naturwissenschaften. Deswegen habe ich eben den künstlerischen Weg gewählt und bin in Richtung Musik gegangen, und mit Mitte 20 war ich dann aber an einem Weg oder an einem Stand im Leben, wo ich dachte, nee, ich brauche jetzt mal eine richtige Herausforderung und etwas, was mich auch ein bisschen überfordert. Und dann habe ich heimlich angefangen, während meines Musikstudiums noch Mathe und Geologie zu belegen, und habe tatsächlich diesen Mathe Kurs geschafft, und dann habe ich ja alles andere hinter mir gelassen und nur noch Geologie gemacht, und das war genau das Richtige. #00:03:08-2#

Sandra Fleckenstein: Ich stelle mir das Bildlich jetzt total witzig vor, wenn du sagst, du hast heimlich angefangen, sodass das keiner mitbekommt, so ein gehütetes Geheimnis, und dann irgendwann bricht es quasi raus, und du publizierst das, dass du jetzt eben auch in den Naturwissenschaften unterwegs bist. Kann ich mir das genauso vorstellen? #00:03:27-5#

Maria Elena Vorrath: Ja, genau ich hatte Angst, in Mathematik zu scheitern, weil das in der Schule schon ein Problem gewesen war, und dann habe ich eine 1,3 in der Klausur gehabt und auch nur wegen Flüchtigkeitsfehlern, und dann war ich davon überzeugt, dass ich mit genug lernen und büffeln alle alles schaffen kann, und das ist dann auch so passiert. Und letztlich hat die persönliche Motivation sehr, sehr viel dazu beigetragen, sehr, sehr viel zu investieren und dann eben auch sehr viel zurückzubekommen. #00:03:59-6#

Maria Elena Vorrath: Und das auf dem Mond... Ich habe gesagt, naja, ich werde nicht mehr zum Mond fliegen in meinem Leben, aber vielleicht kann ich ja besondere Orte auf der Erde besuchen, und letztlich habe ich es geschafft, in meiner Promotion dann in die Antarktis zu reisen und dort zu forschen. #00:04:17-3#

Sandra Fleckenstein: Davon habe ich gehört, da frage ich nachher auch noch mal ein bisschen näher nach. Also zusammenfassend kann man sagen, du bist quasi deinen Leidenschaften gefolgt, so vielseitig, wie sie eben auch am Anfang deines Lebens waren und auch heute immer noch sind. Und lass uns jetzt gerne über eine deiner großen Leidenschaften sprechen. Ich habe es vorhin schon angeteasert, und du hast es auch schon angeteasert in deinem dritten Hashtag. Es gibt da so ein Herzensprojekt von dir, ROCKCHAR heißt es, und mit dem Projekt versucht du Pflanzenkohle aus biologischen Abfällen und mineralischen Industrie Nebenprodukten herzustellen. Also das klingt auf jeden Fall schon mal sehr innovativ. Wie würdest du denn diese, deine Innovation einem fünfjährigen Kind in leichter Sprache erklären? #00:05:12-5#

Maria Elena Vorrath: Das ist gar nicht so schwer, denn wir haben ja die globale Erwärmung. Dadurch, dass wir Kohle und Öl verbrennen, setzen wir sehr viel Co2 frei, und das erwärmt die Atmosphäre, und diese Kohle ist entstanden dadurch, dass Bäume nicht verrottet sind, sondern im Boden überdauert haben und dort zur Kohle umgewandelt wurden. Und um das Co2 jetzt wieder zurück aus der Luft in die Erde zu bringen, mache ich genau dasselbe. Ich nehme Holzreste und verkohle sie, und dann verbuddelt ich sie einfach auf dem Acker, und diese Idee ist noch nicht so neu. Das machen indigene Völker schon seit Jahrtausenden, denn durch diese Kohle kann man sein Feld fruchtbar machen. Aber was ich jetzt mache, ist, dass ich so etwas wie alten Beton zum Beispiel dazu mische, und dadurch hoffe ich, dass die Kohle besonders haltbar wird und ich auch zusätzliche Nährstoffe noch in den Boden bringen kann, so dass die Pflanzen besser wachsen. Und letztlich kann ich nicht nur mit der Kohle das Co2 in den Boden bringen, sondern auch mit dem Beton, denn wenn der Beton sich im Boden auflöst, dann kann da auch noch Co2 binden, und dann habe ich zwei ganz verschiedene Sachen miteinander kombiniert, und das Beste ist, die Natur übernimmt die Arbeit für uns, denn sobald ich das in den Boden tue, passiert alles von alleine. #00:06:34-1#

Sandra Fleckenstein: Wow. Was hat dich dazu inspiriert? #00:06:38-7#

Maria Elena Vorrath: Also, ich arbeite seit anderthalb Jahren in einem sehr ähnlichen Projekt. Das heißt Pimex, wir haben auch hier Pflanzenkohle und Gesteinsmehl, Vulkangestein, und wir mischen das und tun es zusammen in den Boden, und wir haben aber auch ein anderes Verfahren, dass wir die Holzmasse mit dem Gestein mischen und das dann zusammen verkohlen. Und in diesem Prozess verschmelzen diese beiden Stoffe miteinander, und wir wollen herausfinden, ob dieses Verschmelzen besser ist oder ob es besser ist, die einfach nur so zu mischen und in den Boden zu tun. Und wir erwarten auf jeden Fall, dadurch, dass die Pflanzenkohle sehr viel Wasser speichern kann, erwarten wir, dass der Boden, der damit behandelt wird, mehr Wasser speichern kann, mehr Stoffe speichern kann. Wir regulieren den PH-Wert des Bodens mit dem Gestein, aber auch mit der Kohle. Das heißt, Mikroorganismen fühlen sich wohl, die Pflanzen können mehr Wurzeln ausbilden. Das hat also sehr viele positive Effekte auf die Pflanzenwelt und die Tierwelt. Und wie gesagt, wir können mit der Kohle, indem wir sie in den Boden bringen, dort einfach das Co2 ablegen, und es bleibt dort Jahrtausende lang. Und das Gestein, was wir hinzusetzen, das Vulkangestein, das vollzieht eine chemische Reaktion mit Wasser und Co2, und in diesem Prozess wird Co2 quasi neutralisiert, gelangt ins Wasser und wird dann tausende Jahre später erst mal wieder zu einem Mineral. Und dadurch können wir den Kohlenstoff aus diesem Co2 zurück in den Gesteins Kreislauf bringen. Und dieser Gesteins Kreislauf, das ist ein sehr, sehr langer Kreislauf. Das heißt, der Kohlenstoff ist für Millionen von Jahren in der Erde und nicht mehr in der Luft. Das heißt, sowohl die Kohle als auch die Gesteinsverwitterung sorgen dafür, dass wir das überschüssige Co2, was uns jetzt bedroht, dass wir das sehr, sehr lange vom Hals haben und das nebenher dadurch, dass wir es in den Boden bringen, auch noch positive Effekte hat. #00:08:54-9#

Sandra Fleckenstein: Das klingt für mich auf jeden Fall nach so einem Projekt mit win win win win win Aspekten, in allen Bereichen. Gibt es auch Nachteile, wenn wir gerade bei den Vorteilen sind? Das ist die eine Frage und die nächste Frage wäre: Wie kann ich mir das jetzt konkret vorstellen? Habt ihr euch irgendwo einen Acker von einem Bauern gemietet, und da buddelt ihr dann eure Sachen ein, und nach ein paar Jahren guckt ihr und messt, oder wie kann ich mir das vorstellen? #00:09:29-9#

Maria Elena Vorrath: Ja also zu den Nachteilen. Das, was ich forsche, das fällt unter die Kategorie Climate Engeneering, das heißt, wenn wir das global anwenden, dann greifen wir ins Erdsystem ein und ins Klimasystem ein. Wir haben durch die Verbrennung von Kohle und Öl eben das schon gemacht. Wir haben die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre gravierend verändert, sodass wir die globale Erwärmung haben, und wenn wir jetzt das Co2 wieder anfangen rauszunehmen, dann tun wir dasselbe, nur eben umgekehrt. Das heißt, alles oder jedes Mal, wenn wir in die Natur eingreifen, entstehen auch Nachteile. Wenn wir uns das Gestein anschauen, dann müssen wir das zum Beispiel im Bergbau gewinnen, und Bergbau ist natürlich nicht umweltfreundlich. Das heißt, es gibt dort Nachteile. Bei der Kohle zum Beispiel brauchen wir natürlich Holzreste oder Biomasse. Man könnte auch Klärschlamm nehmen und so weiter, und da ist die Frage, wo bekommt man das eigentlich her? Wir haben natürlich viele Holzreste, aber um global einen Einfluss zu nehmen, müssen wir wirklich sehr, sehr viel Pflanzenkohle herstellen, und da ist dann die Frage: Wäre es nicht sinnvoller, einfach weniger Müll zu produzieren, anstatt alles, was an Bioresten anfällt, dann zu verkohlen? Und da kann es eben auch Probleme geben. Und eine große Forschungsfrage, und das ist auch der Grund, warum wir das noch nicht auf dem Feld anwenden, zumindest bei mir in der Forschungsgruppe nicht. Wir haben teilweise beobachtet, dass, wenn wir Kohle und Gestein in den Boden tun, das nicht das passiert, was wir gedacht haben. #00:11:17-0#

Sandra Fleckenstein: Sondern ? #00:11:19-4#

Maria Elena Vorrath: Also beim Gestein. Also, wir haben einen Feldversuch gemacht, vor einigen Jahren, haben Gesteine in den Boden getan, und wir wissen aus dem Labor, wenn man Gesteine den Boden tut, dann löst sich das auf und das Regenwasser, was unten rauskommt, aus dem Boden, daran kann man messen, wie viel von dem Gestein sich aufgelöst hat. Das funktioniert super. Jetzt sind wir auf das Feld gegangen, haben Gesteins Pulver dort untergepflügt und gewartet und gewartet und gewartet und immer wieder Wasserproben genommen, und es war einfach nichts zu sehen. Man kann nicht sehen, dass das Gestein sich aufgelöst hat, obwohl es doch regelmäßig regnet und wir warme Temperaturen haben, also alles, was wir dafür brauchen, damit diese chemische Reaktion stattfindet. Und das Problem ist, dass wir im Labor einfach nur Boden und Gestein haben, und draußen in der Natur, da haben wir Pflanzen, die haben Wurzeln, dann haben wir Würmer, Mikroorganismen, wir haben auch mal eine Dürreperiode oder mal ein sehr großes Regen Event, was sehr viel auswäscht auf einmal. Und das sind so viele Faktoren, die einfach unser Signal, was durch die Gesteins Verwitterung entsteht, überlagern und wir das Gestein gar nicht mehr nachverfolgen können. Und deswegen... Oder ich selber forsche im Labor. Wir haben solche Plastikkisten. Da drin haben wir kleine Säulen mit Boden und mit unserer Kohle und dem Gestein, und wir können eben sehr gut sehen, was passiert, und wir haben eine sehr kontrollierte Umgebung, und wir können die Grundlagen davon, was passiert, können wir nachvollziehen. Aber eben, sobald wir das draußen machen, dann stehen wir da und haben kein Ergebnis, und deswegen fangen wir mit dieser Kombination aus Kohle und Gestein, die wir jetzt zum ersten Mal machen, fangen wir auch ganz, ganz weit unten an und machen erstmal den ersten Schritt und schauen uns das nur im Labor an. #00:13:27-7#

Sandra Fleckenstein: Okay verstanden, was wären denn so, jetzt mal so ein Blick in die Zukunft geworfen, was wären dann so nächste Schritte, und was ist euer Ziel? #00:13:40-8#

Maria Elena Vorrath: In dem einen Projekt, in dem Pimex, in dem ich jetzt auch arbeite, seit einiger Zeit, da gibt es andere Gruppen, die das in Blumentöpfen oder im Gewächshaus auch dann ausprobieren. Da werden zwar auch Wasserproben genommen, aber da geht es vor allen Dingen darum, wie gut die Pflanzen von dieser Mischung profitieren. Und letztlich ist die große Frage, wir müssen erst mal das, was wir jetzt gerade machen, überhaupt richtig verstehen und erfassen, und ein großer Schritt wäre dann, zum Beispiel auf Landwirte zuzugehen und mit denen in Kontakt zu treten. Wie kann man eigentlich die Kohle und das Gestein sinnvoll auf den Acker schmeißen? Wenn man Gesteins Pulver auf den Acker tut, dann staubt das unheimlich, und das ist gesundheitsschädlich, und mit Pflanzenkohle kann das genauso passieren. Dieser Kohlestaub, der ist nicht gut. Das heißt, man müsste überlegen, ob man daraus vielleicht ein Granulat oder Pallets macht. Welche Maschinen auf dem Acker können so etwas gut einpflügen, und es gibt auch Landwirte, die wollen nicht pflügen, die wollen das lieber oben drauf schmeißen. Das heißt, da wäre dann der nächste Schritt, genau in der Anwendung wirklich zu sehen, wie können wir das sinnvoll auf den Acker bringen? Und letztlich die Frage, wir schmeißen es auf den Acker und sehen nicht genau, was passiert. Wir sehen nicht genau, wie viel Co2 wir dort gebunden haben. Die müssen wir dann irgendwie anders lösen. Wir können es nicht mit Sensoren messen. Das heißt, wir müssen uns da was überlegen. Aber soweit sind wir noch nicht. #00:15:30-7#

Sandra Fleckenstein: Okay, das heißt, ich hab da ja jetzt diesen imaginären Zauberstab gegeben, mit dem wir mal in die Zukunft geguckt haben. Also, wenn ich das richtig verstehe, ist schon das Ziel, das wirklich großflächig auch über den Ackerbau und über die Landwirtschaft zu etablieren. Gewagte Frage jetzt dazu: Kann dieses Verfahren und deine zwei Projekte, an denen du arbeitest, können die vielleicht, jetzt mal ganz groß und weit in die Zukunft gedacht, können die dazu beitragen, den Klimawandel zu stoppen? #00:16:06-4#

Maria Elena Vorrath: Zu stoppen, auf keinen Fall. Wir imitieren im Moment ungefähr 40 Gigatonnen Co2 jedes Jahr, also die gesamte Menschheit. Wir rechnen immer damit, was würde eigentlich passieren, wenn wir die Pflanzenkohle und das Gesteinsmehl, wenn wir das global wirklich auf allen Ackerböden, die dafür geeignet sind, anwenden? Und dann kommen wir auf eine Zahl zwischen eins und allerhöchstens fünf Gigatonnen Co2 pro Jahr, die wir damit jedes Jahr aus der Luft holen könnten, und das ist viel weniger, als wir jedes Jahr ausstoßen. Und das ist auch nur dann gegeben, wenn wir erfolgreich sind, und davon sind wir noch Jahrzehnte entfernt. Die Entwicklung geht leider nicht so schnell, wie wir sie brauchen. Außerdem, es gibt ja noch andere Climate Engineering Methoden, und es wird häufig kritisiert, dass das Zurückholen von Co2 eben häufig als Argument genommen werden kann, dass wir als Menschheit einfach so weitermachen, wie wir es bisher tun, also weiter imitieren, und das ist eben leider eine ganz falsche Annahme. Wir haben im Moment schon zu viel Co2 in der Luft. Also, es ist so viel Co2 in der Luft, dass es so warm ist, dass zum Beispiel der Eisschild in Grönland und der in der Antarktis, wo ich auch selbst das mit eigenen Augen gesehen habe, dass sie enorm gefährdet sind und massiv abschmelzen. Das heißt, wir müssen nicht nur dafür sorgen, dass wir plus minus null Co2 Ausstoß haben, sondern wir müssen in den negativen Bereich kommen, um wieder zurückzukommen auf Konzentrationen, wie wir sie in den Achtzigern hatten, zum Beispiel. Das wäre ja ein Level, was ganz okay wäre. Also für uns ist es immer wichtig, zu sagen und deutlich zu machen, solange die Menschheit nicht ihre Emissionen um 80, 90 Prozent reduziert, ist das, was wir machen, und selbst wenn wir erfolgreich sind in dem, was wir tun, das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein, und es könnte eventuell noch nicht mal eine sichtbare Wirkung erzielen, wenn die Menschheit nicht anfängt zu dekarbonisieren und wirklich 180 Grad Drehung zu machen, und einfach endlich aufhören muss, die Ressourcen auszuschlachten und die Umwelt als einen Mülleimer zu betrachten. Denn letztlich, also das ist noch das letzte, was wir zum Beispiel mit der Pflanzenkohle machen, ist ja nichts anderes als Kreislaufwirtschaft. Wir haben die Kohle verbrannt, und das Co2 wird dann in Pflanzen gespeichert durch Fotosynthese, und diese werden wieder zur Kohle und dann zu einem bodenverbessernden Stoff in der Landwirtschaft und gehen wieder zurück in den Kreislauf. Und nur so funktioniert die Erde, weil wir unsere Ressourcen eben nicht steigern können, sondern darin limitiert sind, und das macht die Menschheit immer noch fatal falsch, dass wir eben die Dinge ein, zweimal benutzen und dann auf eine Deponie tun. #00:19:24-0#

Sandra Fleckenstein: Vielen Dank. Ich glaube, das ist total wichtig, dass du genau diese Punkte jetzt gerade nochmal für uns ausgearbeitet und auch so betont hast, und ich sage jetzt einfach mal, wir gehen nicht davon aus, dass das ein Tropfen auf dem heißen Stein ist, weil hier jeder kleine Tropfen ist bei diesem großen Thema total wichtig, und viele kleine Tropfen machen dann letztendlich ja doch auch den Eimer voll und können was bewirken. Du hast es jetzt eben noch mal angesprochen. Du bist ja auch ein bisschen gereist durch deine Forschung, deine Forschungsreisen führten dich nach Namibia, in die Antarktis, hast du gerade erwähnt, und auch in den indischen Ozean. Wie haben denn diese Erfahrungen deine Sicht auf die Umweltauswirkungen beeinflusst und letztendlich auch zu deinem Interesse, ja wahrscheinlich an der Co2 Speicherung durch Pflanzenkohle geführt? Was waren da so die prägendsten oder einprägendsten, erschütterndsten Erlebnisse? #00:20:25-0#

Maria Elena Vorrath: Also, eine Sache ist, der Ozean beträgt 72 Prozent der Erdoberfläche, und der ist im Schnitt vier Kilometer tief. Das heißt, der Ozean ist ein viel, viel größerer Lebensraum als der Lebensraum an Land, und es gibt extrem abgelegene Orte, wie in der Antarktis zum Beispiel, und trotzdem finden wir dort Mikroplastik, und wir finden die Erwärmung der globalen Erwärmung. Also, man misst Temperaturerhöhung, also jeder Winkel dieser Welt und eben auch jeder entlegene Winkel im Ozean ist bereits durch den Menschen geprägt und durch die Klimakrise. Und in Namibia zum Beispiel gibt es alle paar Jahre.... Also dort ist ein fischreiches Gebiet, und die Menschen ernähren sich vor allen Dingen von diesem Fisch, und das ist extrem leergefischt. Und ab und zu alle paar Jahre treten dort Quallenplagen auf, und dann können die nichts anderes fischen als Quallen. In der Antarktis war es so, dass ich mit Wissenschaftlern dort gesprochen haben, die die Temperatur des Ozeans messen, und die sagten: Ja, jedes Jahr wird es ein Stückchen wärmer, und dieses warme Wasser kommt immer früher im Frühjahr, und es geht immer später im Winter, und das steht eben in direkten Kontakt mit dem Eis dort, das heißt, es schmilzt immer schneller ab. Und ich habe während meiner Promotion schon festgestellt, ich mache Grundlagenforschung, aber diese Grundlagenforschung verändert nicht die Zukunft. Ich kann mehr verstehen, aber ich kann keine positive Wirkung erzielen, denn all die Berichte, die es gibt vom Weltklimarat und so weiter, die fassen nur zusammen, was wir wissen. Aber niemand zieht daraus Konsequenzen, auch wenn wir viel versprechen. Aber es tut wirklich niemand was. Es gibt, glaube ich, zwei, drei Länder der Welt, die das überhaupt ernst nehmen und wirklich Klimaneutralität umsetzen. Aber die anderen haben Ausreden, und das verändert sich nicht, und deswegen habe ich eben nach ein paar verschiedenen Projekten dann entschieden, ich möchte an Klima Lösungen arbeiten, das heißt, ich möchte anwendungsbezogen arbeiten und auch an einem Thema, was extrem kontrovers ist und wo die Ölindustrie immer vor der Tür steht und das unterwandern möchte, weil die natürlich ihre Legitimität suchen, weiterhin Kasse zu machen. Und ich denke, da ist es wichtig, dass wir unabhängige Forschungen haben, wie wir sie an den deutschen Unis haben, um eben die Risiken und die Benefits davon abwägen zu können. #00:23:19-8#

Sandra Fleckenstein: Und das so Menschen wie du nach Lösungen forschen, das gibt uns auf jeden Fall ein bisschen Hoffnung. Danke, dass du das nochmal erwähnt hast. Jetzt würde ich gerne so gegen Ende der Sendung nochmal auf einen Punkt zu sprechen kommen. Es geht um Wissenschaftskommunikation, also auch, wie du deine Themen zu den Menschen bringst. Ich habe nämlich erfahren, ein Vöglein hat mir das zu gezwitschert, neben deiner Forschungstätigkeit bis zu eben auch freiberufliche Wissenschaftskommunikatorin. Wie wichtig ist es deiner Meinung nach, diese wissenschaftlichen Erkenntnisse eben auch einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, gerade in Bezug auf den Kampf gegen den Klimawandel. Und wie machst du das? Klammer auf, ich sag mal Science Slam Meisterschaften, Klammer zu! #00:24:21-9#

Maria Elena Vorrath: Ja, seit 2018 bin ich Science Slamerin, und ich hab jetzt schon über 50 Slams gemacht, glaube ich. Ich habe oder ich gebe auch Vorträge darüber, was ist die Klimakrise beziehungsweise damit habe ich 2018 angefangen. Jetzt inzwischen gebe ich eher Vorträge darüber, was ist Climate Engeniering, und auch, das Tolle an der Wissenschaftskommunikation ist. Man hat eben direkt in Kontakt mit Menschen, die komplett keine Ahnung haben und die stellen einem wirklich extrem blöde Fragen, und durch diese blöden Fragen merkt man einfach mal, was man in seiner eigenen Kommunikation falsch macht, was man besser machen muss und was eventuell die Fragen sind, die ich mit meiner Wissenschaft viel eher beantworten sollte. Und das hat mich auch eben dazu bewogen zu sagen, okay, wir haben nicht das Problem, dass wir zu wenig wissen, sondern wir haben das Problem, dass wir nichts tun beziehungsweise nicht genau wissen, was wir tun können, und deswegen finde ich es eben auch toll, an Lösungen zu arbeiten und diese Lösungen zu kommunizieren und gleichzeitig natürlich aufzuklären: Nein, Climate Engeneering ist nicht die große Lösung der Klimakrise, sondern ein Teil des großen Ganzen. Und dieses Science Slams sind auch super toll, weil die mich schon in extrem viele Städte in Deutschland geführt haben. Ich bin noch nie so viel gereist in den letzten Jahren. Ich habe viel kennengelernt, und ich habe dadurch, dass wir mit unserer Pflanzenkohle und so weiter natürlich auch mit den Firmen zusammenarbeiten wollen, habe ich die Eigenschaften erlernt, meine Forschung auf den Punkt zu bringen und den Menschen in zwei, drei Sätzen näher zu bringen. Und das ist extrem wichtig, wenn man zum Beispiel mit Investoren redet oder mit einer Firma, mit der man ein Produkt zusammen entwickeln will. Und das sehe ich, dass es vielen Wissenschaftlern fehlt, diese Eigenschaft, und deswegen kann ich jedem nur empfehlen, einfach mal einen Slam zu machen, zu gucken, wie das ist, und dann noch einen zweiten und dritten, und dann fängt man Feuer und kann nicht mehr aufhören, so wie ich, oder man macht dann vielleicht doch was anderes. #00:26:44-6#

Sandra Fleckenstein: Und für alle, die jetzt den Begriff Slam vielleicht noch nie gehört haben oder sich dann nicht so wirklich was drunter vorstellen können, kannst du noch einmal kurz erklären, was ist denn so ein Slam? Also man kennt das vielleicht so von Poetry Slam, dann reimt sich das irgendwie. Ist das bei deinen Texten auch? Reimen die sich? Bereitest du die vor? Improvisierst du die aus dem Stehgreif? Wie kann ich mir das vorstellen? #00:27:04-4#

Maria Elena Vorrath: Das Tolle ist, man kann alles machen, wirklich alles. Also, ich bekomme zehn Minuten eine Bühne und häufig auch Beamer mit Laptop, und die meisten zeigen dann wirklich eine Powerpoint Präsentation. Aber ich kann auf der Bühne Musik machen, ich kann irgendwas anzünden und knallen lassen, ich kann ein Theaterstück machen, alles mögliche. Ich bin in meinem ersten Science Slam immer mit Gummistiefeln bin ich aufgetreten, und jetzt in meinem zweiten: Was hab ich da... ach, da habe ich gar nichts, aber in meinem zweiten, da geht es darum, dass viele Moleküle auf eine Party gehen und so viel trinken, dass sie dann irgendwann Partnertausch machen. Und genau es geht eben darum, ein wissenschaftliches Thema dem Publikum näherzubringen, gerne auch mit Humor, muss aber nicht, und dass die Menschen eben eine komplexe Sache einfach mal verstanden haben und Spaß dabei haben. Und an einem Abend treten dann so zwischen vier und sechs Slammerinnen auf, und dann gibt es eine Abstimmung, und dann hat irgendwie jemand gewonnen. Aber letztlich ist es viel größere Belohnung, dass, wenn die Menschen sich davon berührt gefühlt haben und am nächsten Tag noch drüber reden. Also, es erleichtert wahnsinnig, den Zugang zu den Menschen, eben Humor zu benutzen. #00:28:32-5#

Sandra Fleckenstein: Und auch so einen künstlerisch kreativen Weg dafür zu wählen, weil wir ja einfach alle wissen, dass gerade Kunst kann Herzen öffnen und dann einfach auch diese ganzen manchmal komplexen wissenschaftlichen Gegebenheiten einfach direkt in die Leute bringen. Großartig! Gibt's da von dir irgendwas im Netz? Ist da irgendwas aufgenommen, wo wir dich vielleicht in den Shownotes oder so verlinken könnten? Oder ist das immer ein live Event? #00:29:05-0#

Maria Elena Vorrath: An sich ja, also, es ist immer live und macht viel Spaß, und ich war jetzt gerade Ende Dezember auf dem Kongress des Communication Clubs und habe dort zwei Vorträge gehalten, einmal darüber, was Climate Engeniering überhaupt ist, und dann einen zweiten, und da habe ich einfach nur meinen Science Slam gemacht, und die beiden Aufnahmen sind ganz gut geworden und kann ich sehr weiter empfehlen. #00:29:31-7#

Sandra Fleckenstein: Dann packen wir die doch einfach in die Shownotes rein, dann könnt ihr euch Elena nicht ganz live, aber doch in Farbe noch mal anschauen, wie sie da so über ihre Themen slamt. Toll! Wir sind leider am Ende der Sendung angekommen. Und zu guter Letzt reisen wir beide jetzt noch mal gemeinsam in deine Vergangenheit, ins Jahr 2011, an die Uni Hamburg, Fachbereich Geologie und Geowissenschaften. Da steht jetzt vor dir die Elena, die gerade anfängt, sich mit diesen wichtigen Themen zu beschäftigen. Was möchtest du deinem jüngeren Ich mit auf den Weg geben? #00:30:16-4#

Maria Elena Vorrath: Dass ich mir von doofen Leuten weniger gefallen lasse. #00:30:19-6#

Sandra Fleckenstein: Jawohl, das lasse ich einfach jetzt so stehen. Ich könnte noch ewig mit dir weiter sprechen, weil das Thema einfach auch so wichtig und so spannend ist. Vielen lieben Dank Elena, dass du dir heute für uns die Zeit genommen hast. Wir drücken dir alle Daumen, die wir haben für deine innovativen Forschungsprojekte und dass du es schaffst, damit einen großen positiven Beitrag im Bereich Umwelt und Nachhaltigkeit zu leisten. Denn wie wir ja wissen, sind jetzt genau solche Innovationen für uns alle von großer Wichtigkeit und auch Dringlichkeit. Und passend zum Thema heute und zu dem Punkt, über den wir vorhin gestolpert sind, mit dem Tropfen und dem heißen Stein, möchte ich gerne mit einem Zitat von Greta Thunberg schließen. "Ich habe gelernt, dass man nie zu klein dafür ist, einen Unterschied zu machen." Wir hören uns am nächsten Forscherinnen Freitag wieder. Bis dahin: Tschüss Elena. #00:31:20-8#

Maria Elena Vorrath: Tschüss! #00:31:21-7#

Intro/ Outro: Wir hoffen, dass euch die Folge gefallen hat. Auf unserer Plattform innovative-Frauen.de findet ihr weitere spannende Inhalte. Schaut auch gerne mal vorbei. Habt ihr Fragen oder Wünsche? Dann schreibt uns an Podcast@innovative-Frauen.de. Ihr findet uns auch bei Instagram, Twitter, YouTube und LinkedIn. Und eine Info zum Schluss für die Transparenz. Die Plattform hast Innovativefrauen wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Rahmen der Förderrichtlinie "Frauen in Wissenschaft, Forschung und Innovation in Leistungen und Potenziale sichtbar machen, Sichtbarkeit strukturell verankern" unter dem Förderkennzeichen 01FP21070 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt liegt beim Kompetenzzentrum Technik, Diversity, Chancengleichheit eV. #00:32:14-9#

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