Heike Kundisch: Welche Weiterbildungsformate braucht pädagogisches Fachpersonal?

Shownotes

Flexibilität #Problemorientierung und #Möglichmachen – mit diesen drei Hashtags beschreibt sich unsere heutige Interviewgästin selbst.

Dr’in Heike Kundisch ist Stärkencoachin, Erziehungswissenschaftlerin und Wirtschaftspädagogin und setzt in ihrer Arbeit auf Stärkenorientierung als Schlüssel zur Persönlichkeitsentwicklung.

In dieser Folge #ForscherinnenFreitag sprechen wir mit ihr über ihre Weiterbildungsformate für pädagogisches Fachpersonal und warum gerade die kollegiale Weiterbildung für Bildungsgestalter*innen in der mittleren Führungsebene so wichtig ist. Außerdem sprechen wir über ihr aktuelles Forschungsprojekt SeiP, das den Übergang (aus-)bildungsbenachteiligeter Jugendlicher von der Schule in den Beruf stärkenorientierter gestalten soll.

Über unsere Plattform #InnovativeFrauen könnt ihr euch mit Heike vernetzen, zudem ist sie offen für Interviews und Anfragen als Rednerin, Mentorin oder zur aktiven Vernetzung: ➡️Profil von Dr’in Heike Kundisch Sie bietet außerdem StärkenCoaching-Workshops für Unternehmen an.

Fragen oder Anmerkungen? Schreibt uns gerne: podcast@innovative-frauen.de Plattform #InnovativeFrauen Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e. V. Förderrichtlinie „Frauen in Wissenschaft, Forschung und Innovation: Leistungen und Potenziale sichtbar machen, Sichtbarkeit strukturell verankern“

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00: 00:09Intro/Outro: Forscherinnen Freitag, der Interview Podcast mit innovativen Frauen aus der Wissenschaft.

00: 00:16Sandra Fleckenstein: Hallo, liebe ZuhörerInnen! Danke, dass ihr euch in eine neue Folge von Forscherinnen Freitag rein geklickt habt. Ich bin Sandra Fleckenstein und heute im Gespräch mit Doktorin Heike Kundisch. Sie ist Stärkencoaching, Erziehungswissenschaftlerin und Wirtschaftspädagogin, und sie entwickelt kollegiale Weiterbildungsformate für pädagogisches Fachpersonal. Also ist sie quasi eine Lehrerin für LehrerInnen. Was sie genau macht, das erklärt sie uns natürlich gleich. Herzlich willkommen, Heike Kundisch, stark, dass du da bist!

00: 00:54Heike Kundisch: Ja: Hallo Sandra, ich freue mich auf unser Gespräch.

00: 00:56Sandra Fleckenstein: Ich mich auch. Und bevor wir da gleich reinstarten, Heike, so als Einstieg, beschreib dich doch bitte mal mit drei Hashtags. Es dürfen auch drei deiner Stärken sein.

00: 01:08Heike Kundisch: Oh, das ist gut, dass es drei meiner Stärken sein dürfen. Damit kenne ich mich, glaube ich, mittlerweile ganz gut aus. Dann wäre es Flexibilität, Problemorientierung und Möglichmachen.

00: 01:22Sandra Fleckenstein: Das lassen wir einfach mal so stehen. Das klingt auf jeden Fall sehr stark. Ich habe es eben in Anmoderation einfach mal so salopp dahin gesprochen. Kann man ganz plakativ sagen, dass du eine Lehrerin für LehrerInnen bist?

00: 01:38Heike Kundisch: Das ist in der Tat relativ plakativ. Das stimmt, finde ich aber ganz interessant, weil da stellt sich natürlich gleich wieder die Frage, was macht eigentlich LehrerInnen aus? Also wir sind ja auch da Lehrerinnen Verständnis mittlerweile schon weg von diesem Frontalunterrichtsgedanken. Also, jeder hat vielleicht auch noch so ein bisschen ein eigenes Bild davon, wenn er sich die LehrerInnen vorstellt, was die eigentlich so machen, und ich hab schon für mich ein eigenes Verständnis, wie ich mit dieser Zielgruppe arbeite. Also, ich bin da sehr fakultativ unterwegs, sehr offen, komme gerne ins Gespräch, gestalte meine Workshops auch gerne spontan um, je nachdem, welchen Bedarf die Gruppe zeigt, was ich für Rückmeldungen bekomme. Also deswegen ist es vielleicht weniger Input, eher ein gemeinsames Erarbeiten.

00: 02:33Sandra Fleckenstein: Aber auf jeden Fall mit LehrerInnen bist du am Arbeiten, okay.

00: 02:37Heike Kundisch: Ja, genau mit LehrerInnen, aber auch SozialpädagogInnen, SchulsozialarbeiterInnen, also, sagen wir eher vielleicht Bildungsakteure.

00: 02:45Sandra Fleckenstein: Bildungsakteure oder Bildungs-GestalterInnen habe ich gelesen. Genau. Wenn du jetzt einem fünfjährigen Kind erklären müsstest, was du da so machst, wie würdest du das machen? Also was deine Innovation ist? Du hast ja auch was wirklich sehr Innovatives entwickelt in diesem Zusammenhang.

00: 03:06Heike Kundisch: Grundsätzlich geht es mir darum, dass ich mich mit der Zielgruppe gemeinsam damit beschäftige, wie Weiterbildung sehr gut auch auf die Praxis Herausforderungen angepasst werden kann. Ich komme, wieder weg von diesem fünfjährigen Kind, merke ich gerade. Aber also was brauchen die, kommen wir mal vielleicht so wirklich so ganz rudimentär? Es geht darum herauszufinden, was braucht jemand eigentlich im Praxisalltag? Wie kann jemand, der jetzt eben mit Schülerinnen und Schülern arbeitet, diesen ständigen täglichen Herausforderungen gewachsen sein? Wie kann man die Person unterstützen? Wie kann man denen helfen? Also, ich versuche, es jetzt nach und nach weiter runterzubrechen in der Hoffnung, dass auch ein fünfjähriges Kind so ein bisschen nachvollziehen kann, was der Gedanke ist.

00: 03:56Sandra Fleckenstein: Sehr gut, also vielen Dank schon mal an der Stelle, wenn ich dich richtig verstanden habe. Es geht jetzt gar nicht um fachlichen Input. Du hast ja auch vorhin schon gesagt, es geht nicht um Input und um das was, sondern eher, dass du mit diesen Bildungsakteuren erarbeitest, das Wie, wenn ich dich richtig verstanden habe.

00: 04:18Heike Kundisch: Ja, genau also mir geht es bei diesem Weiterbildungsformat tatsächlich vor allen Dingen auch um das Format, und vielleicht blicke ich da einmal zurück in die Anfänge, denn wir haben damals angefangen. Ich habe das, dieses Format auch mit Lehrerinnen gemeinsam gestaltet. Also deswegen ist auch das wirklich sehr bedarfsorientiert, wirklich sehr an der Zielgruppe ausgerichtet. Das war schon 2012, und wir haben anderthalb Jahre daran gearbeitet und ganz viel erprobt, wirklich in den Schulen ausprobiert. Was ist da, welche Methoden sind da passend, welche Materialien sind da nötig? Wie wollen wir das insgesamt aufbauen, hatten dann ein Format, was wir auch über zwei Schuljahre hinweg ausprobiert haben, immer wieder weiterentwickelt haben, und haben dann tatsächlich jetzt seither über die Jahre immer wieder die Inhalte auch angepasst. Also, es kam immer mehr der Inklusionsaspekt beispielsweise mit dazu, die Digitalisierung, je nachdem, was gerade so aktuell ist. Aber auch ganz viele Fragen immer wieder, die sich gerade Führungskräfte an Schulen im mittleren Management stellen, also, daran siehst du, die Inhalte haben sich immer so ein bisschen angepasst. Aber dieses grundsätzliche Format, wie es einfach gestaltet ist, das ist, sage ich mal, relativ gleichgeblieben. Es gibt auch aktuelle neue Facetten, aber dass grundsätzlich, wie wir es aufgebaut haben, das ist gleichgeblieben. Deswegen geht es mir wirklich vorwiegend um das Wie, und ja, das wie ist auch flexibel genug, um verschiedenste Themen mit aufzunehmen.

00: 05:52Sandra Fleckenstein: Du hast jetzt eben netterweise schon mal so mit in die Vergangenheit genommen, wie sich das so Stück für Stück entwickelt hat. Da würde ich gerne nochmal näher darauf eingehen. Wie bist du damals auf die Idee gekommen, dass das wirklich auch wichtig ist und eine Notwendigkeit hat?

00: 06:11Heike Kundisch: Ja, das ist in der Arbeit mit den Akteuren entstanden, denn ich erinnere mich zurück in das Projekt. Das war damals das BMfBF Projekt Inbik, hieß das, und meine Aufgabe war es ursprünglich, mit den Akteuren in dieser Arbeitsgruppe eigentlich was zum Qualitätsmanagement zu machen, und wir saßen zusammen, und ich merkte schon da in der Gruppe eine große Unzufriedenheit. Alle waren sehr voll mit Aufgaben. Der Arbeitsalltag, die Schule, die Schülerinnen und Schüler und jetzt auch noch das Projekt, und alle waren so mit verschiedenen Leitungsaufgaben betraut, und es war einfach sehr spürbar, dass da schon eine sehr große Forderung, teilweise vielleicht sogar schon Überforderung vorherrschte, und es war ganz klar, der Bedarf ist ein anderer in dem Moment, und jetzt waren wir in einem Forschungsentwicklungsprojekt und hatten da eben auch die Aufgabe, glücklicherweise danach zu schauen. Ja, was ist denn der Bedarf, was ist denn die Herausforderung in der Praxis? Wie wollen wir darauf reagieren? Und somit konnten wir umschwenken, und ich konnte also mit dieser Arbeitsgruppe gemeinsam schauen, was brauchen denn die Personen eigentlich, die genau diese Bildungsgänge leiten, die in Schulen Abteilungsleiter oder Koordinatoren oder ähnliches eben auch sind? Ja, wie können die denn unterstützt werden? Was machen die überhaupt? Was war eigentlich die erste Frage? Was sind eigentlich deren Aufgaben wirklich so im Detail? Und daraus entwickelten sich nach und nach sozusagen die ersten Methoden und die Gestalt sozusagen dieser kollegialen Weiterbildung.

00: 07:49Sandra Fleckenstein: Du hast gerade wieder gesagt, diese kollegiale Weiterbildungsformate. Was ist der Hintergrund, dass du deine Weiterbildungsformate als kollegiale Formate bezeichnest, und gibt es auch unkollegial?

00: 08:03Heike Kundisch: Das ist eine gute Frage. Ja, das würden manche TeilnehmerInnen oder ehemalige TeilnehmerInnen meiner Weiterbildung vielleicht am Anfang mit ja beantwortet haben, denn ich habe anfangs oft gehört, aus der Zielgruppe heraus: LehrerInnen sind keine Teamplayer, wir sind Einzelkämpfer, und genau aus diesem Denken wollte ich aber raus, denn es hat sich wirklich auch jeweils im Verlauf der Weiterbildung gezeigt, wie wesentlich und wie wichtig einfach ein Austausch untereinander ist. Und damit meine ich jetzt eben nicht nur in Anführungszeichen "den Austausch während der Workshops, dass man gemeinsam an was arbeitet, einfach nicht beim Kaffee austauscht", sondern wirklich auch zwischen Veranstaltungen, sich in den Schulen besucht, gegenseitig hospitiert und wirklich kollegial hospitiert, einfach mal schaut, wie machst du das denn überhaupt? Darf ich mal zuschauen, wie du an diese Herausforderung in deiner Position herangehst, oder möchtest du mal bei mir gucken? Wir haben auch mit Beobachtung, mit Feedback gearbeitet, also da wirklich auch eingeladen, an Situationen teilzunehmen, beispielsweise: Ach, jetzt muss ich das erste Mal eine Teamsitzung leiten, und ich habe mir dafür auch ein Ziel vorgenommen. Schaffe ich das eigentlich im Gespräch, dieses Ziel einzuhalten, und haben sich dafür dann auch die Kolleginnen und Kollegen aus der Weiterbildung eingeladen. Also, das meine ich wirklich mit Kollegial, das erstreckt sich über diese ganze Weiterbildung wirklich eine Zusammenarbeit, den Austausch, ein Geben und Nehmen. Heute läuft das, glaube ich, sehr, auch unter dem Begriff Kultur des Teilens, also dass man wirklich Erfahrungen teilt, Ideen teilt, ja Einblicke teilt, und das ist wirklich aus meiner Sicht der wichtigste Aspekt dieser Weiterbildung. Deswegen heißt es kollegiale Weiterbildung.

00: 10:08Sandra Fleckenstein: Ja, Okay, danke dir. Jetzt haben wir auf jeden Fall schon so einen Eindruck bekommen über den Charakter dieser Formate, nenne ich es jetzt einfach mal. Wie geht diese Innovation, wie kommen diese Formate wirklich in die Umsetzung? Wie kann ich mir das vorstellen? Also, hast du eine Idee für so eine Weiterbildungsmaßnahme und schreibst sie auf und schickt sie dann ans Bildungsministerium, oder pitchst du bei den Schulen, bei den RektorInnen? Wie läuft das ab?

00: 10:36Heike Kundisch: Also, zum einen, die Idee kommt eigentlich dadurch, dass ich den TeilnehmerInnen einer aktuellen Weiterbildung sehr gut zuhöre, was sie benötigen, und wenn sich daraus neue Themen ergeben, entsteht daraus im Prinzip die nächste Weiterbildung. Also es war, lass mich kurz überlegen, in den letzten elf Jahren, seit 2012, oder lassen wir zehn Jahre sein? Wir haben 2013 das erste Mal mit der Weiterbildung angefangen. Wir haben dann zweimal hintereinander, so zwei Jahre hintereinander genau das gleiche Thema gemacht, und ab da hat sich das eigentlich immer wieder geändert. Es war auch Projekt abhängig. Wir haben auch in verschiedenen Projekten diese Weiterbildungsformen umgesetzt, und daraus kamen dann eben die Themen auch in die Weiterbildung. Aber seit ein paar Jahren ist es wirklich so: Ich höre zu, ich komme mit KollegInnen auch ins Gespräch, ich habe auch eine Kollegin hinzugenommen, Doktor Juliane Fuge, ist seit zwei Jahren auch mit mir in der Weiterbildung, was auch nochmal eine große Bereicherung ist und Bereicherung ist, und dadurch ist auch das Thema des Coachings nochmal mal viel stärker mit aufgenommen worden, was auch, finde ich, ganz großartige, weitere Facette dieser Weiterbildung ist. Ja, also das ist vorwiegend wirklich, durch eine Offenheit meinerseits, möchte ich behaupten, und durchs Zuhören passiert also, was wird gebraucht, und dann in der Tat schreibe ich was, füge ich was zusammen, tausche mich mit Kollegen aus, strukturiere das und schicke das dann an Bezirksregierungen, an die Schulen, SchulleiterInnen, die ich jetzt aus den letzten zehn Jahren meiner Arbeit schon kenne, an das Ministerium.

00: 12:30Sandra Fleckenstein: Und finden diese Maßnahmen dann pro Bildungsstätte statt, oder ist es dann auch Bildungsstätten übergreifend? Und wenn jetzt, ich nenne sie mal, wie du es sagst, BildungsgestalterInnen oder BildungsakteurInnen zuhören, gibt es irgendwas, wo man sich informieren kann, da findet etwas von der Heike statt, da kann ich mich mal anmelden oder darauf bewerben? Oder wie läuft es jetzt ganz konkret in der Praxis?

00: 12:54Heike Kundisch: Also man kann sich auf jeden Fall immer per Mail gerne an mich wenden, also über meine Adresse von der Uni Paderborn oder auch auf der Seite der Uni, das könnte ihr vielleicht auch unten verlinken. Gerne an mich wenden, und jetzt habe ich tatsächlich die erste Frage vergessen.

00: 13:15Sandra Fleckenstein: Ist das pro Bildungsstätte oder ist das auch bildungsstättenunabhängig, dass du so Workshops anbietest?

00: 13:19Heike Kundisch: Danke, diese kollegiale Weiterbildung ist wirklich vorwiegend darauf ausgelegt, dass es Bildungsstätten übergreifend stattfindet, weil dadurch einfach auch diese Chance gegeben ist, dass man Einblick in andere Bildungsstätten auch bekommt und da diese Standorte wirklich alle nochmal anders strukturiert sind, organisiert sind, noch mal neue Einblicke erhält. Wie könnte man es denn sonst machen oder was kann ich denn bieten, sozusagen auch das fördert wirklich einen Austausch, und ich achte auch sehr darauf, dass, nach Möglichkeit, es ist es nicht immer möglich, aber wünschenswert ist es schon, auch für die TeilnehmerInnen, dass sie zu zweit kommen, dadurch nehmen sie wirklich am meisten mit für ihre Bildungsstätte, für ihre Schule.

00: 14:07Sandra Fleckenstein: Und können das wahrscheinlich dann auch einfach mit einer Art Sparringspartner In im Alltag dann auch weiter vorantreiben und testen und ausprobieren.

00: 14:17Heike Kundisch: Und ja, genau, und das ist auch für mich spannend, also das vielleicht nochmal zur Ergänzung, denn da sehe ich schon immer auch eine gewisse Dynamik zwischen diesen zwei Personen, wenn die dann ins Gespräch kommen, vielleicht unterschiedlicher Meinung sind, da sehe ich schon, aha, was ist da eigentlich vor Ort los, und gewinne so ein bisschen Einblicke zumindest mal in die Herausforderung des Alltags in der Organisation.

00: 14:40Sandra Fleckenstein: Dein aktuelles Forschungs- und Entwicklungsprojekt ist im Jahr 2022 gestartet und heißt, ich hoffe, ich spreche es richtig aus, SeiP? Magst du uns dazu ein bisschen was erzählen?

00: 14:54Heike Kundisch: Ja, sehr gerne, also genau das läuft jetzt ja ungefähr ein Jahr. Es steht für Selbstinszenierungspraktiken. Wir haben hier, wie auch schon seit Jahren, die Jugendlichen im Übergang Schule, Beruf im Fokus, also insbesondere diejenigen, die auch in Bildungsgängen der Ausbildungsvorbereitung momentan sind, und uns geht es darum, wirklich diesen Prozess des Übergangs für die Jugendlichen Stärkenorientierter zu gestalten. Also, wir entwickeln da auch wieder gemeinsam mit Schulen. Also es sind von Anfang an eben auch Schulen beziehungsweise Berufskollegs, Lehrkräfte und SchulsozialarbeiterInnen aus der Ausbildungsvorbereitung mit an Bord und entwickeln mit uns gemeinsam Materialien, Methoden, geben uns Feedback, erproben das vor Ort in der Schule. Es geht uns also darum, wirklich einen Prozess zu gestalten, der von Anfang an sehr stark den Fokus legt auf die Interessen. Erstmal also wirklich so ganz einfach gesagt, was interessiert mich eigentlich? Ist das schon eine Stärke? Was ist meine Stärke überhaupt? Wenn ich das jetzt weiß, wie kann ich das präsentieren? Also kommt da eben im zweiten Schritt zu dem, was wir als Selbstinszenierungspraktiken bezeichnen, hin, dass wir sozusagen auch ja den Jugendlichen einer wirklich Aufmerksamkeit schenken, dass sie sich auf ganz individuelle Weise präsentieren können. Das kann mit einem Comic sein, mit einem Video, mit Selfies, mit dem Plakat, also wirklich, es soll wirklich ganz individuell nach den eigenen Möglichkeiten eben auch stärken, orientiert gestaltet werden können, sollen sich dadurch präsentieren können, wodurch wir uns eben versprechen, dass durch diese Präsentation auch nochmal ein eigenes Entdecken passiert, also durch das Präsentieren wiederum nochmal stärker aufgedeckt werden und dadurch eben auch die Selbstwahrnehmung und das Selbstbild gestärkt wird.

00: 17:06Sandra Fleckenstein: Und wenn du von Präsentation sprichst, meinst du auch diese diese Selbstinszenierung in der Präsentation?

00: 17:12Heike Kundisch: Genau, genau! Also oft ist ja dieses Selbstinszenieren, haben wir zumindest festgestellt, manchmal so ein bisschen negativ belegt: Ach, der inszeniert sich wieder! Das hört man vielleicht hier und da. Wir meinen es aber wirklich positiv. Also, für uns ist es ein ganz spannender Begriff, den wir als ForscherInnen Gruppe auch jetzt nach und nach immer weiter verstehen und auslegen und füllen. Und unser Wunsch ist es auch, dass wir das, es steht jetzt sozusagen für dieses Jahr an, für 2023, dass wir verstärkt auch mit Betrieben und Unternehmen in Kontakt kommen und denen dann auch eben, also wirklich an Stelle auch einer Bewerbungsmappe, wie man das irgendwie sonst noch so kennt, diese Präsentationen zeigen, wie verstehen sie das? Können sie damit was anfangen? Es gibt ja schon die Formate der Videobewerbung, aber können die auch mit anderen Dingen was anfangen? Sehen die darin, erkennen die darin der Stärke, die Stärke der Jugendlichen, um den Jugendlichen, um dieser Zielgruppe eben dadurch auch eine eine größere Chance zu geben?

00: 18:17Sandra Fleckenstein: Und wenn ich dich richtig verstanden habe, richtet sich ja diese Weiterbildung speziell auch an so Bildungs- oder Ausbildungsbenachteiligte Jugendliche? Das heißt, du hast es vorhin auch schon mal so angetiesert, dir ist inklusive Bildung sehr wichtig. Was ist deine Vision jetzt speziell im Bereich der inklusiven Bildung?

00: 18:40Heike Kundisch: Ja, meine Vision wäre in der Tat, und das ist wirklich eine Vision, eine Offenheit, eine Teilhabe, ein Teilhabeselbstverständnis, würde ich das mal nennen, das wir es auch jetzt mit dem Projekt viele ich auch einen Teil dazu beitragen können, dass wir schaffen, wenigstens erste Betriebe davon zu überzeugen oder dafür ermutigen zu können, diesen Jugendlichen eine Chance zu geben, sich dafür zu öffnen, bereit zu sein, da einfach ja vielleicht auch, wenn sie mit dieser Zielgruppe vorher noch nie Kontakt hatten, einfach zu sagen, doch das mache ich jetzt, da traue ich mich, da komme ich ins Gespräch, das ist wichtig, denen da auch eine Chance zu geben, und eben auch, dass die Betriebe auch einfach ein Selbstverständnis ist. Ich glaube, Selbstverständnis ist hier für mich ein ganz wichtiger Begriff. Dass die die Stärken auch gesehen werden und wir ein bisschen wegkommen von diesen noch typischen Bewerbungsmappen, typischen Softskills, die man erwartet, oder vielleicht auch wegkommt von Stereotypen, die man mit dieser Zielgruppe verbindet.

00: 19:57Sandra Fleckenstein: Apropo Stärken, das war wieder ein gutes Stichwort. Du bist ja nicht nur Wissenschaftlerin, sondern auch Stärken Coachin. Was machst du da so als Stärken Coachin?

00: 20:11Heike Kundisch: Ja, also zum einen baue ich dieses Verständnis oder dieses Stärken Coaching auch natürlich in diese kollegiale Weiterbildung mit ein. Wie soll es auch anders sein, und helfe den Beteiligten, den Menschen, mit denen ich da spreche, vor allen Dingen erst mal dabei zu erkennen, dass sie Stärken haben, zu akzeptieren oder zu begrüßen, dass sie die haben, dass sie vor allen Dingen auch sich darauf konzentrieren, dass sie wirklich lernen, auch mal nur über ihre Stärken zu sprechen. Wir neigen ja dann doch immer wieder dazu, dass man eher sagt, ja, das ist zwar meine Stärke, aber meine Schwäche... Wir haben das auch wiederum ja früher, zumindest war das noch zu meiner Zeit so, man musste das immer lernen für die Bewerbungssituation. Du musst drei Stärken nennen, aber du musst auch drei Schwächen nennen.

00: 21:05Sandra Fleckenstein: Was sind da so die Klassiker ? Ich habe, nämlich gerade auch dieses Bild von diesen alten Bewerbungsgesprächen im Kopf. Was sind denn so die Klassiker Stärken, die man da immer so sagtß

00: 21:15Heike Kundisch: Oh, die Klassiker Stärken in Bewerbungsgesprächen, würde ich mich jetzt zurückerinnern. Das hat jetzt aber nichts mit meinem Stärken Coaching zu tun, sondern eher so diese Pünktlichkeit, Ich bin zuverlässig, oder ich bin besonders zielstrebig, fleißig, solche Sachen.

00: 21:33Sandra Fleckenstein: Diese Allgemein Stärken und bei Schwächen habe ich immer gesagt, ich ganz, Schokolade, war dann immer ein Lacher, und dann ist man wieder weitergegangen. Und du arbeitest jetzt aber sehr an individuellen Stärken ?

00: 21:46Heike Kundisch: Genau also, es geht mir wirklich darum zu erkennen, erst mal eine wunderbare Übung ist wirklich, einmal zu schauen, was ist mir denn eigentlich in den letzten Monaten wirklich gut gelungen? Welche Situationen fallen mir da ein? Das kann jetzt auch jeder, der zuhört, mal überlegen. Was fällt mir denn da ein, was hab ich denn gut gemacht oder was ist einfach tolles passiert? Und dann mal zu überlegen, aha, ja, warum ist das eigentlich so gut gegangen? Welche Rolle habe ich da gespielt? Was war mein Zutun sozusagen für dieses Gelingen, und das einfach mal aufzuschreiben und vielleicht sich mal jemand anders zu schnappen, das können gute Freunde sein, und denen das mal mündlich zu präsentieren, sagt das, und das habe ich gemacht, und so ist das gewesen und so, das war vielleicht mal ein Anteil daran, und die mal wirklich hören zu lassen, darauf achten zu lassen, wo sie wirklich die Person dann auch so richtig strahlen sehen, also wo man wirklich so in seinem oder ihrem Element ist. Und allein dadurch, wenn man sich darauf wirklich mal fokussiert, stellt sich schon heraus, wirklich wenigstens wo ein Teil der eigenen Stärken eben auch liegt. Also, vielleicht nehme ich das einfach mal an meinem Beispiel. Ich hatte ja ganz am Anfang schon gesagt, dass meine Stärke auf jeden Fall die Flexibilität ist. Das zeigt sich zum einen darin, dass ich schon im Alltag sehr gut auf unvorhergesehene Situationen, auch in Workshops reagieren kann. Das hat sich so gezeigt in den letzten Jahren, dass das ganz gut funktioniert, und gleichzeitig steckt hinter jeder Stärke auch ein Bedürfnis. Also, damit ich sozusagen diese Stärke ausleben kann, muss ich sozusagen dieser Flexibilität auch einen gewissen Raum geben. Ich brauch auch immer unterschiedliche Aufgaben sozusagen. Manchmal ist es auch so, dass ich mehrere Bücher gleichzeitig lese und nicht immer dieses, jetzt mach erst mal das eine fertig, dann kann das nächste anfangen. Das ist einfach nicht meine Art, gut zu arbeiten, und das ist mir auch wichtig, dann in der Arbeit mit den Menschen, dass sie herausfinden, okay, was ist meine Stärke, was bedeutet das, welchen Raum braucht diese Stärke, welche Bedürfnisse stecken dahinter, damit ich wirklich diese Stärke auch leben kann? Wie hilft mir diese Stärke auch in meinem Alltag, also jetzt beispielsweise eben auch die BildungsgestalterInnen? Wie kann denen die jeweilige Stärke auch helfen, mit den Situationen im Berufsalltag zurechtzukommen?

00: 24:16Sandra Fleckenstein: Und wir kommen jetzt langsam zum Ende. Aber die Frage brennt mir jetzt einfach noch auf den Lippen. Welche Erfahrung hast du da gemacht? Also gibt es da so einen großen Bedarf, dass Menschen oft ihre Stärken nicht kennen oder ihre Stärken nicht nutzen? Oder man sagt ja auch schön, so das eigene Licht unter den Scheffel stellen. Wie ist da deine Einschätzung, wie notwendig ist das wirklich die Arbeit, die du machst? Und als allerletzten Punkt würde ich gerne nochmal auf das Verhältnis von Frauen und Männern bei deinen KlientInnen hinkommen.

00: 24:49Heike Kundisch: Ja,also warum denke ich, dass es nötig ist? Also, zum einen ist mir in den letzten Jahren oder rückblickend aufgefallen, dass man schon in der gemeinsamen Arbeit, sei es jetzt in Workshops, Weiterbildung, in Gesprächen, immer wieder darauf kommt, was funktioniert nicht gut, wie kann ich das jetzt verbessern? Wo habe ich noch Probleme? Wie kann ich sozusagen an meinen Problemen arbeiten? Und da gefällt, fällt mir eben dieses genau andersrum betrachten, einfach wirklich sehr gut, und ich habe das jetzt schon häufig erlebt, in Workshops zu Stärken, aber auch in einzel coachings zum Thema stärken, wie gut das einfach den Menschen tut, also wie sehr die damit einfach schon aufblühen. Es ist auch anfangs immer zu spüren, wie schwer es ihnen fällt, darüber zu sprechen und sich wirklich nur darauf zu konzentrieren. Es ist manchmal schon so ein bisschen so. Ja, das ist meine Stärke, aber also eigentlich würde ich darüber jetzt gar nicht sprechen, oder das ist jetzt leider meine Stärke. Deswegen habe ich ja leider das Bedürfnis... Also wirklich da mal hinzuschauen und das so als Energiequelle auch zu nutzen, finde ich ganz großartig, und das konnte ich immer wieder beobachten, wie wir überrascht, die Menschen einfach waren, also was in ihnen steckt.

00: 26:14Sandra Fleckenstein: Ja, und hast du da einen Unterschied bemerkt bei Männer und Frauen? Also fällt es Frauen vielleicht tendenziell schwerer, ihre Stärken zu benennen, und fällt das Männern leichter? Oder ist das jetzt so ein Vorteil, was ich irgendwie im Kopf?

00: 26:28Heike Kundisch: Also ich kann ja nur jetzt auf die blickend, mit denen ich das jetzt gemacht habe. Da sehe ich keinen Unterschied, muss ich sagen. Da waren wirklich auch erstmal dieses Unwohlsein am Anfang, was ich soll jetzt hier auch für der Gruppe über meine Stärken sprechen, und dann kriege ich dann auch noch viel Feedback von der Gruppe. Das war für alle gleich ungewohnt, und alle waren gleich hinterher auch positiv überrascht und konnten das für sich sehr gut mitnehmen.

00: 26:58Sandra Fleckenstein: Sehr schön! Das klingt auf jeden Fall nach einer sehr spannenden Arbeit, die du da machst, und wir haben jetzt viel über Stärken gesprochen, auch über deine Art, andere Menschen zu empowern, nenne ich es jetzt mal. Jetzt versuchen wir mal, unsere lieben ZuhörerInnen zu empowern. Was möchtest du deinem Jüngeren Ich mit auf den Weg geben, wenn das jetzt vor dir sitzen würde?

00: 27:26Heike Kundisch: Ja, mein jüngeres Ich hätte das auf jeden Fall sehr gut gebrauchen können, wirklich den Fokus drauf zu legen: Wer bin ich? Was macht mich aus, wo sind meine Stärken, was macht mich individuell? Und das ist eben dieses individuelle, auch wirklich was sehr gutes ist und was, was wir brauchen, ist, und dass diese Energie, die daraus entsteht, aus diesem Fokus wirklich auch für eine gesellschaftliche Entwicklung aus meiner Sicht sehr gut gebraucht werden kann. Also ein bisschen weg von dem, was wollen eigentlich die anderen? Wir sehen mich die anderen, wie beurteilen die mich, finden die das jetzt gut, dass ich hier spreche? Zum Beispiel finden die das jetzt unangebracht, wie auch immer, also davon, einfach wegzukommen, zu sagen, so, das ist mein Ding und meine Power, die setzt sich dann eben auch für gesellschaftliche Belange ein.

00: 28:20Sandra Fleckenstein: Heike, vielen, vielen Dank für dieses starke und bestärkende Interview und an dich da draußen. Heike hat das gerade eben schon angesprochen, auch mit dieser individuellen Stärke, die du da hast. Niemand ist nämlich wie du, und allein das ist ja schon auch deine Stärke. Also wir wünschen dir auf jeden Fall viel Freude beim Nutzen deiner Stärken und sagen danke, dass du heute dabei warst. Natürlich würden wir uns sehr freuen, wenn du deine Stärken auch auf unserer Plattform #innovativeFrauen einbringst und uns auf social media folgst und diesen Podcast hier bewertest. Danke und bis zum nächsten Mal!

00: 29:02Intro/Outro: Wir hoffen, dass euch die Folge gefallen hat. Auf unserer Plattform innovative-Frauen.de findet ihr weitere spannende Inhalte. Schaut auch gerne mal vorbei. Habt ihr Fragen oder Wünsche? Dann schreibt uns an Podcas@innovative-Frauen.de. Ihr findet uns auch bei Instagram, Twitter, YouTube und Linkedin. Und eine Info zum Schluss für die Transparenz. Die Plattform #innovativeFrauen wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Rahmen der Förderrichtlinie Frauen in Wissenschaft, Forschung und Innovation, Leistungen und Potenziale sichtbar machen, Sichtbarkeit strukturell verankern unter dem Förder Kennzeichen 01FP21070 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt liegt beim Kompetenzzentrum Technik, Diversity, Chancengleichheit ev.

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