Nutrigenomik: Jeder Mensch is(s)t anders. Mit Hannelore Daniel

Shownotes

„Wie funktioniert das mit der Ernährung auf der Ebene einzelner Zellen?“ war die Frage, die Prof'in Dr'in Hannelore Daniel antrieb. In ihrer beeindruckenden Karriere in der Wissenschaft hat sie sich vor allem auf die Erforschung von Transportproteinen für Nährstoffe konzentriert. Vor 30 Jahren war es ein bahnbrechender Schritt, die Ernährungsforschung mit der noch jungen Disziplin der Genetik zu verbinden. Hannelore Daniel hat Skepsis und Gegenwind erlebt, aber auch viel Unterstützung durch andere Wissenschaftler*innen erfahren, die ihr den Raum gaben, ihren Ideen nachzugehen. Genau das wünscht sie auch den jungen Menschen, die heute in der Forschung unter hohem Effizienzdruck stehen. Sie steht leidenschaftlich für Interdisziplinarität ein.

Ihre Hartnäckigkeit hat sich ausgezahlt: Ihre Arbeit hat zu grundlegenden Erkenntnissen über die Mechanismen der Nährstoffaufnahme im Darm und ihrer Rückresorption in der Niere geführt.

Das erfahrt ihr in dieser Folge:

  • Wie Ernährung und Genetik zusammenhängen
  • Was Würmer, Froscheier und Kaffeekapseln mit Hannelore Daniels Arbeit zu tun haben
  • Was eine personalisierte Ernährung leisten könnte
  • Wie Kreativität in der Wissenschaft aufblühen kann

➡️ Über unsere Plattform #InnovativeFrauen könnt ihr euch mit Hannelore vernetzen, außerdem ist sie offen für Anfragen als Rednerin, Mentorin und für Medienanfragen: Profil von Prof'in Dr'in Hannelore Daniel

Website von Hannelore Daniel

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Forscherinnen Freitag, der Interview Podcast mit innovativen Frauen aus der Wissenschaft. #00:00:13-9#

Es ist wieder Freitag, aber nicht irgendein Freitag. Herzlich Willkommen zu Forscherinnen Freitag, deinem Interview Podcast von und mit innovativen Frauen aus der Wissenschaft. Mein Name ist Sandra Fleckenstein, und ich bin heute im Gespräch mit einer unglaublich inspirierenden Frau, die das Eis der Ernährungsforschung mit Werkzeugen aus der biochemischen Forschung quasi aufgebrochen hat. Seit über 30 Jahren widmet sie ihre Forschung der Molekular und Zellbiologie, genauer gesagt den Transportproteinen für Nährstoffe. Herzlich Willkommen, Professorin Doktorin Hannelore Daniel! Hallo, schön, dass du da bist. #00:00:56-3#

Ich freue mich, an diesem Gespräch teilhaben zu dürfen und ein bisschen Licht in die molekulare Ernährungsforschung zu senden. #00:01:05-8#

Und wir freuen uns unglaublich, dass du bei uns bist. Um so einen ersten Eindruck von dir zu bekommen, beschreib dich doch bitte mal mit drei Hashtags, also quasi so drei Schlagworte, für die du und auch deine Arbeit stehen. #00:01:20-2#

Kreativ, direkt, mutig! #00:01:25-8#

Das sind auf jeden Fall auch Adjektive, für die dieser Podcast steht. Das hast du eigentlich ziemlich gut zusammengefasst. Da haben wir eine große Schnittmenge. Bevor wir gleich zu deiner Innovation kommen, magst du uns einen kurzen Überblick geben über deine Forschung im Bereich der Ernährungswissenschaften, also mit mit so den wichtigsten Schwerpunkten? #00:01:46-2#

Vom Beginn meiner wissenschaftlichen Laufbahn an habe ich mich mit der Frage beschäftigt, wie das denn wirklich molekular, auf der Ebene einzelner Zellen alles funktioniert mit dieser Ernährung, und ich wurde eben in diese Epoche reingeboren, wenn man so will, wo plötzlich die Genetik uns zur Verfügung stand, und das habe ich sehr früh aufgegriffen. Ich wurde dann sehr schnell auch klassifiziert als verloren für die Disziplin. Die macht ja ganz merkwürdige Sachen, die redet über Gene, die kloniert, die exprimiert, und das ist wirklich das Besondere in meinem ganzen Werdegang, dass ich sozusagen als Spätgeborene dann plötzlich in die Epoche kam, wo Ernährung eben genetisch wurde, und das ist mein Leitbild gewesen. Ich habe über 30, fast 40 Jahre lang eben mich mit bestimmten Proteinen beschäftigt, die in unserem Darm oder auch in unserer Niere tätig sind und die uns einmal die Nährstoffe aus der Nahrung in den Körper hineinbringen oder in der Niere eben versuchen, die guten Nährstoffe zu retten, während man die Abfallstoffe in Anführungsstrichen eben ausschalten muss. Und da hab ich mich drin verloren mit Liebe ja sozusagen die letzte Ecke versucht zu beleuchten. #00:03:12-4#

Das ist total spannend, dass du gleich zu Beginn diesen Punkt ansprichst, weil das höre ich auch immer wieder, gerade von Pionierinnen, wo dann einfach unterschiedliche Disziplinen erstmalig kombiniert werden und dadurch ja was Innovatives entstehen kann, dass man da erst mal beäugt wird oder für komisch angesehen wird. #00:03:34-9#

Absolut, ich hab einige dieser Erlebnisse gehabt. #00:03:37-5#

Dabei ist ja genau das die Pionierarbeit. Ja, lass uns gerne auch gleich die Brücke jetzt zu deiner Innovation schlagen. Wir sind ja quasi schon mitten drin, statt nur dabei. Wie würdest du deine Innovation einem fünfjährigen Kind erklären, also quasi diese komplexen wissenschaftlichen Inhalte mal in leichter Sprache formuliert? #00:03:59-7#

Eigentlich weiß jeder, dass es bestimmte Substanzen gibt. Nehmen wir den Zucker zum Beispiel, den man in der Küche ins Wasser geben kann, und dann löst er sich ganz schnell auf. Wenn man den aber in Salatöl gibt, dann löst er sich nicht auf. Und das gleiche Problem haben wir im Darm, dass wir bestimmte Substanzen, die gut im Wasser löslich sind, wie den Zucker, gar nicht durch ne Fettschicht, die jede einzelne Zelle umgibt, bringen können. Das heißt, wir könnten den Zucker, in dem Fall jetzt zum Beispiel den Traubenzucker, gar nicht aufnehmen, würde es nicht in diesen Zellmembranen Eiweise geben, die genau dafür gemacht sind, diesen Zucker aus dem Wasser sozusagen aufzunehmen, dann durch die Fettschicht zu transportieren und in der Zelle wieder abzugeben. Und auf der anderen Seite der Zelle passiert wieder genau das Gleiche. Und mit diesen Proteinen, mit diesen Eiweißstoffen, die in den Zellmembranen jeder einzelnen Körperzelle drin sitzen und von diesen Eiweißen gibt es Hunderte, gibt es Tausende mit ganz spezifischen Aufgaben. Damit habe ich mich mein Leben lang wissenschaftlich beschäftigt. #00:05:18-8#

Und was genau ist das Innovative daran? Also speziell an deinem Ansatz? #00:05:24-8#

Na, das Innovative war eben, das mit dem Einstieg in die Genetik ein Werkzeugkasten plötzlich zur Verfügung stand, den Ernährungsprozesse bisher gar nicht zur Verfügung hatten. Und das, was ich eben sehr früh dann gemacht habe, ist, mich auf die Suche nach den Genen zu begeben, die die genetische Information für diese Eiweißstoffe beinhalten, die dann in unserer Darm Zelle zum Beispiel für die Aufnahme des Traubenzuckers verantwortlich sind oder für die Aminosäuren, die unsere Nahrungseiweiße, unsere Nahrungsproteine ausmachen. Und das heißt, man suchte im Genom. In der Vergangenheit hat man sozusagen immer nur die Funktion angeschaut, wusste aber gar nicht, was ist das denn im Genom, was dafür verantwortlich ist? Und da kam eben ein Werkzeugkasten, wie ich eben schon sagte, jetzt in die Labore hinein. Das war geradezu spektakulär. Du konntest eben die genetische Information zum Beispiel in die größten Einzelzellen reinstecken, mit einer ganz feinen Kapillare in Frosch Eier. Die Frosch Eier sind als Einzelzellen bis zu Millimeter groß, und unter dem Mikroskop konnte man mit ganz, ganz feinen Kapilaren die genetische Information für diese Transportproteine, für diese Eiweißstoffe reinstecken. Dann hat das Frosch Ei das Eiweiß gemacht und wurde sozusagen wie eine menschliche Darmzelle ausgestattet, und mit entsprechenden Methoden konnte man dann die Funktion dieses menschlichen Proteins, was normalerweise in der Darm Epitel Zelle arbeitet, im Frosch Ei untersuchen, und man konnte ganz genau studieren, was braucht dieses Protein denn alles, damit es richtig funktioniert. Und das hab ich für einige von diesem Proteinen gemacht. Das hat dann lange gedauert, ja, aber war auch toll, weil am Ende ja, wenn du zwei Puzzle Steine gefunden hast, die zusammenpassen, dann ist das das größte Glück für eine Wissenschaftlerin oder für einen Wissenschaftler, und das ist mir beschert worden. Ich habe sehr viele solche Puzzle Steine über diese Dekaden, über Jahrzehnte ja zusammenbringen können. #00:07:52-7#

Hannelore, das klingt so toll und wirklich auch beeindruckend. Du hast jetzt mehrfach diesen Werkzeugkasten erwähnt. Ich habe ihn auch schon anmoderiert. Du hast dich quasi Werkzeugen aus der einen Disziplin bedient und sich für die andere angewendet. Magst du uns da vielleicht auch noch mal ein weiteres Beispiel für geben, was für so ein Werkzeug oder so eine Methode? #00:08:19-3#

Ja, ich würde das verallgemeinern wollen. Ich glaube, dass das für alle jungen Menschen, Frauen, Männer, die in der Wissenschaft ihre Liebe finden, eine ganz entscheidende Empfehlung ist. Schau über den Tellerand! Ja, und das ist mein ganz großes Privileg gewesen. Erstens, dass man mir das erlaubt hat. Ich hatte akademische Ziehmütter und Ziehväter, die gesagt haben: "Lass sie mal machen, sie wird schon irgendwas draus machen". Und das war mein Auftrag, irgendwas draus zu machen, und ich habe das mit Freude gemacht, und ich hatte dann eben das Glück, sehr schnell in ganz andere Disziplinen zu kommen. Ich war in der Physiologie zu Hause, ich war in der Tierphysiologie zu Hause, ich war in der Pharmakologie zu Hause, ich war plötzlich in der Pharmazie zu Hause, in der Biochemie, in der Zellbiologie, und das hat das ermöglicht. Ich war also sozusagen in allen Disziplinen an der Front und durfte damit eben diesen Werkzeugkasten kennenlernen und habe das dann auf meine Fragestellung zurück in die Ernährungsforschung gebracht. Und das zweite Beispiel, was ich zitieren will, jenseits der Frosch Eier und der Identifizierung der entsprechenden Gene im Genom für die Dinge, die mich eben physiologisch interessiert haben. Ich habe dann angefangen, zum Beispiel mit ??? zu arbeiten. Das ist ein ganz kleiner Wurm, Modellorganismus, der insbesondere eben auch in der Neuro Forschung eingesetzt wird, der untersucht wird im Hinblick auf biologische Prozesse rund um Alterung. Da hat man dann gesagt, auch die Daniel spinnt, jetzt fängt die an und macht Forschung an Würmern. Was bitte haben denn Würmer mit Ernährung zu tun? Nun, auch Würmer müssen sich ernähren, und auch Würmer haben in einem Genom ganz viele Gene für solche Proteine, die mich interessierten, und das besondere an diesem Würmchen ist, er ist transparent. Dieses Würmchen ist sehr, sehr gut charakterisiert. Ja, jede einzelne Zelle kennt man, und man kann ganz vieles eben anschauen, auch im Mikroskop, was man bei Menschen oder bei Maus oder Ratte eben nicht anschauen kann. Also ich würde sagen, auch der kleine Wurm war ein mutiger Schritt, der mich einerseits stigmatisiert hat in der eigenen Disziplin. Die beschäftigt sich mit ganz komischen Dingen, und wo ich heute entdecke, es gibt eben in der Ernährungsforschung auch in Deutschland eine ganze Reihe von Arbeitsgruppen, die jetzt an kleinen Würmchen forschen. #00:11:03-2#

Vielen Dank für deine anschauliche Antwort. Du hast das jetzt in mein Gesicht schon gesehen. Es hat mich auf jeden Fall, du hast auch so eine amüsante und unterhaltsame Weise, mir erklärt, und was ich aber auch nochmal rausarbeiten möchte, ist dein Empowerment am Anfang deiner Antwort. Dass wir nicht immer nur in Raketenwissenschaften denken müssen und das Rad neu erfinden müssen. Darum geht es im ersten Schritt gar nicht, sondern es ist ja eigentlich alles schon da, und eine der Hauptaufgaben von Pionierinnen ist es eigentlich ja Dinge zu kombinieren, die bisher noch nicht kombiniert wurden, und das finde ich eine super spannende Message. #00:11:46-0#

Wenn ich dann noch was draufsetzen darf, dann ist das ein bisschen auch eine Kritik an der Jetztzeit und an den Zielen moderner Wissenschaft. Ich habe das eben schon betont. Es braucht diesen Freiraum auch, es braucht diesen Spielplatz, wenn sie so wollen, und wir haben in der Wissenschaft in den letzten Dekaden uns doch enorm zielorientiert aufgestellt. Jede Doktorandin, jeder Doktorand hat irgendwie drei Jahre, vielleicht sogar dreieinhalb, also vier ist schon fast zu viel, und dann soll er noch gleich zwei oder drei wissenschaftliche Publikationen machen. Und das heißt, eigentlich muss man den kreativen Raum extrem einengen, wenn man diese Effizienz in den Vordergrund stellt. Und das wäre mein Plädoyer, gar nicht so sehr an die jungen Menschen, sondern an die alten Menschen, an das Establishment. Gebt den jungen Leuten mehr Freiraum, nehmt diesen extremen Druck raus! Kreativität braucht den Raum und die Zeit, um ertragreich zu sein! #00:12:55-4#

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen von meiner Seite. Lass uns gerne noch mal auf deine Arbeit zurückkommen. Deine Arbeit hat sich auch auf die, ich hoffe, ich spreche das richtig aus, Nutri Genomik und personalisierte Ernährung ausgeweitet. Kannst du uns kurz erläutern, was diese Begriffe bedeuten und wie sie in deiner Forschung Anwendung gefunden haben? #00:13:23-4#

Alle biologischen Systeme müssen sich am Ende ernähren, ob Bakterien, ob Würmer, ob Mäuse, ob Menschen, und diese Anpassung an ganz, ganz unterschiedliche Ernährungs Umwelten bedenken. Der Mensch kann in der Savanne leben, er kann im Regenwald leben, er kann in der Arktis oder Antarktis leben, in ganz unterschiedlichen Ernährungssystemen, und er kann da gar nicht so schlecht leben, und er kann so relativ alt werden. Und Nu ist die Frage, wie kann ein Genom so plastisch sein, dass es extreme Unterschiede in den Ernährungs Umwelten akzeptieren kann, dass es sich anpassen kann? Und das verbirgt sich eben hinter der Nutri Genetik und hinter der Nutri Genomik, wie bestimmte Ernährungsfaktoren sich auf das Genom des Menschen oder des Organismus auswirken. Der passt sich an durch Veränderung der Genexpression, will sagen, was holt er an Genen aus seiner Gen Bibliothek, und welche Proteine werden dann gemacht in Ernährungsumwelt A oder B oder C, und das gehört heute in den Werkzeugkasten, dass wir das mit spektakulären Blick sozusagen auf das Gesamt Genom machen können. Und daraus hat sich dann Anfang der 2000er-Jahre, als auch die Blaupause des menschlichen Genoms publiziert wurde und wo wir alle glaubten: Wahnsinn, jetzt können wir fast alles verstehen und alles erklären. Wie dumm und naiv war man, ich auch ja, weil wir gar nicht perzipieren können, wie komplex und wie verdammt zusammenhängend das alles ist. Daraus hat sich aber eben diese personalisierte Ernährung entwickelt. Ich würde heute sagen, mit einem gewissen Geburtsfehler wurde dieses Feld etabliert, und es gab sehr früh dann auch schon Firmen, die eben diese genetische Dimension der Ernährung an ein paar wenigen Genen festgemacht, untersucht haben bei Leuten. Ich kann ja die DNA ganz leicht aus Schleimhaut Zellen der Mundschleimhaut mit dem Wattestäbchen eben isolieren, kann mir dann eben Gen Varianten von Mensch A oder B oder C anschauen und daraus gewisse Empfehlungen ableiten. Die personalisierte Ernährung gibt es also seit über 20 Jahren, und sie hat immer ein Auf und Ab erlebt, und so richtig hat sie den Durchbruch noch immer nicht geschafft, und das ist auch ein Lehrstück. Ja, wenn wir zurückdenken an Innovation, sozusagen heute im Labor entdeckt und morgen für die Gesellschaft von ganz großer Bedeutung. Nein, so funktioniert es eben nicht. Und das könnte man nach Belieben in viele andere Bereiche treiben. Auch die Kaffeekapsel, die uns heute ja sehr vertraut ist, hat eine Entwicklungsgeschichte von über 25 Jahren, um erfolgreich am Markt zu werden. Also nicht jede Innovation ist tatsächlich morgen für die Welt von großer Bedeutung. #00:16:44-5#

Genau da möchte ich gerne noch mal reingehen. Welche Bedeutung, auch wenn es noch nicht ganz in der Gesellschaft angekommen ist. Aber welche Bedeutung hat denn diese personalisierte Ernährung für uns als Menschen, als Gesellschaft? #00:16:59-1#

Nun, jeder weiß, dass Menschen unterschiedlich sind, obwohl sie zu 99,8 Prozent identisch sind, und diese kleine Varianz im Genom macht eine Sandra Fleckenstein und eine Hanni Daniel aus. So unterschiedlich wie wir sind von Augen- und Haarfarbe, von der Physiognomie insgesamt, sind wir eben auch innen drin, und da geht es eben darum zu verstehen, warum reagieren Menschen unterschiedlich, wenn wir sie mit identischen Diäten füttern? Und umgekehrt können wir, wenn wir Menschen empfehlen, sich so oder so zu ernähren, ihnen was Gutes tun im Sinne von Reduktion von Gesundheitsrisiken? Ja, Menschen wollen natürlich gerne abnehmen und so weiter. Da ist eben die Frage, auf der Ebene dieser Granularität, die wir heute eben mit diesen Techniken, die uns zur Verfügung stehen, den Menschen anbieten können. Ist das am Ende etwas, was wirklich gut für den einzelnen Menschen ist? Menschen wollen individuell angesprochen werden, sie wollen natürlich als Individuen was besonderes sein, was sie auch alle sind. Und da ist eben die Frage, ob die personalisierte Ernährung das am Ende wird liefern können, und ich bin auch da optimistisch, dass es immer weitergeht, dass es das auch weiterhin geben wird. Aber ich glaube, die Schwerpunkte werden sich verändern, weil wir gelernt haben, dass viele dieser biomedizinischen Größen am Ende gar nicht so bedeutend sind für die Empfehlungen, die wir den Menschen geben, wenn sie die umsetzen wollen. Da ist viel wichtiger, wie wir das psychologisch sozusagen angehen, wie wir die Menschen motivieren können, ihren Lebensstil, auch ihren Ernährungsstil entsprechend zu verändern. Da ist nicht nur die Empfehlung, du solltest besser das tun oder das tun, entscheidend, sondern die Hilfe, die wir bieten können, damit das eben auch im Alltag umgesetzt werden kann. Und da kommen dann interessante Entwicklungen dazu, wie die künstliche Intelligenz, die ganz vieles schon erstaunlich gut kann, sodass ich davon ausgehe, dass gerade die künstliche Intelligenz diesen ganzen Sektor der personalisierten Ernährung wirklich revolutionieren wird. #00:19:22-0#

Dann drücken wir beide einfach der personalisierten Ernährung die Daumen für ihren Durchbruch in die Gesellschaft. Wir haben jetzt viel über deine Arbeit, dein Forschungsgebiet gesprochen. Jetzt würde ich gerne noch mal zu dir als Person, als Forscherin zurückkommen. Du warst ja 20 Jahre lang Professorin für Ernährungsphysiologie an der technischen Universität München und Direktorin des Zentralinstituts für Ernährungs- und Lebensmittelforschung am Wissenschaftszentrum Weihenstephan. So, und nun bist du mittlerweile emeritiert und als Freelancerin tätig. Wie sieht dein Arbeitsalltag gerade so aus? #00:20:04-5#

Mein Arbeitsalltag sieht manchmal so aus, wie er früher auch aussah, außer dass ich keine Sekretärin mehr habe, die mir viel, viel abgenommen hat, alles organisiert hat für mich, und dass ich nicht mehr so viel in Hörsälen unterwegs bin, wie ich das tat, und nicht mehr so viele mündliche Prüfungen machen muss, wie ich die machte, und nicht so viele Forschungsberichte schreiben musste, wie ich schrieb, und keine Forschungsanträge mehr stellen muss, wie ich sie stellen musste. So. Aber sonst recherchiere ich, ich schreibe auch wissenschaftliche Publikationen. Ich halte noch sehr, sehr, sehr viele Vorträge, mittlerweile auch auf einer Meta Ebene, wo ich mich manchmal wundere, wie mutig ich war, einen Vortrag anzunehmen zu einem Thema, wo ich noch vor fünf Jahren gesagt hätte, nie kann ich darüber etwas sagen. Heute sage ich ja, warum nicht. Ich habe ja Zeit, mich eben auch in die Literatur einzulesen, zu recherchieren, und das ist ein ganz, ganz großes Privileg, dass ich mich auch mit Themen beschäftigen darf, die aufgrund der Mehrzeit, die ich habe, eben auch für mich bedeuten, lernen, lernen, lernen und zu entdecken, dass es viele andere Bereiche gibt, wo die Welt genauso kompliziert ist und wo es genauso schwierig ist, am Ende zu einer einfachen Antwort zu kommen, die es meistens eben gar nicht gibt. #00:21:32-2#

Danke für deine Einblicke. Ja, du hast sehr viel erreicht in deiner wissenschaftlichen Karriere. Wenn du jetzt mal zurückdenkst an die Hannelore, die 1972 an der Justus Liebig Universität in Gießen angefangen hat, Ernährungswissenschaften zu studieren, was möchtest du ihr gerne mit auf den Weg geben? #00:21:52-3#

Sei mutig, denk nicht daran, was alles passieren könnte! Versuch gar keine Karriereplanung zu machen. Es wird doch anders kommen. Steig ins Boot und fahr los! #00:22:06-4#

Schön also, quasi nach dem Motto: When nothing is sure, everything is possible. Auch im Positiven und gerade im Positiven. #00:22:16-7#

Ich muss sagen, auch viele Dinge, die ich gar nicht selbst entschieden habe, haben sie sich am Ende als extrem bereichernd ergeben, und die Vorstellung, dass man auch eine wissenschaftliche Laufbahn von A bis Z durchplanen und durchdeklinieren kann, ist für mich eine Schreckliche. #00:22:38-5#

In diesem Sinne, wir sind am Ende der Sendung angekommen. Wie immer ist die Zeit gerast. Vielen herzlichen Dank für das aufschlussreiche Interview, danke für deine Eisbrecher Arbeit mit den Fröschen und den Würmern und dass du mit deiner Arbeit andere Forscherinnen inspirierst und vor allen Dingen auch mit deinem Mindset, was glaube ich, in dieser Folge ganz deutlich rausgekommen ist. Alles Gute für dich und weiterhin viel Erfolg und Freude beim Forschen, auch ohne Sekretärin! Du wirst das auch alleine ganz wunderbar meistern. Und euch, liebe ZuhörerInnen, wünsche ich natürlich jetzt auch ganz viel Freude und einen beschwingten Start ins Wochenende. Schwingt gerne auch mal auf unserer Homepage www.Innovative-Frauen.de vorbei, und lasst uns ein paar Sternchen da, wenn euch diese Folge gefallen hat. Bis zum nächsten Forscherinnen Freitag! Tschüss, eure Sandra. #00:23:48-6#

Tschüss. #00:23:48-6#

Tschüss Hannelore. #00:23:48-6#

Wir hoffen, dass euch die Folge gefallen hat. Auf unserer Plattform innovative-Frauen.de findet ihr weitere spannende Inhalte. Schaut auch gerne mal vorbei. Habt ihr Fragen oder Wünsche? Dann schreibt uns an Podcast@innovative-Frauen.de. Ihr findet uns auch bei Instagram, Twitter, YouTube und LinkedIn. Und eine Info zum Schluss für die Transparenz. Die Plattform #InnovativeFrauen wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Rahmen der Förderrichtlinie "Frauen in Wissenschaft, Forschung und Innovation in Leistungen und Potenziale sichtbar machen, Sichtbarkeit strukturell verankern" unter dem Förderkennzeichen 01FP21070 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt liegt beim Kompetenzzentrum Technik, Diversity, Chancengleichheit eV. #00:24:37-8#

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