Erfolgreich promovieren: Über ein Mentoring-Programm für FLINTA* mit Carla Schriever

Shownotes

Prof’in Dr’in Carla Schriever hat einen sehr herausfordernden Promotionsweg hinter sich. Sie fühlte sich als lesbische Frau in einem patriarchal geprägten System wie den Geisteswissenschaften benachteiligt und hätte sich Unterstützung durch ein Mentoring-Programm gewünscht.

Aus ihren eigenen Erfahrungen heraus hat sie mit Fem4Scholar ein eigenes Mentoring Programm entwickelt, das sich speziell an FLINTA-Personen (Frauen, Lesben, Inter, Non-Binary, Trans und agender) richtet, die eine Promotion anstreben. In der neuen Folge #ForscherinnenFreitag spricht sie über die Hürden, mit denen FLINTA*-Personen im wissenschaftlichen Bereich konfrontiert sind. Durch ihr Mentoring-Programm werden Teilnehmende ermutigt, frühzeitig für den Weg in die Wissenschaft zu ebnen und ihre Erfolge miteinander zu teilen, um Hürden abzubauen und sich gegenseitig zu unterstützen.

Darüber sprechen wir in dieser Folge:

  • Warum sie ihr erstes Promotions-Verhältnis aufgekündigt hat und sich eine neue Betreuung gesucht hat.
  • Wie sich Fem4Scholar von anderen Mentoring-Programmen unterscheidet.
  • Welche Herausforderungen es für FLINTA* in der Wissenschaft gibt.
  • Über toxische Atmosphäre unter Frauen in der Wissenschaft.
  • Machtmissbrauch in der Wissenschaft.
  • Welche Schwachstellen bisherige Mentoringprogramme haben.
  • Ab wann Studierende mit einem Mentoring-Programm beginnen können.

➡️ Über unsere Plattform #InnovativeFrauen könnt ihr euch mit Carla vernetzen, außerdem ist sie offen für Anfragen als Rednerin und Mentorin oder für Medienanfragen: Profil von Prof'in Dr'in Carla Schriever

Zum Fem4Scholar Programm

metooscience bietet Betroffenen von sexualisierter Gewalt im wissenschaftlichen Kontext ein Sprachrohr

Fragen oder Anmerkungen? Schreibt uns gerne: podcast@innovative-frauen.de Plattform #InnovativeFrauen Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e. V. Förderrichtlinie „Frauen in Wissenschaft, Forschung und Innovation: Leistungen und Potenziale sichtbar machen, Sichtbarkeit strukturell verankern“

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Transkript #ForscherinnenFreitag mit Prof’in Dr’in Carla Schriever

Intro/ Outro: Forscherinnen Freitag, der Interview Podcast mit innovativen Frauen aus der Wissenschaft. #00:00:13-9#

Sandra Fleckenstein: Hallihallo. Schön, dass du dich reingeklickt hast, in eine neue Folge von Forscherinnenfreitag. Ich bin Sandra Fleckenstein und heute geht es um soziale Ungleichheit und eine wichtige Innovation im Bereich Flinta, meine Gästin hat nämlich ein Mentoring Programm entwickelt, das sich speziell an Frauen, Lesben, Intersexuelle, nicht Binäre, Trans und A Gender Personen richtet, die promovieren möchten. Herzlich Willkommen, Professorin Doktorin Carla Schriever, schön, dass du da bist! #00:00:49-7#

Carla Schriever: Ja, Hallo, vielen Dank für die Einladung. #00:00:52-4#

Sandra Fleckenstein: Ja, sehr gerne! Wir freuen uns, dass du da bist und dir Zeit genommen hast für uns, um so ein bisschen jetzt hier ins Thema reinzukommen. Beschreib dich doch gerne mal mit drei Hashtags! #00:01:03-3#

Carla Schriever: #Gender, #sozialeUngleichheit, #Empowerment. #00:01:11-4#

Sandra Fleckenstein: Das sind natürlich die Begriffe, für die du auch stehst und antrittst. Sag mal, wie bist du auf die Idee gekommen, dass es ein Mentorinnen Programm für Flinta braucht, beziehungsweise hast du vielleicht selbst Erfahrungen gemacht, die dich dazu motiviert haben, das Mentoring Programm Fem for Scolar ins Leben zu rufen? #00:01:30-5#

Carla Schriever: Ja, ich habe einen sehr schwierigen Promotions weg hinter mir, mit sehr vielen herausfordernden Situationen. Vieles davon bin ich überzeugt, dass ich das dadurch, dass ich in einem sehr patriarchal geprägten System wie der Philosophie studiert und auch promoviert habe, dass vieles dadurch im Prinzip ja mit dieser Struktur zusammenhing, dass ich eben als lesbische Frau in diesem Wissenschaftsbetrieb irgendwie keinen Platz hatte und zum Beispiel von meinem damaligen Doktorvater nicht mitgenommen wurde auf Konferenzen oder Kongresse, und als ich ihn mal gefragt habe, warum er das mit seinen männlichen Doktoranten tut und mit mir nicht, hat er dann gesagt: Frau Schriever, machen sie sich doch nicht lächerlich! Wie soll denn das aussehen? Wir beide zusammen, und das war nur eine von den Situationen, wo mir das ganz deutlich wurde. Später war es mir noch daran deutlich, dass ich nicht nur als Frau, sondern auch zu einer Frau promoviert habe beziehungsweise zu einer nicht binären Person, Judith Buttler, und da war ein ganz großes Thema, also das in der Philosophie praktisch Flinta komplett unsichtbar sind und unsichtbar gemacht werden, auch durch den wissenschaftlichen Kanon, und mir einfach, da deutlich immer wieder deutlich gemacht wurde, dass da einfach Ausschlüsse passieren, dass sie nicht nur damit zu tun haben, wer in diesem Fach promoviert oder wer in diesem Fach lehrt, sondern auch, damit wessen Bücher, Theorien überhaupt wahrgenommen und gelesen werden. Und nachdem ich praktisch meine Promotion dann über viele Umwege dann doch zu einem erfolgreichen Ende gebracht habe und an der Humboldt abgeschlossen habe, hatte ich so die Situation, dass ich dachte, ja, ich war erleichtert, aber ich war auch irgendwie frustriert über die ganzen Ausschlüsse und die ganzen Schwierigkeiten, die ich erlebt hatte in den Jahren, und habe gedacht, vieles wäre leichter gewesen, wenn ich bestimmtes Wissen gehabt hätte, wenn ich bestimmte Unterstützung, Skills an die Hand bekommen hätte, um praktisch daran weiterzumachen, anzuknüpfen, und hab immer gedacht, ja, es hätte so ein Mentoring Programm geben müssen, was es damals für GeisteswissenschaftlerInnen nicht gab. Die NaturwissenschaftlerInnen waren da ein bisschen besser aufgestellt. Und ja, und dann habe ich mich entschieden, selber so ein Programm ins Leben zu rufen, weil es das eben nicht gab, und ich dachte mir, auf wen soll ich warten? Und letztendlich habe ich dann mit diesem Programm, was ich ja zum heutigen Zeitpunkt seit fünf Jahren führe, für mich nicht nur ein Traum erfüllt, sondern eben auch mich selber mit meiner Geschichte und dem, was ich erlebt habe, ein Stück weit versöhnt, weil es einfach... wir machen nicht die gleichen Erfahrungen fünfmal, wir werden nicht fünf Mal promovieren, sondern es ist eben dieser eine Weg. Und dann zu sagen, gut, ich habe diesen Weg gehabt, der hatte diese Schwierigkeiten, und ich muss einfach jetzt sozusagen damit leben, dass der Weg, so schwierig gewesen ist. Und das ist wirklich für mich etwas, wo ich was Neues immer wieder daraus lerne und es immer wieder so, ja mich sehr glücklich macht und sehr heilsam für mich ist, andere Flinta Personen durch diesen Prozess zu begleiten und sie zu unterstützen und sie mit dem Wissen zu versorgen und ihnen die Skills an die Hand zu geben, um sie bestmöglich auszustatten für diesen Weg. #00:04:57-9#

Sandra Fleckenstein: Vielen Dank erstmal für diese persönlichen Einblicke, auch was deine persönlichen Herausforderungen angeht, und wenn ich das so zusammenfassend sagen kann, gab es die nicht nur auf der Verhaltensebene, also auf der zwischenmenschlichen Ebene, sondern tatsächlich auch auf der inhaltlichen Ebene, was die Forschungsthemen angeht, kurze Zwischenfrage. Durftest du dann über Judith Butler promovieren, oder musstest du das Thema sogar switchen? #00:05:26-9#

Carla Schriever: Nein, ich durfte letztendlich zu Judith Buttler promovieren. Mein ehemaliger Doktorvater hatte mir davon abgeraten, hatte mir gesagt, dies sei ein Trent und ich sollte stattdessen über Hegel schreiben. Das habe ich dann nicht getan und habe stattdessen ja das Promotions-Verhältnis aufgekündigt und habe mir an einem anderen Ort, also an der Humboldt, dann in Berlin, eine Unterstützung, eine Betreuung gesucht, bei der ich das dann realisieren durfte. #00:05:51-9#

Sandra Fleckenstein: Und das finde ich total inspirierend, dass du dich dann nicht von deinem Weg hast abbringen lassen, sondern quasi einfach die Umstände dann geändert hast, dass du deinem Weg treu bleiben konntest. Toll! Und jetzt kommen wir natürlich wieder auf das Mentoring Programm, dass du sagst, okay, ich habe da Dinge erfahren, ich habe da Dinge aufgedeckt, die so nicht sein sollten, und dass du deinen Einflussbereich, den du hast, quasi dann angefangen hast zu nutzen. Wir haben jetzt über deine persönlichen Erfahrungen gesprochen. Was würdest du denn sagen, wo liegen denn so die Hürden für Flinta Personen im wissenschaftlichen Bereich, gerade im Promotionsprozess? Fallen dir da noch mehr Beispiele ein, was du so mitbekommst? #00:06:35-2#

Carla Schriever: Ja, also zum einen ist natürlich die Promotionsphase eine sehr vulnerable Phase für sehr viele Menschen, also nicht nur für Flinta, aber für Flinta nochmal im besonderen, weil zum einen eben in vielen Bereichen finde Flinta Personen immer noch extrem unterrepräsentiert sind, gerade unter den Lehrenden oder in den leitenden Funktionen, in den Professuren, aber auch in der Universitätsleitungsebene beispielsweise, da eben immer noch sehr, sehr viele Lücken sind und gleichzeitig Flinta Personen auch in der Regel stärker in Care-Arbeit eingebunden sind und dadurch einfach während der Promotionsphase nicht nur diese klassischen, schwierigen Situationen auftreten, die einfach mit der Prekarität des Systems zu tun haben, also damit, dass einfach die Stellen schlecht bezahlt sind, die Zeiten zu kurz sind und die Befristung Druck machen, sondern eben auch, was damit zu tun hat, dass im Prinzip Flinta Personen da noch nochmal von der doppel oder sogar dreifach Belastungen, je nachdem, wenn sie dann zum Beispiel auch Poc oder schwarz positioniert sind, haben sie noch mal ganz andere Herausforderungen oder wenn sie eben beeinträchtigt sind, psychischer oder körperlicher Form. Da kommen einfach so viele Diskriminierungsformen zusammen, die da einfach unglaublich viel Druck machen und auch einfach nochmal zu vielfachen Ausschluss führen, der zum einen, ich glaube schon, Universitäten und Hochschulen auch bewusst ist, aber an vielen Stellen einfach immer noch viel zu wenig passiert. Und gleichzeitig sind Flinta Personen auch einfach nochmal ganz anders von Machtmissbrauch von ProfessorInnen beispielsweise betroffen. Das haben ja jetzt erst kürzlich zwei ehemalige Doktorandinnen der Universität Köln aufgedeckt und einen großen Bericht im ZDF drüber gebracht, dass da praktisch, wie viel Machtmissbrauch die Universitäten beziehungsweise die ProfessorInnen und die Lehrenden dort ausüben, in unterschiedlicher Weise, und das, als, glaube ich, nochmal, ganz, ganz große Hürden und auch was ich erlebe in meinem Mentoring, also Personen, die mir wirklich die skurrilsten Dinge erzählen, und vieles wird einfach unglaublich normalisiert. Also, ich hatte die Situation vor zwei Monaten ungefähr da hatte ich eine Teilnehmerin in der Beratung, die zu mir sagte, ja, also, aktuell bin ich ein bisschen gestresst mit der Doktorarbeit, aber ich komme nicht richtig gut voran, weil ich aktuell seit über drei Wochen bei meinem Doktorvater zuhause für ihn koche, und als ich sie dann gefragt habe, warum sie das tut, hat sie gesagt, seine Frau ist im Krankenhaus, und er hat ja sonst niemanden, und das ging natürlich auf seine Anfrage sozusagen zurück. Also, es war so, dass er direkt auf sie zugekommen ist, sie angesprochen und gefragt hat, und sie sagte, dass das ja kein Problem sei, sie würde ja kochen, und sie könnte dann einfach ihm auch Sachen bringen. Das wäre also, sie hat wirklich eine Stunde gebraucht im Gespräch, um herauszufinden, wo da eigentlich das Problem liegt und da die Promotion so eine vulnerable Phase ist und viele Menschen eben nicht nur mit ihrem Job sozusagen... Also, es geht nicht nur um einen Job, wo dann Menschen sagen, ja, warum lässt du dir das alles gefallen? Such dir was anderes. Es ist sehr schwierig in der Wissenschaft, immer noch sehr schwierig und für Flinta noch schwieriger, überhaupt Positionen zu bekommen. Und dann hängen Personen wirklich mit ihrer Existenz, mit ihrer finanziellen Existenz, mit ihrer inhaltlichen Existenz, mit ihrer Positionierung als WissenschaftlerIn an einer Person. Gerade auch die, die am Lehrstuhl arbeiten, dann ja nochmal in einer doppelten, dreifachen Funktion, und die, die nicht am Lehrstuhl arbeiten, also die externe Promovierende sind auch nochmal in einer anderen Form, weil die einfach komplett unsichtbar gemacht werden und auch ihre Belange und Bedürfnisse komplett hinten runterfallen, weil sie im Prinzip ja noch nicht mehr so richtig als Mitglieder der Universitäten gesehen werden, wenn sie zum Beispiel über ein Stipendium oder nebenberuflich promovieren. #00:10:56-2#

Sandra Fleckenstein: Danke, dass du uns auch da jetzt nochmal so ein konkretes Beispiel an die Hand gegeben hast. Ich könnte mir vorstellen, dass dir natürlich Beispiele begegnen, dann in diesen Gesprächen, die unglaublich sind. Eigentlich hast du jetzt schon meine nächste Frage mit beantwortet, wenn wir im Bereich eben der Diskriminierungsformen jetzt sind. Ich wollte dich eigentlich fragen, warum es ebenso wichtig ist, ausgerechnet Frauen zu empowern. Aber das hast du jetzt quasi schon mit beantwortet. Stichwort, natürlich, Machtmissbrauch, war da ja auch in diesem Beispiel mit drin, und vorhin hast du ja auch das Thema Care-Arbeit angeschnitten. Fallen dir noch Gründe ein, warum es so wichtig ist, gerade da eben auch Frauen zu unterstützen? #00:11:44-3#

Carla Schriever: Ja, ich möchte dann noch mal auf ein Zitat hinweisen. Also wenn wir Frauen unterminieren beziehungsweise nicht auf die Position lassen, auf die sie gehören, verzichten wir einfach auf die Brillanz der Hälfte aller Gehirne oder mehr als der Hälfte aller Gehirne, und das geht einfach gar nicht klar. Also da frage ich mich auch immer, wie das eigentlich logisch, irgendwie sinnvoll sein sollte, also für Forschung, für Innovation, für alles, was irgendwie so ist in der Welt und alles, was wir so erreichen wollen. Und zum anderen muss ich einfach sagen, ich habe viele Programme erlebt, die den Fokus hatten, Frauen zu fördern, und ich muss sagen, vieles davon ist natürlich wichtig, dass es das alles gibt, aber vielfach greifen Dinge nicht weit genug. Also es greift vieles einfach nicht weit genug und ist nicht die Unterstützung, die ja angehende Professoren zum Beispiel auch brauchen. Ich kann dazu noch mal ein Beispiel geben. Ich hatte die Situation. Zum einen ist es zum Beispiel so, dass viele Mentoring Programme für Promovierende erst mit dem abgeschlossenen Master anfangen. Dabei kann ich aus meiner eigenen Geschichte sagen und auch aus der vieler Personen, die ich kennengelernt habe, dass das Interesse, Wissenschaftlerin zu werden, für viele schon im Bachelor beginnt und dass vieles, was sozusagen Skills sind oder was Informationen sind, was Hintergrundwissen ist, was ich brauche, um diesen Weg gut zu gehen, dass das eben was ist, was ich im Prinzip schon viel früher eigentlich angehen müsste und viel früher sozusagen schon anfangen müsste damit, um wirklich zu sagen, ja, ich kann jetzt diesen Weg strukturiert gehen, und da ist wirklich ja immer noch sehr viel Platz nach oben, weil diese Programme oftmals eben erst mit dem Masterabschluss anfangen, was viel zu spät ist, weil will ich mich zum Beispiel auf ein Stipendium bewerben und weiß dann erst: Mist ich hätte aber jetzt irgendwie noch ehrenamtlich irgendwie tätig sein müssen, so und so lange, um überhaupt einen Anspruch haben zu können, und habe mich aber immer nur aufs Studium konzentriert, weil es ja viele Leute gibt, gerade die einfach ja Wissenschaft lieben und dann im Prinzip ja ihre ganze Zeit dafür geben und opfern und alles und das gar nicht im Blick haben. Und so eine Information zum Beispiel kommt Ende des Masters einfach viel zu spät. Und ich hatte aus meiner eigenen Geschichte nochmal zum Thema Frauenförderung nochmal eine Situation, wo ich selber jetzt auf dem Weg sozusagen zur Professur an einem spezifisch für Professorinnen konzipierten Mentoring Programm teilgenommen habe, also für angehende ProfessorInnen. Wir waren zu dem Zeitpunkt noch keine. War die Situation die, dass ich an einem dazugehörigen Berufungs Workshop teilgenommen hatte, und er war zweitägig, und an dem ersten Tag abends habe ich mündlich praktisch am Telefon die Zusage für die Professur erhalten, den Ruf erhalten und war dann ein bisschen total perplex, weil ich damit gar nicht gerechnet hatte und das einfach zeitlich auch irgendwie noch sehr, sehr früh war. Und ja, und hab dann tatsächlich der Coachin von dem Berufungsverfahren gesagt, ich komme morgen nicht. Tut mir leid, ich bin gerade völlig neben der Spur so, ich muss mich erst mal akklimatisieren. Ich hatte ihr geschrieben, dass ich meinte, du hast einen tollen Workshop geleitet. Ich bin direkt berufen worden, natürlich so als Scherz, und sie hat darüber überhaupt nicht reagiert. Und von einer anderen Kollegin von mir, die daran teilgenommen hat, weiterhin am nächsten Tag habe ich nur gehört, dass sie dann sagte, ja, manche Leute haben es ja nicht mehr nötig zu kommen. Das war dann ihr Kommentar. Und wo ich so dachte, was ist das für eine toxische Atmosphäre unter Frauen, die Frauen fördern wollen, so damit umzugehen? Es war mir völlig schleierhaft, wie so damit umgegangen werden kann, und ich sehe da einfach noch großes Entwicklungspotenzial. #00:15:50-6#

Sandra Fleckenstein: Das heißt, du hast quasi Schwachstellen in vorhandenen Mentoring Programmen identifiziert, aufgedeckt, selbst erfahren und hast dir dann überlegt, okay, wie kann ich das anders machen, oder wie könnte man das anders machen? Jetzt kommen wir natürlich direkt zu deiner Innovation und so einführend meine Frage an dich, wie würdest du deine Innovation denn einem fünfjährigen Kind erklären? #00:16:16-6#

Carla Schriever: Ähm, also, ich würde es so erklären, dass ich sage, hör zu, es gibt Frauen, die möchten gerne auch in der Wissenschaft was machen und möchten auch teilnehmen daran. Und es ist aber so, dass es viele Männer gibt, die das nicht möchten, dass die Frauen das machen, und deshalb unterstütze ich die Frauen darin, ihren Traum zu leben. #00:16:44-8#

Sandra Fleckenstein: Sehr gut, und jetzt natürlich automatisch die nächste Frage. Wie machst du das? Also wie läuft dieses Mentoring Programm ab? Was ist das Besondere daran? #00:16:54-5#

Carla Schriever: Also, das Mentoring Programm ist zum einen sehr besonders, weil es inzwischen also nicht erst seit Corona, sondern schon vorher, digital ist. Es ist also zugänglich für Menschen aus ganz Deutschland, Österreich, aus der Schweiz sind dabei, und ich habe die Situation gehabt, ich habe standortbezogen gearbeitet, die ersten Jahre und Gruppen an Standorten geleitet, und es ist mir aufgegangen, wie groß eigentlich dieses Thema ist und wie viele Menschen eigentlich diese Unterstützung brauchen, und dass ich halt nicht überall sein kann, und dass ich dann entschieden habe, dass uns das mal digital machen, was natürlich auch ermöglicht, gerade Menschen, die in Care-Arbeit eingebunden sind oder in andere Erwerbsarbeit eingebunden sind, dann sich alle zwei Wochen mal abends zu treffen, ist in der Regel für alle machbar, und wir machen es auch so, dass wir zum Beispiel auch die Sitzungen aufzeichnen, um dann eben zu ermöglichen, dass Leute das auch nachholen können. Auch weil es zum Beispiel Themen gibt, die vielleicht nicht für alle jetzt schon so relevant sind, sondern erst vielleicht später wirklich wichtig werden. Und ich hab das Mentoring so aufgebaut, dass es aus spezifischen Grundmodulen besteht. Da geht es dann um so Themen wie, was ist überhaupt eine Promotion, wie kann ich sowas angehen, was brauche ich dafür, also von den Grundvoraussetzungen her, aber auch, welche Skills brauche ich dafür? Da gibt es dann entsprechende Workshops dazu. Dann haben wir was zum Thema Publizieren. Da geht es dann einfach um solche Sachen: Wie baue ich eine Publikation, wo kann ich überhaupt hin, und wie funktioniert das genauso mit Konferenzen? Wie finde ich Papers für mein Thema? Wie finde ich die Möglichkeit, mich einzubringen. Ich ermutige die TeilnehmerInnen wirklich immer, sich wirklich auch schon früh selber einzubringen und ihre Sachen, Papers zum Beispiel, früh zu bearbeiten und Vorträge einzureichen, um das einfach auch zu erleben und das auch üben zu können, weil es auch total wichtig ist, damit auch Hürden abzubauen und sich gegenseitig zu unterstützen. Und es ist wirklich so, dass ich auch meine TeilnehmerInnen wirklich supporte darin, ihre unterschiedlichen kleinen und großen Erfolge miteinander zu feiern und auch solche Dinge, wenn dann Personen Stellen bekommen haben, wenn sie Vorträge gehalten haben, wenn sie irgendwas veröffentlicht haben, das eben miteinander zu teilen in einer gemeinsamen Social media Gruppe, um dann eben zu sagen, hier, das sind alles Sachen, die uns ausmachen, und dadurch ist es eben auch für Einzelpersonen denkbarer und möglicher zu machen, zu sagen, ja, guck mal die Anna, die kenne ich jetzt schon ein Jahr, und die hat das geschafft, dann schaffe ich das auch. Also diese Hürden wegzunehmen von ich jetzt als Professorin da einzugehen und zu sagen, ja, ich weiß, ihr könnt das schaffen, weil ich das auch geschafft habe. Aber ich bin schon ganzes End weiter entfernt, und das merke ich auch immer wieder, weil die da nochmal viel mehr von profitieren, auch von diesen untereinander und miteinander, und das ist ne ganz große Qualität, und ne große Qualität ist auch das seit zwei Jahren, bis auf wirklich die Grundlagen, Basics, die TeilnehmerInnen selber Themen vorschlagen können für das Mentoring, die ich dann für sie vorbereite, oder wo ich dann externe Referentinnen ein einlade, die dann dazu sprechen können. Wenn ich jetzt denke, ich kann dazu gar nicht sagen, und dass das praktisch eine, ja auch eine Chance ist, da nochmal wirklich an der konkreten Weiterentwicklung zu arbeiten, und eben bringen die auch Themen ein, die ich jetzt gar nicht so auf den Zettel hatte, aber die natürlich auch super wichtig und spannend sind, und da hat sich das Mentoring selber auch schon sehr viel durch weiterentwickelt. #00:21:00-1#

Sandra Fleckenstein: Also, du hast quasi ein sehr umfangreiches, umfassendes Mentoring Programm entwickelt, was nicht nur über Wissen können, Vermittlung funktioniert, sondern, wenn ich das jetzt richtig rausgehört habe, insbesondere auch über diese integrativen Teile der Mentoring TeilnehmerInnen und vor allen Dingen auch, und das habe ich jetzt rausgehört, das ist so das Besondere, dieses sich gegenseitig unterstützende und diese Erfolg zusammen zu feiern und sich gegenseitig zu empowern, das klingt ganz fantastisch. Welche Tipps oder Ratschläge würdest du denn Flinta Studierenden geben, die jetzt eine Promotion anstreben oder sich in der wissenschaftlichen Welt weiterentwickeln möchten, ganz konkret? #00:21:46-4#

Carla Schriever: Ja, also die, die jetzt wirklich konkret schon die Promotion anstreben können, den würde ich auf jeden Fall dazu raten, den Mut, sich zusammenzunehmen und selbstständig hinzugehen und betreffende ProfessorInnen anzusprechen und zu sagen, ich würde gerne promovieren. Wie sieht das denn aus? Weil ich oftmals die Erfahrung gemacht habe, dass besonders Flinta Personen davor zurückschrecken oder so Mythen glauben. Wie, wenn ich nicht gefragt werde, dann kann ich nicht promovieren, oder ich muss darauf warten, dass jetzt jemand kommt und sagt, wie wär's, sondern wirklich den eigenen Mut aufzubringen und zu sagen, ich gehe jetzt mal dahin und frage das mal an, oder ich schreib mal eine E-Mail dahin und teste mal, wie die Situation ist, und das ist, das ist wirklich ein wesentlicher Punkt, was ich empfehlen würde, auch so frühzeitig wie möglich zu informieren, immer wieder zu fragen, sich niemals abschrecken zu lassen, sich niemals was sagen zu lassen, wie es ist, zu früh über eine Promotion nachzudenken, es ist zu früh, über eine Professur nachzudenken, alles, was ich dazu sagen kann, es ist eigentlich leider in vielen Punkten eher. Es ist schon ein bisschen spät, dass es eigentlich oftmals eher das Problem, weil, wie ich gerade gesagt hatte, mit den Stipendien dann zum Beispiel bestimmte Grundlagen, Voraussetzungen einfach fehlen oder es dann relativ schwer ist, die dann nachzuholen oder noch irgendwie zu integrieren in den eigenen Lebenslauf. #00:23:16-3#

Sandra Fleckenstein: Und man kann sich natürlich ja auch Unterstützung suchen, Frau in diesem Fall, und wie kommt man bei dir in das Mentoring Programm rein? Gibt's dann Bewerbungsverfahren? Wie läuft es? #00:23:30-0#

Carla Schriever: Also bei mir ist es ganz wichtig, dass es kein Bewerbungsverfahren gibt. Also, das war auch was, was mich an bestehenden Mentoring Projekten immer gestört hat, weil es geht mir wirklich um die Niedrigschwelligkeit. Ich bin nicht die Person, die irgendwie Personen bewertet. Ich möchte den niedrigschwellig Zugang zu Informationen geben und ihnen ermöglichen, daran zu partizipieren, unabhängig davon auch wo sie sich im Studium befinden oder ob sie schon promovieren. Und dafür ist es eben wichtig gewesen, dass ich das in dieser Form aufgebaut habe. Ich habe es immer so gehandhabt. Ich habe jetzt gerade so eine Phase, wo ich das Mentoring Programm ein bisschen umstrukturiere, weil die Situation sich ergeben hat, dass ich das ja bisher hauptsächlich für GeisteswissenschaftlerInnen angeboten habe und ich natürlich immer von NaturwissenschaftlerInnen gefragt werde und gesagt wird, ja, aber bei uns gibt es auch nicht genug, oder ich komme nicht darein, weil ich bin eben noch im Studium, und dann ist das eben auch erst ab Abschluss oder wie auch immer, und ich hab ja ganz im Sinne von Empowerment mich jetzt entschieden, im nächsten Jahr gemeinsam mit meiner Kollegin, Proffesorin Betty Hartmann, die Physikerin ist, das Mentoring zusammen aufzuziehen, also auch in einer digitalen Form, und da dann eben auch TeilnehmerInnen aufzunehmen aus den Naturwissenschaften, und wir werden uns das dann. Bei den Aspekten, die dann wirklich sehr unterschiedlich sind, werden wir uns die Gruppe dann aufteilen, und ich denke, das wird nochmal eine sehr, sehr spannende Erfahrung werden, und da wird es in Kürze auch Informationen entweder über Facebook oder über Instagram den jeweiligen Fem for Scolar Account zu geben, oder dann eben auch mit Verweis auf eine Website, wo man sich dann anmelden kann. #00:25:14-1#

Sandra Fleckenstein: Also Fem for Scolar wird wachsen, das finden wir gut, und weiterführende Links packen wir euch natürlich hier auch in die Shownotes rein. Karla, wir sind leider schon am Ende der Sendung angekommen. Ich habe so viele Fragen noch, weil das so ein spannendes Thema ist. Wenn du jetzt aus heutiger Sicht zurück schaust auf die Kala, die gerade in Oldenburg angefangen hat zu studieren, welchen Rat möchtest du dieser Karla für die kommenden Jahre damit auf den Weg geben? #00:25:47-7#

Carla SchrieVer: Zieh durch, du bist auf dem richtigen Weg! #00:25:49-4#

Sandra Fleckenstein: Das ist auf jeden Fall sehr empowernd, und normalerweise würde jetzt eine Abmoderation von mir kommen, aber weil wir dieses Thema so wichtig finden, möchte ich gerne dir, liebe Karla, das Schlusswort heute überlassen. Danke für deine Zeit und deine wichtige Arbeit, ganz viel Erfolg weiterhin für Fem for Scolar, dass ihr, wie du es eben schon an visioniert hast, weiter wachst und möglichst vielen Frauen da Unterstützung einfach bieten könnt. Ja, jetzt kannst du unsere ZuhörerInnen noch mal sensibilisieren und loswerden, was du schon immer mal sagen wolltest. #00:26:36-2#

Carla Schriever: Ja, erst mal vielen Dank für die Einladung und vielen Dank nochmal für die Möglichkeit des Schlusswortes. Also an alle, die da draußen sind und zugehört haben, die gerne promovieren möchten, die auf dem Weg sind. Da kann ich nur euch raten, lasst euch nicht abschrecken, sucht euch eine Community, tauscht euch aus, sucht nach denen Menschen, die eure Themen feiern und die euch auf eurem Weg unterstützen wollen. Und zu allen, die schon promovieren und gerade eine harte Zeit haben, auch an euch, sucht euch eine Community, sucht euch Unterstützung, erzählt eure Geschichten besonders dann, wenn ihr von Machtmissbrauch betroffen seid. Vernetzt euch mit der Community, mit Me too Science zum Beispiel, die das gegründet haben, um über Machtmissbrauch in der Wissenschaft zu sprechen. Schweigt nicht weiter darüber. Es betrifft so viele, ihr seid nicht alleine. Und an alle ProfessorInnen der draußen, die zugehört haben! Ich wünsche mir, dass wir auch zusammenstehen und angehende Promovierende unterstützen, ihnen helfen, ihre Themen und ihre Ideen in die Welt zu bringen. Vielen Dank. #00:27:46-1#

Sandra Fleckenstein: Danke dir Carla. #00:27:47-5#

Intro/ Outro: Wir hoffen, dass euch die Folge gefallen hat. Auf unserer Plattform innovative-Frauen.de findet ihr weitere spannende Inhalte. Schaut auch gerne mal vorbei. Habt ihr Fragen oder Wünsche? Dann schreibt uns an Podcast@innovative-Frauen.de. Ihr findet uns auch bei Instagram, Twitter, YouTube und LinkedIn. Und eine Info zum Schluss für die Transparenz. Die Plattform innovative Frauen wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Rahmen der Förderrichtlinie Frauen in Wissenschaft, Forschung und Innovation Leistungen und Potenziale sichtbar machen, Sichtbarkeit, strukturell Verankern unter dem Förderkennzeichen 01FP21070 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt liegt beim Kompetenzzentrum Technik, Diversity, Chancengleichheit ev. #00:28:40-7#

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