Hanna Zimmermann: Ist die Netzhaut das Fenster zum Gehirn?

Shownotes

Das Interesse für Medizin war eigentlich schon immer da, Hanna Zimmermann ist aber nicht den klassischen Weg über das Medizinstudium gegangen, sondern hat physikalische Technik/Medizinphysik an der Hochschule für Technik in Berlin studiert. Im Interview spricht sie über ihren ungewöhnlichen Weg in die Forschung, über eine neue Methode, um potenzielle Schübe bei einer Multiplen Sklerose zu prognostizieren und wie sie als alleinerziehende Mutter Privatleben und Beruf vereinbart.

Über unsere Plattform #InnovativeFrauen könnt ihr euch mit Hanna vernetzen, außerdem ist sie offen für Interviews und Anfragen als Rednerin: Profil von Prof'in Dr’in Hanna Zimmermann

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00: 00:00Intro/ Outro: Forscherinnen Freitag, der Interview Podcast mit innovativen Frauen aus der Wissenschaft.

00: 00:16Sandra Fleckenstein: Halli Hallo und ein herzliches Willkommen. Mein Name ist Sandra Fleckenstein und ich darf euch heute wieder als Gastgeberin von Forscherinnen Freitag eine innovative Frau vorstellen. Sie arbeitet als Junior Professorin an der Charite in Berlin und erforscht die Netzhaut als Fenster zum Gehirn. Wie sie dazu gekommen ist? Welche Bedeutung ihre Arbeit für Multiple Sklerose PatientInnen hat und wie sie als alleinerziehende Mama Beruf und Familie gleichermaßen rockt, darüber spreche ich heute mit ihr. Professorin Doktorin Hannah Gwendolin Zimmermann. Schön, dass du da bist. Hallo, Hannah.

00: 00:58Hannah Gwendolin Zimmermann: Hi. Ich freue mich auch, hier zu sein.

00: 01:03Sandra Fleckenstein: Dein Fachgebiet ist die Neuro Opthalmologie. Hol uns gerne mal ab. In welchem Spezialgebiet bist du da unterwegs? Also so ganz allgemein.

00: 01:13Hannah Gwendolin Zimmermann: Die Neuro Ophthalmologie ist im Prinzip das, was am Ehesten zu dem passt, was wir machen. Das ist nämlich so die Schnittstelle zwischen der Augenheilkunde und der Neurologie, also die medizinische Disziplin, die sich mit dem Gehirn und dem zentralen Nervensystem beschäftigt. Das passt deswegen am Besten, weil die Netzhaut oder die Retina, mit der wir uns beschäftigen, im Prinzip Teil des Gehirns ist, also ganz ähnliche Zellstrukturen hat und über den Sehnerv eben die Verbindung zwischen Auge und Gehirn darstellt. Neuro Ophthalmologie passt aber deswegen auch nicht hundertprozentig, weil was wir machen, eben nicht direkt Augenerkrankungen betrifft, sondern eigentlich Erkrankungen des Gehirns oder alle möglichen Erkrankungen des Körpers, die sich aber auch in der Netzhaut erkennen lassen.

00: 02:17Sandra Fleckenstein: Darüber sprechen wir auf jeden Fall gleich noch mal ein bisschen intensiver, dass nämlich wirklich spannend, was ihr da alles so erforscht und auch schon rausgefunden habt. Jetzt würde ich gerne, wenn du magst, den Link zu deiner Innovation schlagen. Wie erklärst du deinem Kind, woran du arbeitest?

00: 02:37Hannah Gwendolin Zimmermann: Da beschränke ich mich tatsächlich ziemlich auf das Auge, weil das ist, mit dem Kinder ja am allermeisten anfangen können. Mein älteres Kind ist fünf Jahre alt. Dem sage ich tatsächlich wir gucken hinten ins Auge rein und gucken, ob alles so ist, wie es sein soll oder ob irgendwas anders ist. Ich würde jetzt noch mal ein bisschen weiter ausholen für diesen Podcast. Also du hast ja schon gesagt, die Krankheit, mit der wir uns am meisten beschäftigen, ist die Multiple Sklerose. Von der haben wahrscheinlich die Allermeisten schon mal was gehört. Da kommt das ja dazu, dass sich Teile des Gehirns entzünden. Und je nachdem, wo dieser Entzündungsherd sich befindet, kommt es zu unterschiedlichen Symptomen oder Behinderungserscheinungen. Also seien es irgendwie zum Beispiel Kribbeln in den Armen und Beinen oder auch kognitive Probleme, also zum Beispiel schlechteres Erinnerungsvermögen und aber eben ganz oft und ganz häufig, ganz am Anfang auch Sehschwierigkeiten. Und das ist deswegen, weil ganz häufig so eine Entzündung auch im Sehnerv vorkommen kann. Und die Nervenfasern des Sehnerv befinden sich in der Netzhaut. Das heißt, wenn es über so eine Entzündung zu einer Veränderung, zum Verlust von Nervenfasern kommt, im Sehnerv, können wir das auch in der Netzhaut messen, in dem sich die Nervenfaserschicht der Netzhaut verdünnt.

00: 04:22Sandra Fleckenstein: Also ich versuche das jetzt mal so zusammenzufassen. Korrigiere mich gerne, wenn du das anders siehst oder wenn es anders ist. Also prinzipiell bist du so in dieser Schnittstelle zwischen Augenheilkunde und der Neurologie. Und ihr untersucht die Netzhaut als Fenster zum Gehirn, weil sich anhand der Netzhaut schon Dinge ablesen lassen können, was letztendlich Krankheiten im Gehirn betrifft oder Veränderungen oder was auch immer. Mit einem Fokus eben auf diese Multiple Sklerose, die du gerade ja geschildert hast. Ist das so korrekt oder möchtest du noch was ergänzen?

00: 04:58Hannah Gwendolin Zimmermann: Das ist korrekt. Ich ergänze aber auch gerne noch was dazu, also damit man sich vielleicht ein bisschen mehr darunter vorstellen kann, wofür das gut ist. Zum einen führt natürlich der Verlust von Nervenfasern im Sehnerv und damit in der Netzhaut dazu, dass Leute auch schlechter sehen. Potenziell. Das heißt, wir benutzen die Dicke der Nervenfaserschicht oder der dazugehörigen Zellkörper dazu, um quasi wirklich einen Messwert zu haben, der uns dabei hilft, das Sehvermögen im Langzeitverlauf zu beurteilen, weil das Sehvermögen selbst zu messen von ganz, ganz, ganz vielen Faktoren abhängig ist. Noch viel wichtiger ist meinem Forschungsgebiet aber eigentlich, wie die Veränderung ist, die die Patientinnen gerade nicht wahrnehmen. Also vor allem die, die eigentlich gar keine Entzündung im Sehnerv hatten oder zumindest selbst keine Sehausfälle wahrgenommen haben. Auch bei denen kommt das zu ganz, ganz ganz kleinen leichten Veränderungen schon in dieser Nervenfaser Schicht, also im ganz geringen Absterben von Nervenfasern. Und je nachdem wie ausgeprägt das ist, haben die Leute ein höheres oder niedrigeres Risiko für einen weiteren Schub in der Erkrankung. Multiple Sklerose tritt ja schubförmig auf und je häufiger so'n Schub passiert, desto größer ist natürlich auch das Risiko, dass man stärkere Behinderung irgendwann zurückbehält. Und das Coole daran ist, dass wir da hoffen, das dafür einzusetzen, eine bessere Risikoabschätzung für die Leute haben zu können, die gerade frisch diagnostiziert sind mit MS, um sagen zu können okay, hier gibt es ein hohes Risiko für einen sehr aktiven Krankheitsverlauf, viele Schübe und vielleicht eine Therapie zu wählen, die zwar sehr effektiv ist, aber möglicherweise schwerere Nebenwirkungen hat. Oder sagen zu können okay, es liegt wahrscheinlich ein eher milder Krankheitsverlauf vor und wir können mit den bewährten Medikamenten weitermachen, die vielleicht nicht wahnsinnig effektiv sind, aber dafür sehr, sehr sicher.

00: 07:34Sandra Fleckenstein: Okay, wenn ich dich richtig verstehe, dann liefert ihr quasi Daten, um dann auch die weitere Therapieform richtig gestalten oder anpassen zu können.

00: 07:45Hannah Gwendolin Zimmermann: Aktuell befindet sich das noch in der Forschung. Also wir haben jetzt mehrere Studien veröffentlicht, wo wir zeigen konnten, dass das unsere Messungen tatsächlich dazu beitragen können, dass das Risiko für einen weiteren Schub zu erkennen, bis das Ganze dann wirklich in die sogenannten Leitlinien für die Therapie und auch die Diagnose einer Erkrankung einfließt. Da vergeht dann noch einige Zeit und verschiedene Komitees müssen sich damit auseinandersetzen und für oder dagegen entscheiden, das mit einfließen zu lassen.

00: 08:22Sandra Fleckenstein: Das ist immer ein langer Prozess, gerade in der Wissenschaft. Das heißt ja, wenn du sagst, anhand dieser Untersuchungen und dieser Daten kann man eben auch so potenzielle Schübe prognostizieren und das Risiko bestimmen. Das ist natürlich das eine, das Wissen zu haben, okay, jetzt in den nächsten acht Wochen kommt wahrscheinlich ein Schub. Es ist schön, das Wissen zu haben, aber das verhindert ja den Schub nicht. Deshalb ist es natürlich wahrscheinlich für euch dann umso wichtiger, dass das wirklich dann auch irgendwann in diese Behandlungsmethoden und Konzepte auch eingearbeitet wird. Ich weiß nicht, kann man dann so Schübe vermeiden oder rauszögern oder was ist da das Ziel?

00: 09:10Hannah Gwendolin Zimmermann: Ja, also es gibt für die Multiple Sklerose schon sehr viele Medikamente, sogenannte immunmodulierende Medikamente, also die das Immunsystem so beeinflussen, dass es eben nicht zu diesen fehlgeleiteten Attacken der Immunzellen auf die körpereigenen Zellen kommt. Davon gibt es sehr, sehr viele verschiedene und manche sind effektiver, manche sind weniger effektiv. Und es ist so, dass vor allem die sehr, sehr effektiven auch mit stärkeren Nebenwirkungen daherkommen. Deswegen ist es immer eine individuelle Abwägung, ob man sich jetzt für die sehr, sehr effektive Therapien entscheidet, auch wenn sie vielleicht ein höheres Risiko für Nebenwirkungen haben oder für die etwas sicherere, die nicht dafür nicht ganz so effektiv ist. Oder vielleicht kommen wir sogar dahin, dass wir sagen können hier brauchen wir gar keine Therapie, weil es sich um einen sehr, sehr gutartigen Verlauf handelt.

00: 10:10Sandra Fleckenstein: Okay, voll, voll spannend. Und was ist so deine Prognose? Also habt ihr für euch von der Charite euch ein Ziel gesetzt? Bis dann und dann wollen wir, dass unsere Analysemethode oder unsere Forschungsergebnisse dann auch in den Therapieverlauf Einklang finden oder Eingang finden. Habt ihr da so ein Ziel definiert? Bis wann könnten Patientinnen von euren Forschungsergebnissen profitieren?

00: 10:37Hannah Gwendolin Zimmermann: Also mein sehr, sehr unmittelbares Ziel ist, dass wir tatsächlich jetzt erst mal selbst bei uns hausintern in die Anwendung bringen, was momentan auch noch nicht grundsätzlich der Fall ist. In Einzelfällen schon. Aber es ist noch nicht so, dass alle PatientInnen, die jetzt frisch mit einer Multiplen Sklerose diagnostiziert worden sind bei uns die optische Kohärenz Tomographie, das ist das Verfahren für die Netzhaut Bildgebung, das wir verwenden. Nicht alle werden damit untersucht und auch bei denen, die damit untersucht werden, wird das nicht notwendiger Weise von den behandelnden ÄrztInnen für diese Einstufung herangezogen, weil es ja momentan schon Leitlinien gibt, die verschiedene Faktoren berücksichtigen. Aber ich denke, damit sollten wir erst mal vor der eigenen Tür anfangen. Gleichzeitig engagieren wir uns aber auch in internationalen Gremien, um die Forschung auch gemeinsam mit anderen Forscherinnen voranzutreiben. Und so ist mein Ziel eigentlich das so zum Ende meiner Juniorprofessur, also in fünfeinhalb Jahren, da auf jeden Fall was vorangegangen ist und das in die Diagnosekriterien und oder die Leitlinien für die internationalen Leitlinien für die Behandlung eingeflossen ist.

00: 12:03Sandra Fleckenstein: Ja, da drücke ich euch auf jeden Fall oder speziell dir auch ganz fest die Daumen. Du hast eben schon dieses spezielle Verfahren angesprochen, wie die PatientInnen dann untersucht werden. Das würde mich jetzt noch interessieren. Also wie untersucht ihr denn? Macht ihr das wirklich am Menschen? Entnehmt ihr Zellen? Wie läuft das ab?

00: 12:24Hannah Gwendolin Zimmermann: Das ist alles ganz, ganz einfach. Deswegen habe ich mich auch sofort in die Methode verliebt, als ich sie vor mittlerweile 13 Jahren das erste Mal gesehen habe. Also das nennt sich optische Kohärenz Tomographie. Das ist ein Verfahren, das mit einer Art Laser funktioniert. Bei Laser erschrickt man dann vielleicht manchmal erst mal, dass es auch irgendetwas kaputt lasern kann, was es aber ein sicherer Laser, der auch egal wie lange man damit aufs Auge strahlt, nichts kaputt machen kann. Und mit diesem Laser wird ins Auge rein geleuchtet, die Netzhaut abgetastet und dann das Signal ausgewertet, was zurückgeworfen wird. Die Netzhaut besteht aus neun verschiedenen Schichten wo jeweils verschiedene Zellen drin sitzen oder Zellverbindungen, also Synapsen. Und die haben alle unterschiedliche Eigenschaften, was das Zurückwerfen von Licht angeht. Manche werfen mehr zurück. Manche weniger. Manche brauchen länger, bis es zurückkommt. Und daraus kann ein sehr komplizierter Algorithmus im Gerät dann analysieren, wo welches Gewebe vorliegt. Und dadurch können wir eben Querschnittsbilder von der Netzhaut machen und damit auch die Dicke der verschiedenen Schichten bestimmen. Und die Dicke sagt eben wiederum darüber etwas aus, wie es den Zellen dort geht, also ob eventuell Zellen abgestorben sind oder nicht.

00: 14:03Sandra Fleckenstein: Jetzt würde ich total gerne noch ein bisschen mehr über dich erfahren. Jetzt haben wir viel über deine Arbeit gesprochen. Aber natürlich interessiert mich auch, wer denn Hannah so ist bzw. was hast du studiert und wie haben sich deine wissenschaftlichen Interessen im Laufe der Zeit entwickelt? Denn du bist ja, wenn man es so sagen kann, keinen typischen Weg gegangen.

00: 14:25Hannah Gwendolin Zimmermann: Genau gar nicht. Ja, also ursprünglich habe ich mich schon immer für Medizin interessiert, habe auch überlegt, das zu studieren nach dem Abi. Leider war mein Abi zu schlecht, deswegen habe ich das nicht gemacht. Hab mich dann umgeguckt, was es sonst so in der Art gibt und habe dann physikalische Technik/Medizinphysik studiert, hier in Berlin an der Hochschule für Technik, was ein sehr technischer Studiengang ist, ein Ingenieursstudiengang. Und tatsächlich war ich, muss ich zugeben, darüber auch erst mal ein bisschen ernüchtert, weil ich so ein bisschen auf das Wort Medizin im Titel des Studiengangs reingefallen bin, wenn man das so will. Und deswegen war ich sehr, sehr glücklich, als ich dann durch Zufall einen Job als studentische Hilfskraft an der Charite bekommen habe, in der Arbeitsgruppe, die eben damals gerade angefangen hat, die optische Kohärenz Tomographie der Netzhaut in der Multiple Sklerose zu etablieren. Also ich war da von Anfang an dabei und schon an meinem ersten Tag, als ich dann eine Untersuchung machen durfte mit dem Verfahren von einer Patientin mit MS, habe ich gedacht "Oh wow, ja, das ist eigentlich genau das, was ich immer machen wollte". Also die Verbindung von ein bisschen was Technischem mit der Anwendung in der Medizin. Und trotzdem hatte ich damals wahrscheinlich nicht gedacht, dass es auch jetzt, 13 Jahre später noch das ist, was ich mache. Und tatsächlich hätte ich nie im Leben gedacht, dass ich jetzt Professorin bin. Tatsächlich war das was, was ich mir einfach nie zugetraut hätte, muss ich sagen. Ich war jetzt nie wahnsinnig gut in der Schule, nicht wahnsinnig gut im Studium, aber das ist einfach was, für die ich eine richtige Leidenschaft entwickelt habe und deswegen sehr, sehr froh bin, dass ich die Gelegenheit erhalten habe, darin mich jetzt richtig auszutoben.

00: 16:28Sandra Fleckenstein: Ja, jetzt bist du tatsächlich Juniorprofessorin.

00: 16:32Hannah Gwendolin Zimmermann: Genau.

00: 16:33Sandra Fleckenstein: Kannst du uns noch kurz ein, zwei Sätze dazu sagen, wie wird man denn Juniorprofessorin? Also kommt da jemand vorbei, guckt über die Schulter und sagt "Hey, Hannah, das was du machst, ist gut. Da gehen wir noch ein bisschen weiter. Ich nenne dich jetzt Juniorprofessorin", oder wie läuft das?

00: 16:48Hannah Gwendolin Zimmermann: Ja, das wäre auch schön für mich gewesen. Ganz so war es nicht. Also das wäre auch ein bisschen unfair, wenn Leute jetzt einfach so ernannt werden können. Also tatsächlich war es schon so, dass das Gebiet, überhaupt die Netzhaut in der Neurologie schon so auf Interesse gestoßen ist an der Charite und nicht nur an dem, was ich schon gemacht habe, sondern auch Leute, die sich zum Beispiel mit Erkrankungen der Blutgefäße beschäftigen, haben Interesse an der Netzhaut, was ein ganz wichtiger Schwerpunkt an der Charite ist. Und deswegen wurde diese Juniorprofessur eingerichtet, auch schon damals gezielt mit dem Schwerpunkt digitale Methoden heranzuziehen, denn es war ja auch in Verbindung mit dem Einstein Center digital Future. Und dann habe ich mich natürlich darauf beworben und hatte Glück, dass ich es auch geschafft habe.

00: 17:48Sandra Fleckenstein: Du hast es geschafft, und zwar nicht nur auf der beruflichen Seite, sondern vor allen Dingen schaffst du auch eine ganze Menge auf der Privaten. Ich habe es vorhin schon mal erwähnt, du bist nämlich alleinerziehende Mutter. Wie bekommst du Familie und Beruf unter einen Hut? Und was sind dabei so die größten Herausforderungen?

00: 18:07Hannah Gwendolin Zimmermann: Also Elternsein an sich ist ja schon eine Herausforderung und natürlich ein wahnsinniges Glück gleichzeitig. Natürlich habe ich oft das Gefühl, ich werde jetzt weder meinen Kindern noch dem Job gerecht. Entweder weil das Kind sich darüber beschwert, dass es das Einzige ist, was von ihrer Babysitterin abgeholt wird. Oder weil ich vor lauter in zwei Kitas Rennen morgens erst um 09:30 überhaupt an meinem Schreibtisch ankomme. Aber tatsächlich habe ich in meiner Position eine wahnsinnige Flexibilität eigentlich, die es so möglicherweise gar nicht in vielen Berufen gibt. Also ich arbeite ja vor allem mit Daten. Das heißt, ich kann viel aus dem Homeoffice machen, was mir alleine schon 1 bis 2 Stunden am Tag zusätzlich schenkt. Ich habe jetzt als Naturwissenschaftlerin, anders als die meisten KollegInnen an der Charite keine klinischen Verpflichtungen und deswegen keine bestimmten Zeiten, an denen ich in der Charite zu sein habe. Das heißt, ich kann mir die Termine so hinlegen, dass sie auch nicht mit Terminen kollidieren, mit den Kindern, wenn sie sich nicht vermeiden lassen.

00: 19:26Sandra Fleckenstein: Perfekt. Also da gibt es eine Flexibilität, die dir vom Arbeitgeber zugesichert wurde und wird. Das freut mich natürlich sehr zu hören, aber mit Sicherheit gibt es ja auch Herausforderungen, vielleicht auch gerade im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft. Was würdest du da sagen? Was macht es dir schwer? Oder vielleicht auch, weil Dinge zu benennen, die so ein bisschen im Argen liegen, ist das eine. Wir sind natürlich immer total interessiert, was würde dich entlasten? Vielleicht auch von Gesetzgeberseite, von Arbeitgeberseite, vielleicht auch von gesellschaftlicher Seite? Also ein bisschen in die Lösung mal zu denken. Also was sind so deine Kernherausforderungen und was wären mögliche Lösungsansätze, was sich verändern darf und eigentlich auch muss?

00: 20:18Hannah Gwendolin Zimmermann: Was die Familie angeht, würden denke ich schon sehr viele davon profitieren, wenn es ein etwas besseres System gäbe für die Kinderbetreuung in der Kita. Also natürlich sind wir in Berlin sehr gesegnet, dass wir nichts dafür bezahlen müssen, dass unsere Kinder in die Kitas gehen. Aber es ist tatsächlich ein wahnsinniger Aufwand, sich überhaupt einen Kitaplatz zu besorgen. Man ruft ständig an, steht auf 1000 Wartelisten, jagt denen richtig hinterher. Ich habe es jetzt für mein zweites Kind nicht mal geschafft, einen Kitaplatz in der gleichen Kita wie für mein erstes Kind zu bekommen. Deswegen jage ich jeden Morgen noch in zwei Kitas. Und da war es natürlich wahnsinnig toll, entweder vom System oder eben vom Arbeitgeber Unterstützung zu bekommen. Die Charite ist da schon auf jeden Fall ganz gut aufgestellt, auch mit Betriebskitas. Das hat sich jetzt in meinem Fall nicht angeboten, weil ich nicht in der Klinik bin und auch die relativ weit von meinem Wohnort entfernt waren. Aber grundsätzlich ist da auf jeden Fall noch Luft nach oben. Und es geht auch so ein bisschen auseinander, wie so akzeptiert wird, wenn einem jetzt mal im Homeoffice irgendwie Kinder ins Bild springen oder auch wenn man einen Termin canceln muss aufgrund Verpflichtungen mit Kindern. Ich denke auch da ist viel passiert in den letzten Jahren, aber...

00: 21:51Sandra Fleckenstein: Da geht noch mehr.

00: 21:52Hannah Gwendolin Zimmermann: Ja, ganz genau.

00: 21:56Sandra Fleckenstein: Ja, Hannah, mit einem Blick auf die Zeit muss ich schon wieder feststellen, wir sind schon wieder fast am Ende der Sendung angekommen. Ich würde wahnsinnig gerne gerade zu diesem Thema jetzt mit dir da noch tiefer reingehen und auch überlegen, an welchen Stellschrauben macht es Sinn, da noch wirklich weiter zu drehen? Nichtsdestotrotz ist unsere Zeit leider schon wieder fast vorbei und deshalb möchte ich dir gerne eine allerletzte Frage stellen. Was ist denn dein Lieblingsgetränk? Das ist schön, dass immer so ein Überraschungsmoment.

00: 22:33Hannah Gwendolin Zimmermann: Mein Lieblingsgetränk ist Gin Tonic, aber das hat schon mal jemand gesagt.

00: 22:37Sandra Fleckenstein: Ah, du kennst sie, die Abschlussfrage schon? Das macht nichts. Es ist darf durchaus auch zwei Mal Gin Tonic jetzt in der Abschlussfrage vorkommen. Dann verändern wir es doch einfach. Und dann sitzt du an einem schönen Tag jetzt nicht in deinem Lieblingscafe, sondern sitzt abends, die Kinder sind bei einem guten Babysitter, wo du dir keine Sorgen machen musst. Du hast einen Abend frei, gehst raus, setzt sich in eine total nette Bar, bestellst dir einen Gin Tonic, der wird dir auch gebracht und schön mit, wahrscheinlich auch mit Gurke drin. Oder Zitrone?

00: 23:12Hannah Gwendolin Zimmermann: Gurke, bitte.

00: 23:13Sandra Fleckenstein: Gurke. Okay. Mit Gurke. Und neben dir an der Bar, Überraschung, sitzt dein jüngeres Ich. Was möchtest du der jungen Hannah, die sich gerade zu Beginn ihres Studiums befindet, was möchtest du ihr denn mit auf den Weg geben?

00: 23:27Hannah Gwendolin Zimmermann: Ich möchte Hannah auf den Weg bringen, dass sie sich entspannen soll, weil, egal welche Deadline sie vielleicht mal nicht geschafft hat, es ist nie die Welt untergegangen. Und ich möchte Hannah dazu raten. Auch wenn das total kitschig und abgelutscht klingt, auf ihr Bauchgefühl zu hören, weil es hat sich tatsächlich öfter mal bewährt.

00: 23:50Sandra Fleckenstein: Es gibt einen Grund, warum wir da eine Intuition in uns haben. Ein großes Dankeschön an Professorin Doktorin Hannah Gwendolin Zimmermann für deine wertvolle Forschungsarbeit und deine ehrlichen Einblicke. Genau dafür machen wir ja auch diesen Podcast, um wirklich auch ein realistisches Bild von inspirierenden Frauen an euch weiterzugeben. Und auch, um gemeinsam zu überlegen, an welchen Stellschrauben eben noch gedreht werden darf und auch muss. Ich würde mich riesig freuen, wenn wir uns am nächsten Forscherinnen Freitag wieder hören. Lasst uns zwischendurch auch immer gerne ein Feedback zukommen oder tretet über die sozialen Netzwerke mit uns in Kontakt. Wir freuen uns immer riesig, von euch zu hören. Und jetzt bleibt mir nur noch zu sagen: Danke und tschüss!

00: 24:42Intro/ Outro: Wir hoffen, dass euch die Folge gefallen hat. Auf unserer Plattform Innovative-Frauen.de findet ihr weitere spannende Inhalte. Schaut doch gerne mal vorbei. Habt ihr Fragen oder Wünsche? Dann schreibt uns an Podcast@Innovative-Frauen.de. Ihr findet uns auch bei Instagram, Twitter, YouTube und LinkedIn. Und eine Info zum Schluss für die Transparenz. Die Plattform #InnovativeFrauen wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Rahmen der Förderrichtlinie Frauen in Wissenschaft, Forschung und Innovation Leistungen und Potenziale sichtbar machen, Sichtbarkeit strukturell verankern unter dem Förderkennzeichen 01FP21070 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt liegt beim Kompetenzzentrum Technik Diversity Chancengleichheit e.V..

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