Sondermaschinenbau: Wie Tabletten in die Packung kommen und promovieren mit Familie mit Sabine Jeromin

Shownotes

Mit dieser Folge #ForscherinnenFreitag starten wir in die vierte Staffel und haben wieder spannende Forscherinnen für euch im Gepäck! Den Anfang macht Dr’in Sabine Jeromin. Sie ist Buisness Process Managerin bei Körber Pharma Packaging und erklärt uns heute, wie das Iboprofen in die Packung kommt. Sie hat eine innovative Übersetzungsmatrix und ein Kofigurationstool entwickelt, mit dem Prozesse deutlich vereinfacht werden. Was das genau bedeutet, erklärt sie anschaulich am Beispiel der bekannten, bunten Klemmbausteine.

Wir sprechen mit ihr über die Zukunft im Hinblick auf die Digitalisierung im Sondermaschinenbau und warum sie sich für die Förderung von Frauen in technischen Berufen engagiert.

Sabine leitet die AG Kind und Karriere bei FemTech und hat bereits während der Promotion eine Familie gegründet. Wie sie den Herausforderungen dabei begegnet ist und welche Tipps sie für die Promotion mit Kind hat, erfahrt ihr in dieser Folge!

➡️ Über unsere Plattform #InnovativeFrauen könnt ihr euch mit Sabine vernetzen, außerdem ist sie offen für Anfragen als Rednerin und Mentorin: Profil von Dr'in Sabine Jeromin
➡️ Körber Pharma Packaging:
➡️ Sabines Dissertation
➡️ Viel Inspiration und Mut hat sie hier bekommen

Fragen oder Anmerkungen? Schreibt uns gerne: podcast@innovative-frauen.de Plattform #InnovativeFrauen Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e. V. Förderrichtlinie „Frauen in Wissenschaft, Forschung und Innovation: Leistungen und Potenziale sichtbar machen, Sichtbarkeit strukturell verankern“

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Transcript

Sandra Fleckenstein: Forscherinnen Freitag, der Interview Podcast mit innovativen Frauen aus der Wissenschaft. Hallo und herzlich Willkommen zu einer neuen Folge von Forscherinnen Freitag! Mein Name ist Sandra Fleckenstein, und ich habe heute eine besondere Gästin im Interview zu einem besonderen Thema aus dem Bereich Sondermaschinen. Sie ist Business Process Managerin bei Körber Pharma Packaging. Dort hat sie eine innovative Übersetzungsmatrix und ein Konfigurationstool entwickelt. Was es damit auf sich hat, was sie antreibt und wie sie sich für die Vereinbarkeit von Kind und Karriere einsetzt, das werde ich sie heute natürlich für euch fragen. Schön, dass du da bist, Doktorin Sabine Jeromin. Hallo, herzlich Willkommen!

Sabine Jeromin: Hallo, Sandra, schön, dass ich bei euch sein kann.

Sandra Fleckenstein: Ja, wir freuen uns sehr, heute im Gespräch mit dir zu sein, und bevor wir jetzt thematisch einsteigen, habe ich erst mal eine kleine bitte an dich, so als Einstieg, dass wir direkt schon so ein bisschen was über dich erfahren. Magst du dich für uns mal bitte in drei Hashtags beschreiben.

Sabine Jeromin: In drei Hashtags. Ich bin promovierte Ingenieurin, komme aus der Entwicklung beziehungsweise aus dem Sondermaschinenbau, bin verheiratet, habe zwei Kinder, die sind sieben und zehn Jahre alt und brenne im Endeffekt für die Technik und auch für die Nachwuchsförderung und Frauenförderung in der Technik und engagiere mich da vielfältig.

Sandra Fleckenstein: Da werden wir auf jeden Fall jetzt noch genauer drüber sprechen. Du hast uns direkt schon ein Stichwort geliefert. Ich habe es auch in der Anmoderation schon genannt. Du bist im Bereich Sondermaschinen. Ich weiß jetzt nicht, ob sich jeder oder jede direkt was drunter vorstellen kann. Kannst du uns einmal ganz kurz sagen, was sind Sonder Maschinen, was ist der Sondermaschinenbau?

Sabine Jeromin: Im Endeffekt ist es da am einfachsten, ich erkläre, was für Maschinen wir bauen, und zwar kennt die Art von Maschine oder das Produkt, was unsere Maschinen produzieren, kennen die meisten Leute aus dem Alltag, weil unsere Maschinen stellen Tablettenverpackungen her. Das heißt, man geht in Schrank in der Apotheke, holt sich eine Ibuprofen Packung. Diese Tabletten müssen ja irgendwie in diese Packung reinkommen, und auch der Blister, so nennt sich diese Aluverpackung, dann in den Karton, und unsere Maschinen nehmen Folie, nehmen die Tabletten, stellen erst mal die Blister her, verpacken diese Tabletten in diese Blister rein, und eine Nachfolge Maschine, die wir auch herstellen, verpackt die Blister, stapelt die und führt ihr dann mit dem Booklet oder mit dem Prospekt, was auch immer da dazu soll, in den Karton ein, verschließen den Karton, so dass am Schluss die fertige Tablettenpackung hinten rausfällt, die man so aus dem Alltag kennt. Und Sondermaschinenbau deswegen: Zu uns kommen die Kunden, die eben sagen, okay, sie haben diese Tabletten Sorte, da sollen 5 bis 15 Tabletten in einer gewissen Anordnung in diese Packungen rein. Sie hätten gerne diese Folie, es soll noch die Bedruckung drauf oder die Perforation, und es sollen meinetwegen drei Tabletten Packungen, also drei Blister übereinander, dann in den Karton eingeschoben werden, und die Maschinen, die wir herstellen, erlauben dann quasi diesen Prozess. Das heißt, die werden für den Kunden konfektioniert und für den Kunden dann eben ausgesucht, was derjenige so braucht.

Sandra Fleckenstein: Da hast du mir auch schon direkt das nächste Stichwort rüber geworfen: Prozess. Also, du arbeitest ja als Business Process Managerin. Kannst du uns mal so einen kurzen Überblick darüber geben, wie deine Arbeit so aussieht, was du da so machst?

Sabine Jeromin: Ähm, sie ist sehr vielfältig. Also, ich schaue mir zum einen an, wie durchläuft so ein Auftragsprozess das Haus, also angefangen von, der Kunde spricht mit einem Vertreter: "Ich möchte eine Maschine haben", zu: Der Auftrag kommt ins Haus, der wird irgendwie bearbeitet. Es werden Angebote geschrieben. Das Ganze geht irgendwann mal an die Entwicklung. Die Entwicklung bearbeitet den Auftrag, konstruiert da der Sondermaschinenbau, vielleicht auch noch Sachen dazu, die nur diese eine Kunde haben möchte. Dann geht es weiter, eben über den Einkauf. Die Teile werden beschafft, das geht irgendwann in die Montage und Fertigung, wo die ganzen Sachen eben dann als Linie aufgebaut werden, und am Schluss verlässt die Maschine, wirklich fertig aufgebaut, in Teilen auf dem Lkw, auf dem Boot irgendwie unsere Firma, um dann bei den Pharmazeuten aufgestellt zu werden, weil die eigentliche Produktion der Medikamente läuft ja nicht bei uns ab, sondern dann bei den Kunden.

Sandra Fleckenstein: Also, du betreust wirklich den Prozess von A bis Z. Kann man das so sagen?

Sabine Jeromin: Es ist im Endeffekt der Prozess von A bis Z und dann auch innerhalb der Abteilungen, wo ich mir dann eben mit den Mitarbeitern mit Angucke: Okay, was für Arbeitsschritte habt ihr, wo gibt's Probleme? Wo funktionieren die Schnittstellen gerade zwischen Abteilungen nicht? Um da dann zu sagen: Okay, hier kann man ansetzen, weil hier können wir besser werden, um effizienter zu werden, um auch vielleicht den Arbeitsalltag schöner zu gestalten. Weil, wenn man dauernd Aufgaben machen muss, die nur lästig sind, ist das ja auch nicht wirklich erfüllend. Und da dann hinzugehen und zu sagen: Okay, welche dieser lästigen Aufgaben kann ich automatisieren, kann ich digitalisieren, um da effizienter und effektiver zu einem guten Produkt am Schluss zu kommen, und auch mir die Flexibilität, Veränderungen alles zu erhalten.

Sandra Fleckenstein: Danke auf jeden Fall schon mal für diese ersten Einblicke. Jetzt würde ich gerne die Brücke zu deiner Innovation schlagen. Kannst du uns mal deine Innovation versuchen, so zu erklären, wie du sie vielleicht einem fünfjährigen Kind erklären würdest?

Sabine Jeromin: Ja, kann ich probieren, weil im Endeffekt jedes fünfjährige Kind hat schon mal irgendwas aufgebaut, oder nehmen wir mal ein Grundschulkind zumindest hat mal eine LEGO Anleitung gehabt und hat mal LEGO zusammengesuchten aufgebaut, und diese Anleitung muss ja irgendwo erstellt werden. Das ist unser Angebot, was vom Kunden irgendwie erstellt wird, das ist dann eine Liste an Dingen oder an Anforderungen an die Maschine drauf, Komponenten, die dazu gekauft sind. Ist zum Beispiel ein Drucker gewünscht, also soll der Blister später bedruckt werden oder soll er perforiert werden, das heißt, irgendwie kleine Löchlein rein gestanzt werden, all das steht in einem Angebot und muss ja irgendwie dann von einem Ingenieur oder jemandem, der dann ein Modell im Computer baut, erst mal übersetzt werden. Papier zu 3D Modell ist ja erst mal der erste Schritt. Dann hat man es also geschafft, dass man quasi sein Produkt im Fernsehen sieht. Man könnte jetzt beim LEGO sagen, ich hab da mein Boot oder ein kleines Spielhaus. Was ich später haben will, sehe ich auf einem Bildschirm in 3D, weiß aus, was es besteht, und dann muss ich es irgendwann noch bauen. Das heißt, ich brauche die Bausteine. Die müssen dann eben irgendwo beschafft werden, und diesen Prozess, sage ich mal, den habe ich mir aus technischer Sicht angeschaut und geschaut: Welche Abteilung hat welchen Blickwinkel darauf, wie kann man das am besten beschreiben?

Sandra Fleckenstein: Das ist quasi diese sogenannte Übersetzungs-Matrix und das Konfigurationstool, von dem ich auch schon gesprochen habe: Okay, wie funktioniert das jetzt? Jetzt können wir mal wieder ein bisschen quasi in die erwachsenere Welt eintauchen. Wie funktioniert die von dir entwickelte Übersetzung Matrix und das Konfigurationstool, um dann die Daten wirklich aus dem Vertriebstool automatisiert in so eine Modellstruktur zu übersetzen?

Sabine Jeromin: Im Endeffekt bestehen unsere Maschinen ja aus Modulen. Das heißt, wir haben mal definiert: Okay, die Tiefzieh Station, also der Moment der Maschine, wo aus der Folie so kleine Näpfchen gezogen werden, um die Tabletten später reinzulegen, das ist ein Modul, das gibt's in verschiedenen Ausführungen. Dann gibt's später ein Modul für die Bedruckung, ein Modul fürs Stanzen der Blister, ein Modul für den seitlichen Verschluss, und alle diese Module haben Kennungen bekommen. Das heißt, ich kann anhand der Kennung erkennen, wo in der Maschine ist so ein Modul, und was für ein Modul ist es, und dieses, diese Kennung kann ich nutzen, um später automatisiert dann mir, ich sag mal, quasi wie aus dem Regal die einzelnen Elemente digital zu holen und zu sagen: Okay, meine neue Maschine braucht jetzt die Tiefziehstation. Eine neue Maschine braucht eine Druckeinheit von dem und dem Hersteller, es braucht eine Stanze, und dadurch kann sich dann aufgrund dieser Erkennung und aufgrund der Elemente, die einzeln verfügbar sind, so eine Maschine in 3D zusammengesetzt werden.

Sandra Fleckenstein: Okay, also, wenn ich das richtig verstehe, hast du durch diese Kreation von diesen Maschinen so Module entwickelt und hast dann für dich, ich sag jetzt mal im übertragenen Sinne, einen Schrank mit Schubladen und weiß dann bei der nächsten Maschine, da ist schon was drin. Das ziehe ich auf und kann ich für die dann auch wieder benutzen.

Sabine Jeromin: Genau unser Entwicklungsteam hat über die letzten Jahre quasi lauter Schubladen Inhalte entwickelt und die so auch definiert, dass die austauschbar sind, also das wäre wirklich ein ziemlich hundertprozentige Modularität haben und sagen kann, okay, wenn der Kunde jetzt an der einen Stelle was anderes haben will, kann ich ein bestehendes Element rausnehmen und durch ein anderes ersetzen, was ich vielleicht auch für den Kunden genau designe, um dann seine Anforderung zu treffen. Und von daher Sondermaschinenbau. Also es ist keine Maschine gleich, die unser Haus verlässt, weil jeder Kunde einfach, und sei es nur die Anordnung der Tabletten und die Größe der Tabletten, schon da anders ist, und es kommen auch immer irgendwelche Module hinzu, wo der Kunde sagt, das ist hier jetzt wichtig.

Sandra Fleckenstein: Also, die Produkte sind sehr individuell, hast du ja gerade schon gesagt, aber die Bestandteile, die Module, die schafft ihr zu speichern und wieder zu verwerten, so dass man da nicht immer jedes Mal bei allem bei null anfangen muss.

Sabine Jeromin: Man weiß ja zum Beispiel, dass, wenn man Folie durch so eine Maschine durch transportieren, dann brauche ich ein Element, was diese Folie transportiert, was an der zieht und die weiter schiebt. Das wird jede Maschine haben. Es wird auch jede Maschine in irgendeiner Form eine Tiefzieh Station haben. Weil eine flache Folie kriege ich keine Tabletten reingelegt und auch kein Pulver und gar nichts. Das heißt, ich brauche auf jeden Fall irgendeine Tiefziehtation. Ich brauche aber nicht unbedingt einen Drucker, und ich könnte mir auch vorstellen, okay, ich möchte die Tabletten jetzt nur rein oder habe irgendwelche anderen Sachen, die ich nur reinklemmen, wie irgendwelche Kanülen. Die kann ich auch nur klemmen. Das heißt, ich brauche keine zweite Folie dazu. Damit fallen dann wieder Teile der Maschine weg, die der eine Kunde braucht, der andere Kunde nicht braucht.

Sandra Fleckenstein: Okay, wir haben es jetzt schon so indirekt angesprochen. Ich würde es gerne mal noch ein bisschen mehr herausarbeiten. Welche Vorteile hat diese automatisierte Generierung von diesen kundenspezifischen 3D Modellen aus den Vertriebsdaten?

Sabine Jeromin: Naja, der erste Riesenvorteil, liegt auf der Hand ist, muss nicht händisch gemacht werden. Das heißt, ich habe keinen Menschen, keinen Entwickler, der sich hinsetzen muss und wirklich aus den Schubladen die Sachen rausziehen muss, dann im Computer die richtigen finden muss, die richtig positionieren muss, das läuft alles automatisiert. Das heißt, ich habe auch eine deutlich reduzierte Fehlerquote, weil aufgrund der klaren Kennung kann ich diesen menschlichen Fehler reduzieren, der dann eben das falsche Modul rausnimmt, und ich spare mir sehr viel Zeit, weil gerade Speicherzeiten bei so großen Maschinen sind sehr lange. Auch Ladezeiten sind sehr lange. Wenn ich das automatisiert im Hintergrund machen kann, hat derjenige in der Zwischenzeit halt die Möglichkeit, wirklich das zu entwickeln und zu konstruieren, was er jetzt für diesen Kunden neu braucht. Also übernehme ich quasi die Standard Komponenten, aus denen die Maschine steht. Die sind dann in dem Moment, wo der Bearbeiter damit richtig anfängt, sind die da und da aber die Vertriebssicht manchmal eine andere ist als die Entwickler sich als auch die Montage Sicht, weil jeder hat andere Bedürfnisse, brauche ich zwischendrin im Zweifel weise Konfigurationstools, mit denen ich dann noch mal Änderungen machen kann oder auch die sonder Sachen schon mal anlegen kann und sagen kann: Okay, jetzt bekommt der an die Stelle der Maschine noch ein Sonderelement. Dem kann ich dann schon mal einen Namen geben, zum Beispiel.

Sandra Fleckenstein: Ja, es klingt wirklich wahnsinnig spannend, und ich stelle mir dann immer die Frage, wie kommt man auf so eine Idee, so eine Übersetzungs-Matrix oder so ein Tool zu entwickeln? Wie bist du konkret auf diese Idee gekommen?

Sabine Jeromin: Mh, ähm, ich finde es irre spannend, mir generell Prozesse anzuschauen und zu schauen: Okay, was gibt's für Symbiosen, was gibt's für Gemeinsamkeiten? Und einfach aus dem Alltag auch festgestellt, wie viel Zeit irgendwo verbraten geht. Und ich meine, wir leben in einer Welt, in der alles schneller, höher, besser sonst wie sein muss. Und dann zu sagen: Okay, ja, ich gucke mir einfach an, wie kann ich es optimieren, und wie kann ich es auch so transparent optimieren, dass es auch angenommen wird? Und das ist mir immer ein großes Anliegen, da auch mit den Leuten ins Gespräch zu gehen, und ja, das globale Optimum so weit wie möglich zu finden und die Leute dabei mitzunehmen, weil es muss jeder dann auch seinen Arbeitsalltag anpassen, und das kann problematisch sein, wenn man die Leute da nicht mitnimmt, und das finde ich einfach wahnsinnig spannend, da in die Kommunikation zu gehen und Lösungen dann zu erarbeiten.

Sandra Fleckenstein: Du hast gerade schon gesagt, diese Höher-schneller-weiter-Mentalität ist ja auch was, was dich jetzt in diesem Fall antreibt, und jetzt auch Stichwort Digitalisierung. Es hat ja auch ganz viel damit zu tun, dass alles irgendwie schneller passieren kann. Wie siehst du die langfristigen Auswirkungen der Digitalisierung jetzt speziell im Sondermaschinenbau, und wie wird sich die Branche voraussichtlich weiterentwickeln? Hast du da so eine Prognose für uns?

Sabine Jeromin: Das ist wahnsinnig schwierig, in die Zukunft zu sehen, weil man ja auch schwer abschätzen kann, wie der Markt sich entwickelt. Das hat ja wahnsinnig viel auch damit zu tun. Was wird vom Markt angenommen, und es gibt etliche Entwicklungen. Man kennt das auch vom Automobilbau, die einfach aus verschiedensten wirtschaftlichen, aus verschiedensten politischen Gründen dann auch nicht gezogen werden. Dementsprechend finde ich die Prognose da sehr schwierig. Was die Digitalisierung ermöglicht, ist, wirklich Zeit zu haben für die wirklich neuen Dinge und das, was wir schon Hunderte mal gemacht haben, einfach dann abzugeben, und das finde ich auch das Spannende. Ich meine, für einen Entwickler ist es jedes Mal wiederholende Aufgabe, ist für einen Entwickler langweilig. Der brennt darauf, Neuland zu betreten, der brennt darauf, sich mit wirklichen Problemen auseinanderzusetzen und nicht mit der Trägheit des Systems, sag ich mal, oder der Dauer des Speicherns und dann ja darauf zu warten. Also, ich sag mal ich weiß es selber aus der Zeit, wo ich dann konstruiert habe. Ich fand diese Wartezeiten fand ich immer am schlimmsten, wenn man dann einfach nur warten muss, dass das Modell geladen ist und eigentlich ja schon die Ideen hat, was man jetzt verändern möchte. Ja, aber wenn man es zu früh fängt, hängt sich das System auf. Dementsprechend bleibt nichts anderes übrig als zu warten. Und da sehe ich den Riesenvorteil des ersten, Systeme schneller werden. Das heißt so, Ladezeiten werden kürzer werden durch einfach die Entwicklung in der Technik, aber wir können sie auch nochmal reduzieren, indem wir einfach die Arbeitsweise auch da modifizieren und wirklich ja wieder ans Denken gehen und nicht ans Bedienen von Maschinen.

Sandra Fleckenstein: Zeit zu haben für die wirklich neuen Dinge, hast du es gerade genannt. Vielleicht auch Zeit zu haben für die wesentlichen Dinge, und auf die würde ich jetzt gerne nochmal eingehen wollen. Du hast schon in der Promotionszeit eine Familie gegründet. Du hast vorhin schon erwähnt, welchen Herausforderungen bist du da begegnet?

Sabine Jeromin: Hm, generell eckt man, sobald man sich entscheidet, Familie und Karriere zu vereinen, eigentlich nur noch an, weil die einen sagen, das kann man nicht machen, die anderen sagen ja, dann machst du dir deine Karriere kaputt. Der dritte sagt wieder: du vernachlässigst deine Kinder, und das ist ein Balanceakt, der gut gelingen kann, wo man sich aber wirklich frei machen muss von dem, was von außen auf einen einprasselt. Und es gibt heutzutage wahnsinnig tolle, auch Betreuungsmöglichkeiten. Also, wir hatten immer ganz tolle Ogs, wir hatten immer Babysitter am Start, also die waren nie irgendwo, ich kenne keine Schlüsselkinder. Das wollte ich nicht, und man muss selber effizient werden, weil ich habe meine Dissertation zum Teil in den Abenden dann geschrieben, wenn die Kinder dann halt im Bett waren, und bekam dann von Kollegen zu hören, ja, es lohnt sich jetzt nicht, damit anzufangen, weil also, ich brauche erst drei, vier Stunden zum Einarbeiten, ja, nee, hat man halt dann nicht mehr. Aber ich habe das im Endeffekt immer ganz gut geschafft, zu vereinen und zu sagen, okay, es ist dann Quality time, also wirklich Zeit mit den Kindern, die ich dann ganz bewusst beginne, und Innovation kann man hervorragend im Sandkasten haben. Wir haben dann irgendwie von A nach B den Sand schüttet, weil man da einfach auch mal freier denkt. Also, wenn man am Rechner sitzt und da vor Ort dann versucht, auf irgendeine Lösung zu kommen, die besten Ideen hatte ich, ehrlich gesagt, im Sandkasten.

Sandra Fleckenstein: Da hast du jetzt nachträglich nochmal meine letzte Frage beantwortet. Wo kommt dir die besten Ideen? Kann auch im Sandkasten sein. Verstehe. Ich hab ja so ein paar schon Insider Infos über dich aus dem Vorgespräch. Warum war vielleicht ein Schreibaby Grund für deinen Erfolg?

Sabine Jeromin: Warum war ein Schreibaby Grund für meinen Erfolg? Man musste erstens mal drüber nachdenken. Auch sowas ist wichtig. Ein Netzwerk hat nochmal deutlich, deutlich höheren Stellenwert gekriegt, weil und ganz klare Entscheidungen zu treffen und auch da eine Betreuung im Zweifel zu haben, weil klar, ich hab mir dann zum Teil auch Hilfe geholt, um einfach das erziehungstechnisch oder auch mental hinzukriegen. Ich meine ein Schreibaby hat zum Teil acht, neun Stunden am Tag geschrienen. Da muss man erstmal mit zurechtkommen. Aber dadurch denkt man sehr viel auch über sich nach und ist dann auch gefestigt, vielleicht in einer Promotion, sich hinzustellen und zu sagen nein, also, ich habe jetzt hier zum Beispiel bei der Abgabe, ich habe jetzt hier mein Bestes gegeben. Mein zweites Kind wird in den nächsten Wochen geboren, und ich gebe diese Dissertation jetzt zu ab, weil sie wird nicht wirklich besser, und dann hilft das ungemein, auch klare Kante zu zeigen, einfach den Weg selbstbestimmt zu laufen, und es ist nicht so, ja, stimmt nicht mehr, nur so nur mit!

Sandra Fleckenstein: Ja, also, das nehme ich jetzt aus deiner Antwort raus, also einfach auch dann klare Grenzen zu ziehen und sich auch Unterstützung zu holen, sei es jetzt eben auch in der Betreuung oder vielleicht auch auf Arbeitgeberseite für die beruflichen Themen. Danke da für deine Einblicke auf jeden Fall. Du hast jetzt schon die Promotion auch angesprochen. Welche Abschnitte in deiner Laufbahn waren für dich denn so besonders prägend? Gibt's da irgendwas, wo du sagst, das ist mir hängengeblieben? Das hat mich in die Richtung entwickelt, in der ich heute bin. Gab's da irgendwas?

Sabine Jeromin: Ich glaube, das Allererste war die Entscheidung meines Vaters, mit uns 97, 98, ein Jahr nach Australien zu gehen. Da hat sich damals einen Warter gesucht, um einen Austausch zu machen. Wir haben in der Familie das Haus getauscht, den Job getauscht und sind für ein Jahr als Familie nach Australien in die Tropen gezogen, und ich bin damit meinem Vater aufgewachsen. Wenn du etwas tun willst, dann tu es, und du kannst alles. Es gibt keine Hürde, die, der war anders, quasi mal aufdrängen kann, weil es gibt immer irgendeinen Weg, und das war so die erste Erfahrung, irgendwo reingeworfen zu werden in einem Umfeld. Ich konnte die Sprache nicht, ich hatte ein Jahr Englisch, also ich habe mich mit Händen und Füßen verständigen müssen, und das hat aber so dieses, ja so kann es das schaffen und hat mir auch so die Lust auf mehr gegeben. Ich war dann noch oft im Ausland. Wenn dann irgendwann auch bei FemTech, habe ich mich beworben. Das ist so eine Organisation für Frauen, um die eben in den technischen Bereichen zu fördern, und hab da ganz viele tolle, innovative, aktive Frauen getroffen, die einfach Rolemodel sein konnten. Dann konnte mir immer meine Rolemodels aussuchen. Den ich dann gefolgt bin, hatte immer Supporter, die dann gesagt haben, nee, du kannst das oder da, und da hast du Recht, das würde mich aus stören, geh es an, das ist in Ordnung, und dann auch Wege zu gehen, gerade auch mit den Kindern mit Promotion. Da sind viele dabei, die eben sowas auch wagen, und die sagen ja, und ich mache beides, und es ist mir auch wichtig, dass der Partner dann zu Hause mit anpackt, weil es ist ein Gemeinschaftliches, und man kriegt Kinder immer zu zweit und selten alleine. Ähm, und das waren so Schritte, sowohl eben das Elternhaus, was das sehr gefördert hat, und dann aber eben auch einzelne Leute, die ich getroffen habe, gerade durch diesen FemTech Verein, durch meine Auslandsaufenthalte, wo einfach ja die Bubble ne ganz andere ist als man so im normalen Alltag trifft.

Sandra Fleckenstein: Und auch das wahrscheinlich, und diese Werte, die man damit bekommt, die du ja schon erwähnt hast. Du hast gerade FemTech erwähnt, du hast ja wirklich immer versucht, dich auch weiterzuentwickeln, engagierst dich ja auch mittlerweile in einem Ehrenamt. Wenn ich richtig informiert bin, leitest du die AG Kind und Karriere bei FemTech? Für was konkret setzt du dich da ein, beziehungsweise an was arbeitest du da gerade?

Sabine Jeromin: Im Endeffekt arbeite ich an einem Rahmen, wo man sich austauschen kann, weil das Wichtigste ist, Rahmenbedingungen zu schaffen, an der Stelle, wo wirklich Kommunikation trotz Kinder ganz frei, ich sag mal, das große Highlight von Kind und Karriere ist. Wir haben ein Jahr immer ein Wochenende, wo wir zusammenkommen, wo wir dieses Jahr mal 50 Leute einfach in der Jugendherberge oder in einem Naturfreundehaus oder sowas zusammen rennen und ganz viel Zeit zum Reden und zum Austauschen haben.

Sandra Fleckenstein: Und da entwickelt ihr dann auch potenzielle Lösungsansätze. Wie man die Situation verbessern kann, habe ich das richtig verstanden.

Sabine Jeromin: Ja, vor allen Dingen kriegt man ganz viel Erfahrung, wie machen es andere, und was für Lösungen gibt es auch, und kriegt auch Festigkeit in dem. Es in Ordnung, wenn ich zum Beispiel auf 30 Stunden reduziert habe, oder ist es in Ordnung, wenn ich ein Au-pair mir hole, oder es ist in Ordnung... Also, es gibt jedes Konzept da im Endeffekt jedes Lebenskonzept, und es lehrt einen die Offenheit für ja unterschiedliche Wege, und dass das auch vollkommen in Ordnung ist, unterschiedlich zu Wege zu gehen. Und man sieht halt auch, wie sich die Kinder trotz sehr unterschiedlicher Wege eigentlich alle gut entwickelt, und das gibt Mut, dann auch zu sagen, also den fehlt es an nichts, und die brauchen oder ganz im Gegenteil, sie lernen ganz viel durch verschiedene Kontaktpersonen.

Sandra Fleckenstein: Also, wenn ich dich richtig verstehe, sagst du, so ein Netzwerk zu haben, ist wahnsinnig wichtig, um einfach auch in einen Austausch zu gehen, um Erfahrungen miteinander zu teilen, um sich Lösungsansätze abzugucken, zusammen zu entwickeln. Ähm, der Meinung sind wir auch. Deshalb haben wir ja unter anderem auch diesen Podcast ins Leben gerufen, um in den Austausch zu gehen, um einfach so inspirierenden Frauen wie dir ja mehr Sichtbarkeit zu geben, damit sie ihre Geschichte erzählen und mit ganz vielen anderen Menschen teilen. Und zu guter Letzt, weil unsere Zeit ist leider schon abgelaufen, so langsam kommen wir zum Ende der Sendung. Was möchtest du gerne deinem Jüngeren ich mit auf den Weg geben? Also, wenn du dir die Sabine anguckst, die jetzt am Anfang ihres Studiums steht, was weißt du heute, was dir damals geholfen hätte, obwohl du ja auch schon damals tolle MentorInnen um dich herum hattest, die dir gute Werte vermittelt haben?

Sabine Jeromin: Ja, am Ende sind es die Werte, die mir vermittelt worden sind, nämlich genau dieses wage es Wege zu gehen, auch wenn dein Umfeld dir vielleicht mal suggeriert, das kannst du nicht schaffen, wie ich zum Anfang des Studiums gesagt bekommen habe, von drei Klausuren wirst du maximal eine bestehen, weil du bist ja eine Frau quasi. Also es gab sehr seltsame Kommentare, die man abkriegt, und dann trotzdem eben sich Vorbilder zu suchen, den Weg zu gehen und auch nie aufzugeben, weil es gibt immer Dinge, die im Leben passieren, wo es dann einfach schwierig ist, vielleicht, wo es mal anders läuft, wo das Leben einmal zwingt, vielleicht auch mal inne zu halten und da einfach nie aufzugeben, immer lösungsorientiert hat, sich zu behalten und sich wirklich auch Hilfe zu suchen, im Umfeld, in Freunden, vielleicht auch mal professionelle. Das kann ich absolut nur raten, da den Weg. Man muss ihn nicht alleine gehen, aber man sollte ihn selber aktiv gehen, und das würde ich auch meinem Kind wünschen, wenn es dann irgendwann an dem Punkt ist, zu sagen, okay, ich treffe meine Entscheidung, ich hole mir Hilfe, aber ich laufe aktiv, und ich verlasse so oft ich kann, auch wenn man nicht reindrängt, diese Opferrolle, weil das braucht kein Mensch, da kommt kein Mensch mit weiter, sondern wirklich aktiv im Leben zu bleiben.

Sandra Fleckenstein: Ja, da gehe ich mit jedem deiner Worte zu 100 Prozent mit, und alles, was im Leben passiert, passiert ja für einen und nicht gegen einen, und wenn man dieses in sich verankert hat, so wie du das hast, und das dann auch noch mit der Welt teilt, dann kann man da, glaube ich, ganz viele Menschen inspirieren. Also vielen dank, liebe Sabine, für deine Zeit, für deine fantastische Innovation, um noch effektiver und effizienter im Sondermaschinenbau zu agieren, für ein unglaubliches Engagement und dein Empowerment, dass du an andere Frauen weitergibst. Vielen, vielen dank dafür, danke für deine Zeit!

Sabine Jeromin: Vielen Dank.

Sandra Fleckenstein: Ja, bist auch du eine innovative Frau und kannst ein bisschen mehr Sichtbarkeit gebrauchen? Also ich mein, wer kann das nicht? Dann surft doch gerne mal bei uns auf der Seite vorbei und trag dich in unsere Datenbank ein auf www.innovative-fraeun.de. #innovativeFrauen ist eine Plattform für exzellente Frauen in Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Ziel der Plattform ist es, innovative Frauen mit ihren Leistungen und Potenzialen, aber auch mit ihren Ideen, Erfindungen und Inspirationen gleichberechtigt sichtbar zu machen. Wir wollen zeigen, was diese Frauen antreibt, wie sie ihre Zukunft mitgestalten, und ja, Lösungen für drängende Probleme finden. Und damit wollen wir erreichen, dass Frauen in allen Berufssparten und auf allen Karrierestufen als selbstverständlich wahrgenommen werden, und sie gleichzeitig darin bestärken, ihre Ideen, Forschungsvorhaben und Vision weiterzuverfolgen. Wir würden uns freuen, wenn auch du Teil davon wirst, und wir hören uns am nächsten Forscherinnen Freitag wieder. Tschüss!

Intro/ Outro: Wir hoffen, dass euch die Folge gefallen hat. Auf unserer Plattform innovative-Frauen.de findet ihr weitere spannende Inhalte. Schaut auch gerne mal vorbei. Habt ihr Fragen oder Wünsche? Dann schreibt uns an Podcast@innovative-Frauen.de, und ihr findet uns auch bei Instagram, Twitter, YouTube und LinkedIn. Und eine Info zum Schluss für die Transparenz. Die Plattform #InnovativeFrauen wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Rahmen der Förderrichtlinie Frauen in Wissenschaft, Forschung und Innovation, Leistungen und Potenziale sichtbar machen, Sichtbarkeit strukturell verankern unter dem Förderkennzeichen 01FP21070 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt liegt beim Kompetenzzentrum Technik, Diversity, Chancengleichheit ev.

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